BEST OF Otto Brenner Preis 2007 - Otto Brenner Shop
BEST OF Otto Brenner Preis 2007 - Otto Brenner Shop
BEST OF Otto Brenner Preis 2007 - Otto Brenner Shop
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Herr Aust? Er verneint. „Eigentlich ist es ständig ziemlich aufregend.“ Der Hanseat<br />
Aust, unpompös, nüchtern, effizient. Der Mund lächelt schmal, smile on the rocks.<br />
Seit zwölf Jahren blickt er durch diese breiten Fensterfronten gen Südwesten,<br />
auf die Stadt, den Sandtorhafen, auf die Kräne und die Elbe. Jeden Tag justiert<br />
Kapitän Aust den Kurs nach, ordnet die ganze wirre Welt, entscheidet, welche<br />
Stückchen der großen Wirklichkeit „ins Blatt gehievt“ werden, wie man in diesem<br />
Hause sagt. Ja, das findet er „spannend“.<br />
Seemannsgarn? Wer weiß? Man bekommt die Antworten, die man erfragt. Was<br />
treibe ich hier eigentlich? Warum werde ich überhaupt empfangen? Als ich vor<br />
Jahren anfragte, mutmaßte Aust schon am Telefon, ich hätte wohl einen „Schlachtauftrag“.<br />
Kein Termin. Er war auf der Hut. Schließlich hatten sie in den unteren<br />
Stockwerken seines Hauses nicht gerade auf den Tischen getanzt, als er hier<br />
oben einzog. Da hält man besser die Flanken dicht.<br />
Heute ist solche Vorsicht überflüssig. Dem „Kleinen König“, wie sie ihn hier ehrfürchtig<br />
nennen, kann keiner mehr was. Sein Vertrag geht bis Ende 2008, mit<br />
einer Option für weitere zwei Jahre. Die Lage des Spiegel sei „stabil, mit einer<br />
steigenden Tendenz“, sagt er. Nicht ohne darauf zu verweisen, dass der Laden,<br />
als er anfing, „ein bisschen in der Krise“ war – bedroht vom neuen Focus,<br />
diesem bunten Bayern-Spiegel, und vom Internet. Doch 1998 habe der Spiegel<br />
den Stern überholt. Focus wie Stern würden heute verlieren, während der<br />
Spiegel sich „gut behauptet“, spricht Aust. Und verrät auch gleich gern sein<br />
Rezept: „Back to the roots!“ „Wir sind heute viel authentischer, nutzen viel mehr<br />
Originalquellen, gehen sehr viel mehr an Originalschauplätze.“<br />
Sein Selbstbild steht, die Aust-Story ist rund. Jetzt kann jeder kommen, hören,<br />
staunen. Hinter dem Schreibtisch hängt riesig die Auflagenstatistik, viele kleine<br />
Titelbildchen tanzen an einer Kurve auf und ab. Da sieht er gleich, was Top war<br />
und was Flop. Ob die Mischung stimmt, zwischen hart und weich, nah und fern,<br />
Medizin, Religion, Skandal und Sex. „Die Angst, dass die Auflage schlecht läuft,<br />
ist jede Woche da“, erklärt der Chefredakteur. „Aber wir sind im Augenblick auf<br />
sichererem Terrain. Im Augenblick.“ Will sagen: Nur Treibsand da draußen. Doch<br />
seid ohne Furcht. Aust weiß den Weg.<br />
Der Spiegel bleibt ein einzigartiges Medium, das dickste Ding in Deutschland.<br />
75