BEST OF Otto Brenner Preis 2007 - Otto Brenner Shop

Begründung der Jury
»Wenn man hier ans Mikrofon tritt, dann gehört es sich, zu sagen, dass man
sich sicher sehr, ja ganz riesig freut, den Preisträger vorstellen zu können.
Aber es stimmt wirklich – und ich sage Ihnen auch warum: Meine sehr verehrten
Damen und Herren, ich unterrichte an den Journalistenschulen in
München und Hamburg Meinungsjournalismus, Leitartikel, Kommentar.
Bei diesen Gelegenheiten sage ich gern und ein wenig hochtrabend: Der
Leitartikel, das Essay, der Meinungsjournalismus – das ist der Diamant des
Journalismus. Ich weiß genau, dass es in der Praxis nicht so ist. In der Praxis
ist der Kommentar der Kaugummi des Journalismus: Durchgekaute Vorurteile,
vorgekaute Bewertungen. Das ganze Elend des deutschen Journalismus kann
man am Kommentar und am Leitartikel in ganz besonderer Weise erleben.
Wenn Sie sich täglich die Pressestimmen, die Kommentarstimmen durchschauen,
schlagen Sie die Hände über dem Kopf zusammen und beginnen zu
schreien darüber, was Sie da an Floskeln, an Dummheiten, an Phrasen lesen
müssen.
Deswegen haben wir, die Jury, diesen Spezial Preis angeregt, die Otto Brenner
Stiftung hat mitgemacht – und jetzt gibt es ihn und seinen ersten Preisträger.
Wir haben gesagt: Wir brauchen einen Journalistenpreis, der den Meinungsjournalismus
stärkt; der den Kommentar wieder zum funkeln bringt; der
den Leitartikel wieder zu dem macht, was er sein kann: der Diamant des
Journalismus. Wir verleihen diesen Preis für Meinungsjournalismus zum
ersten Mal. Ich könnte mir keinen besseren Preisträger vorstellen als Tom
Schimmeck. Er ist derjenige, auf den dieser Preis beinahe zugeschnitten ist.
Wenn man seine Texte liest, denkt man sich: Karl Kraus ist ja eigentlich tot,
Kurt Tucholsky auch. Tom Schimmeck erinnert an sie, an die ganz großen
unseres Metiers, aber Tom Schimmeck ist Tom Schimmek. Er ist er selber. Er
ist Essayist, er ist Kommentator, er ist auch Prophet. Er hat geschrieben, als
noch keiner über die Defizite, Malaisen und Katastrophen im Magazin
„Spiegel“ geschrieben hat, die jetzt in jeder Gazette vorgestellt werden, abgebildet
werden. Er hat geschrieben, als sich das noch keiner getraut hat.
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