BEST OF Otto Brenner Preis 2007 - Otto Brenner Shop

Zitat aus dem Exposé:
Unkontrollierte Macht? Wie die Monopolstellung einer lokalen Tageszeitung
die politische Landschaft verändert – und wie sich Widerstand formiert.
„Als im August 2007 der Altverleger der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen
(HNA), Rainer Dierichs, im Alter von 68 Jahren einer Krankheit erlag,
schalteten dutzende Kasseler Bürger aus dem Kulturleben und der politischen
Öffentlichkeit eine gemeinsame Todesanzeige: ,Wir trauern um einen großen
Freund und Förderer des kulturellen und sozialen Lebens in Kassel.’ Auch der
Betriebsrat kondolierte und betonte den zeitlebens fairen Umgang des Verlegers
mit der Belegschaft. Dierichs hatte sich bei vielen einen Namen gemacht – und
hielt die HNA bis zu ihrem Verkauf an ihren neuen Verleger Dirk Ippen auf
ausgewogenem Kurs.
Fraglich, ob Ippen, der die Tageszeitung im Jahr 2002 übernahm und seitdem
einen eisigen Sparkurs fährt, ähnliche Sympathien entgegenschlagen, wie sie
Dierichs stets genoss. Das liegt nicht nur an der von ihm forcierten inhaltlichen
Ausdünnung der HNA – bunte Bilder von Volksfesten wurden immer wichtiger,
während soziale Fragen lange ignoriert wurden und die politische Berichterstattung
hauptsächlich im Skandalisieren der Verfehlungen Einzelner besteht.
Das Misstrauen, dass Ippen und der HNA-Redaktion in Diskussionen entgegenschlägt
hängt auch mit der Medienmacht zusammen, die sein Verlag in der Hand
hält. [...]
Es gilt als unmöglich, sich mit der HNA anzulegen. Kein Wunder, ist in der
unmittelbaren Göttinger Nachbarschaft doch gerade ein Versuch gescheitert,
das Zeitungs-Monopol zumindest in der als alternativ geltenden Studentenstadt
zu durchbrechen. [...]
Wie weit reicht die Macht einer lokalen Monopol-Tageszeitung? Welche Strategien
entwickeln mit der Berichterstattung unzufriedene Akteure angesichts dieser
Macht? Welche Formen der Infragestellung und der Gegeninformation werden
angewendet und wie wirksam sind sie? Warum scheitern trotz offensichtlicher
Unzufriedenheit alternative Projekte scheinbar von vorne herein?“
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