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BEST OF Otto Brenner Preis 2007 - Otto Brenner Shop

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emsten kritische Recherchen, „da sie<br />

kostspielige Klagen oder unliebsame<br />

politische, sprich unternehmenspolitische<br />

Folgen fürchten.“ Der Autor Marc<br />

Pitzke spitzt noch zu: „Investigativer<br />

Journalismus ist bei uns eine verlernte<br />

Kunst. Intensive Recherche ist nicht<br />

gefragt.“ Mustert man die Veränderung<br />

der Medienlandschaft, kann man dieser<br />

Einschätzung nicht widersprechen.<br />

„Zu viel Recherche macht die schönste<br />

Geschichte kaputt.“<br />

Sicherlich schrumpft der Markt für<br />

soliden Hintergrund-Journalismus und<br />

für meist finanziell aufwendige Recherchen.<br />

Dies liegt jedoch nicht nur an den<br />

„äusseren“ Bedingungen sondern<br />

auch an der „inneren“ Haltung vieler<br />

Journalisten. Das Berufsbild hat sich<br />

im Laufe der Jahre im Windschatten<br />

des volljährigen Privatfunks verändert.<br />

Viele Journalisten sehen sich als Dienstleister<br />

für Service-Informationen, nicht<br />

als Aufklärer von Misständen oder<br />

Mahner gegen Korruption, Machtmissbrauch<br />

und Ämterpatronage. Die aufgemotzte<br />

Agenturmeldung ist schneller<br />

erledigt, als der aufwendige Hintergrundbericht.<br />

Der Broadway-Kolumnist<br />

Walter Winchell hat diese Haltung zynisch<br />

so beschrieben: „Zu viel Recher-<br />

29<br />

che macht die schönste Geschichte<br />

kaputt.“<br />

All diese Faktoren beeinflussen, beeinträchtigen<br />

und behindern den sogenannten<br />

„investigativen Journalismus“,<br />

der in Deutschland immer noch eine<br />

Ausnahmegattung ist.<br />

Es gibt aber keinen Grund, sich von dieser<br />

nüchternen Bilanz entmutigen zu<br />

lassen. Vielmehr sollte man den Blick<br />

auf soliden und seriösen Recherche-<br />

Journalismus richten. Wenn es gelänge,<br />

bei allen journalistischen Produkten<br />

die Quellenvielfalt zu erhöhen, wenn<br />

es gelänge gesteuerte PR-Informationen<br />

zu filtern und zu hinterfragen und<br />

wenn es gelänge, die richtigen Fragen<br />

an die richtigen Leute zu richten –<br />

dann würden die Fundamente eines<br />

verantwortlichen Journalismus erneuert<br />

werden.<br />

Und dies wäre dann vielleicht das solide<br />

und stabile Fundament, auf dem sich<br />

dann m e h r „investigativer Journalismus“<br />

entwickeln könnte. Ein investigativer<br />

Journalismus, der diesen anspruchsvollen<br />

Namen auch wirklich<br />

verdient.<br />

Dr. Thomas Leif, 1. Vorsitzender von<br />

netzwerk recherche e. V.

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