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Mitteilungen DMG 01 / 2008 - Deutsche Meteorologische ...

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Nachruf für Dr. Erich Süssenberger<br />

Wolfgang Kusch<br />

Offenbach<br />

Die wechselvollen Schwankungen beim Wetter und in<br />

der Weltpolitik hat Dr. Erich Süssenberger bis zuletzt<br />

mit Interesse verfolgt. Am 1. Dezember 2007 starb der<br />

frühere Präsident des <strong>Deutsche</strong>n Wetterdienstes im Alter<br />

von 96 Jahren.<br />

Erich Süssenbergers Lebensweg war schon früh mit<br />

der Meteorologie und mit Offenbach verbunden. Zum<br />

ersten Mal gefunkt hatte es bei einem Schulausflug ins<br />

Taunusobservatorium auf dem Kleinen Feldberg. Als<br />

Erich Süssenberger 17 Jahre alt war, zog seine Mutter<br />

mit ihm von Mainz nach Offenbach. Nach dem Abitur<br />

fuhr er jeden Tag von hier aus zum Studium nach<br />

Frankfurt, bis er 1935 als Doktor der Meteorologie<br />

Mitarbeiter des Marine-Observatoriums in Wilhelmshaven<br />

wurde und später nach Hamburg zog.<br />

Eine für seinen weiteren Lebensweg schicksalhafte<br />

Begegnung machte Erich Süssenberger während des<br />

Krieges in Norwegen. Dort lernte er den Luftwaffen-<br />

Meteorologen Georg Bell kennen. Als der <strong>Deutsche</strong><br />

Wetterdienst 1952 unter dem Dach des Bundesverkehrsministeriums<br />

entstand, gehörte Bell zu den Pionieren<br />

dieses Aufbaus. Er holte den Kollegen Süssenberger,<br />

der inzwischen beim Wetterdienst der britischen Zone<br />

in Hamburg für die Beratung der Berliner Luftbrücke<br />

tätig war, als seinen Mitarbeiter nach Bonn. Gemeinsam<br />

betrieben Bell und Süssenberger die Ansiedlung<br />

des Wetterdienstes in Offenbach.<br />

1955 dann stiegen Georg Bell zum Präsidenten der nationalen<br />

Behörde und Erich Süssenberger zu seinem<br />

Nachfolger im Ministerium auf – der einzige Naturwissenschaftler<br />

unter vielen Juristen.<br />

Als Bell elf Jahre später – im Jahr 1966 - in Ruhestand<br />

ging, folgte ihm Erich Süssenberger auf den Präsidentenstuhl<br />

für ebenfalls elf Jahre. Ihm wurde zuteil,<br />

was Beamten selten vergönnt ist: Die Bundesregierung<br />

verlängerte seine Dienstzeit um ein Jahr über die Altersgrenze<br />

hinaus. So konnte Süssenberger noch für<br />

seinen Nachfolger den Weg in internationale Gremien<br />

bahnen.<br />

Knapp ein halbes Jahrhundert lang war Erich Süssenberger<br />

mit der Meteorologie und dem <strong>Deutsche</strong>n<br />

Wetterdienst eng verbunden. Das begann mit dem Studium<br />

der Meteorologie in den 1930er Jahren, reichte<br />

über den Eintritt in den Wetterdienst am damaligen<br />

Frankfurter Flughafen Rebstock als Praktikant im Jahr<br />

1935 bis hin zum Ende seiner Dienstzeit als Präsident<br />

des DWD im Februar 1977. In dieser Zeitspanne hatte<br />

sich das Berufsbild der Mitarbeiter des Wetterdienstes<br />

grundlegend gewandelt. Wer ahnte um 1930, dass die<br />

Atmosphäre heute aus dem Weltall ständig beobachtet<br />

und vermessen wird, wer hatte die Vorstellung, dass<br />

Vorgänge in der Atmosphäre nun präzise und schnell<br />

wir<br />

rechnerisch simuliert werden? Dr. Süssenberger erahnte<br />

frühzeitig die Möglichkeiten und ebnete dem <strong>Deutsche</strong>n<br />

Wetterdienst den Weg zum Einsatz moderner<br />

Technik.<br />

Überseeische Verbindungen nach Washington,<br />

Sammelverbindung nach Nairobi, Israel und China,<br />

internationaler Austausch junger Meteorologen,<br />

weltweite Wetterforschung, die Entwicklung des Satellitenprogramms<br />

mit dem „Blick hinter die Wolken“,<br />

die vollautomatische Großrechenanlage in Offenbach,<br />

Messstellen im Dienste des Umweltschutzes, Nachrichtenaustausch<br />

der „Welt-Wetter-Wacht“ – das sind<br />

Stichworte, ja Meilensteine aus der vier Jahrzehnte<br />

währenden Dienstzeit von Erich Süssenberger.<br />

Einen Großteil seiner Arbeitskraft verwandte der<br />

dritte Präsident des <strong>Deutsche</strong>n Wetterdienstes dabei<br />

auf die internationale Zusammenarbeit und Vernetzung<br />

der nationalen Wetterdienste. Über zwei Jahrzehnte<br />

hinweg wirkte er in den obersten Gremien der Weltorganisation<br />

für Meteorologie bei fast allen wesentlichen<br />

Entscheidungen mit. Er half, Vorurteile abzubauen und<br />

ein gutes Arbeitsklima mit den anderen Delegationen<br />

herzustellen. Verbindungen zu ausländischen Kollegen<br />

waren für ihn nicht lediglich eine Routinesache,<br />

sondern erwuchsen aus starkem persönlichen Engagement.<br />

Die internationale Wertschätzung seiner Person<br />

übertrug sich nachhaltig auch auf „seinen <strong>Deutsche</strong>n<br />

Wetterdienst“<br />

Unvergessen bleibt auch sein historischer Beitrag<br />

als eine treibende, visionäre Kraft zur Verwirklichung<br />

des „Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage<br />

EZMW“, dessen erster Ratsvorsitzender er<br />

1973 wurde. Damit verhalf er der europäischen Idee im<br />

Bereich der Wetterdienste zum Durchbruch. „Das war<br />

das Größte, was wir auf die Beine gebracht haben“,<br />

sagte er noch Jahre später. Unterlegen war er lediglich<br />

bei seinem Bemühen, das Zentrum nach Deutschland<br />

zu holen. Die Stadt Reading nahe London bekam den<br />

Zuschlag.<br />

<strong>Mitteilungen</strong> <strong>01</strong>/<strong>2008</strong><br />

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