BEST OF Otto Brenner Preis 2007 - Otto Brenner Shop
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Wir sind alle Praktikanten<br />
Recherchestipendium 2006<br />
Die Generation Praktikum ist nicht das Risiko einer kleinen randständigen<br />
Gruppe prekärer Akademiker. Sie ist Vorbote einer Globalisierung, die auch<br />
das ganze westliche Lebens- und Erwerbsmodell auf den Kopf stellen wird:<br />
Beruf, Geld und Liebe.<br />
Svenja rollt mit den Augen, „das Thema nervt! Sie kann die Frage nicht mehr<br />
hören. Die Frage nach ihrer Arbeit, ihrer Finanzierung, ihrem Lebensgefühl. Zu viel<br />
ist schon geschrieben worden. Die 32-jährige Berlinerin verkörpert als selbständige<br />
Texterin, Fotografin und Designerin die Generation Praktikum – aber sie will<br />
nicht mehr dazu gehören. Sie kann sich über Wasser halten und das bedeutet in<br />
ihrer Branche Erfolg. Kreative sind Patchwork-Biografien gewöhnt. Darüber<br />
reden: Nein. Die Generation Praktikum ist von sich selbst genervt.<br />
Das mag so sein. Aber deswegen ist das Phänomen nicht verschwunden. Der<br />
Soziologe Hand-Peter Blossfeld warnt davor, das Problem Praktikum zu bagatellisieren.<br />
Seine These geht genau in die andere Richtung: Die Risiken der Generation<br />
Praktikum sind keine Randerscheinung, sondern ein Phänomen, das die<br />
Gesellschaft als Ganzes betrifft. Der Bamberger Professor hat sich die Lebensverläufe<br />
des akademischen Prekariats in ganz Europa angesehen. Er sagt: Es geht<br />
um die Arbeits- und Lebensbedingungen im Zeitalter der Globalisierung.<br />
Betroffen sind nicht mehr nur die Arbeitsverhältnisse der Praktikanten. Auch<br />
befristete Verträge, Teilzeit, Werk- und Honorarverträge, schlecht bezahlte<br />
Volontariate und Traineestellen, selbständige Existenzgründungen und Gelegenheitsjobs<br />
gehören zu den Bedingungen der Globalisierungskinder. „Standen in<br />
den 70er-Jahren noch Wertefragen wie Wohlstand und Selbstverwirklichung im<br />
Vordergrund, so ist der Schlüssel heute Unsicherheit.“ Die Übergangsphase<br />
dauere in der Regel drei bis fünf Jahre, „danach finden die meisten ihren Platz“.<br />
Verpasst man den Anschluss, besteht die Gefahr, den Weg in die Leistungsgesellschaft<br />
nicht mehr zu finden.<br />
Längst hat das Globalisierungsrisiko auch etablierte Berufe erfasst. Bei den<br />
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