SBB - Sächsischer Bergsteigerbund
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Aus dem Antiquariat<br />
Das Wandern ist des Pfarrers Lust ...<br />
Die Erlebnisse der zahlreichen Wanderfahrten des Pfarrers Carl Heinrich Nicolai<br />
(1739–1823) aus Lohmen wurden in seiner kleinen Schrift „Wegweiser durch die Sächsische<br />
Schweiz“ (1801) mit Abbildungen nach Adrian Zingg festgehalten. Dies war die<br />
zweite Veröffentlichung (nach Götzingers Werk „Geschichte und Beschreibung des<br />
Kursächsischen Amtes Hohnstein mit Lohmen“ von 1786), die den „Fremden“ Wege in<br />
unser Felsengebirge wiesen. Bescheiden, wie Nicolai auf den überlieferten Porträts<br />
ausschaut, nennt er seinen Band das „Werkchen“ oder das „Schriftchen“ – wohl auch zu<br />
Recht, da er auf umfangreiche naturkundliche Darstellungen fast völlig verzichtete, obwohl<br />
er das Wissen dazu gehabt hätte.<br />
Wie es damals üblich war, begannen die langen Fußtouren in die Sächsische Schweiz in<br />
Pillnitz oder Graupa, ehe man in Lohmen, dem „Pförtner der Sächsischen Schweiz“, im<br />
Pfarr- oder Wirtshaus Station machte. Ausführlich wird mit Dauba, Mühlsdorf, den dortigen<br />
Brüchen, der Wesenitz, mit den damaligen Mühlen und natürlich Lohmen mit Kirche<br />
und Schloss ein Umfeld beschrieben, an dem wir heute auf dem schnellen Weg in die<br />
Sächsische Schweiz oft vorbeifahren. Der Leser folgt seinen Reisevorschlägen nach<br />
Wehlen, Rathen und zur Bastei. Bei den Gansfelsen wundert der Autor sich über die<br />
Namensgebung, wohl „weil es ein Felsen ist, der von oben bis unten ganz zusammenhängt“.<br />
Passiert werden Hohnstein (gepriesen wird die Burg, aber „das Städtchen ist<br />
klein und unansehnlich“, der Brand („den Namen soll die Felsspitze daher haben, dass<br />
man verschiedene Male die Heide auf derselben brennend gefunden hat“). Nicolai erfreut<br />
sich weiter an Schandau, preist Kirnitzschtal, den Kuhstall und den Ausblick vom Großen<br />
Winterberg in alle Himmelsrichtungen (der war damals wohl noch möglich!).<br />
Als gebürtiger Berliner und als ehemaliger langjähriger Lehrer am Freimaurerinstitut in<br />
Dresden-Friedrichstadt konnte sich Nicolai auf seinen Erkundungen den schweizerischen<br />
Eidgenossen anschließen, „die hier hergekommen sind“ und glauben, „dass sie sich hier<br />
in ihr Vaterland versetzt fühlen“. Auf seinen Ausflugstouren wurde er zunehmend von<br />
Besuchern begleitet, die ihn wohl ermutigten, diesen kleinen „Wegweiser“ zu verfassen,<br />
der bis 1825 in fünf Auflagen erschien und Nicolai zusammen<br />
mit W. L. Götzinger zu einem der wichtigsten touristischen Erschließer<br />
der Sächsischen Schweiz machte.<br />
Doch damit nicht genug: Er nutzte seine theologischen und naturwissenschaftlichen<br />
Kenntnisse und veröffentlichte einen Wegweiser<br />
durch den Sternenhimmel, Schriften über das Kalenderwesen,<br />
über Seidenraupen und Hunde. Seine Kleinschrift über<br />
Blitzableiter führte dazu, dass in Lohmen diese nach und nach<br />
auf den Dächern installiert wurden. Auf der Grundlage seiner<br />
handschriftlichen autobiografischen Notizen erschien 1865 eine<br />
Biografie über ihn mit dem Titel „Der räthselhafte Mann“.<br />
Das kann man dann wohl leibhaftig sagen, denn Seelsorger war<br />
er schließlich auch noch!<br />
Carl Heinrich Nicolai: Wegweiser durch die Sächsische Schweiz. Hellerau-Verlag,<br />
Dresden 1991, ISBN 3-910184-02-2 (Nachdruck der 1. Auflage des Buches von 1801)<br />
Alle nicht gezeichneten Rezensionen: Hans-Rainer Arnold<br />
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