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SBB - Sächsischer Bergsteigerbund

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Nun erwartet uns das wahrscheinlich anspruchsvollste<br />

Teilstück des Klettersteiges –<br />

der Überhang. Lonka ist schon vorgegangen,<br />

um anderen Kletterern am Überhang zu helfen.<br />

Dort angekommen, müssen wir erst den<br />

Abstieg anderer Klettersteiggänger aus der<br />

Gegenrichtung abwarten. Lonka sichert von<br />

oben am Überhang mit einem zusätzlichen<br />

Seil. Trotz der eingelassenen Tritteisen im<br />

Felsen habe ich leichte Zweifel, ob ich es<br />

überhaupt schaffe. Obwohl ich aufgrund<br />

meiner eingeschränkten Beinbeweglichkeit<br />

nicht hoch antreten kann, finde ich erstaunlicherweise<br />

einen guten Einstieg, und ich habe<br />

die Möglichkeit, mich mit beiden Armen am<br />

Stahlseil schnell nach oben zu ziehen. Wie<br />

so oft am heutigen Tag, ist es nicht das „Bergsteigen“,<br />

sondern zum großen Teil meine<br />

Armkraft, die mich vorwärts bringt und bisher<br />

meine Beinmuskulatur relativ verschont hat.<br />

Ich stehe auf den Trittstufen, und mein Kopf<br />

schaut über die oberste Felskante, wo gleich<br />

die Füße stehen sollen. Jetzt wird es richtig<br />

schwierig. Die Füße muss ich höher an die<br />

Wand bekommen, und mangels geeigneter<br />

Griffmöglichkeiten entscheide ich erneut,<br />

mich am Stahlseil hochzuziehen. Langsam<br />

beginne ich an den Fingern zu merken, dass<br />

am Klettersteig auch Handschuhe sinnvoll<br />

sein könnten. Ich nehme all meine Kräfte<br />

zusammen, und beim dritten oder vierten Versuch<br />

schaffe ich es endlich. Nachdem mir<br />

Frank, Jan und Kristine gefolgt sind, geht es<br />

am Gipfelbuch vorbei zwischen zwei Felsblöcken<br />

zur nächsten Anhöhe.<br />

Von hier aus führt der Klettersteig wieder<br />

abwärts bis unterhalb des Berggasthofes<br />

Nonnenfelsen. Noch einmal sind Konzentration<br />

und Umsicht gefragt. Zwei nette Bergkameradinnen,<br />

die unsere Gruppe eingeholt<br />

haben, begleiten mich auf dem letzten Abschnitt<br />

des Klettersteigs. Die Abstände zwischen<br />

den vorhandenen Trittkanten sind für<br />

mich teilweise groß, auch wenn sie von meiner<br />

Begleitung als „sicher wie auf dem Altmarkt<br />

oder der Prager Straße“ angepriesen<br />

werden. Wo sind nur die Sprossen, welche<br />

42<br />

Klettern für Menschen mit Behinderung<br />

am Anfang des Klettersteiges so großzügig<br />

angebracht waren? Das allerletzte Stück allein<br />

an einer Baumwurzel entlanghangelnd,<br />

erreiche ich glücklich wieder ebenen Boden,<br />

wo mich Frank und Heinz bereits erwarten.<br />

Nach und nach treffen alle Mitglieder unserer<br />

Klettergruppe ein. Es ist schon 16 Uhr.<br />

Das Kaffeetrinken im Berggasthof haben wir<br />

uns alle redlich verdient.<br />

Nach der Einkehr nehmen wir die Umgebung<br />

vom Aussichtspunkt auf dem Nonnenfelsen<br />

in Augenschein. Eine Fahne unserer schönen<br />

Heimat in den Farben grün und weiß flattert<br />

friedlich im Wind, während wir unseren<br />

Blick im Dreiländereck in die Ferne schweifen<br />

lassen. Anschließend machen wir uns auf<br />

den Rückweg zur Jonsdorfer Hütte. Im Wassertretbecken<br />

in der Nähe vom Gondelteich<br />

erfrischen sich Brit, Claudia, Anna und Heinz<br />

gemeinsam mit mir die Füße. Frank und<br />

Heinz verabschieden sich dann von der<br />

Gruppe, und nach unserer Rückkehr wird der<br />

Hüttengrill in Betrieb genommen. Der Abend<br />

klingt in gemütlicher Runde am Feuer aus.<br />

Am Kletterturm möchte an diesem Abend niemand<br />

klettern, denn der Klettersteig hat viel<br />

Kraft gekostet, und am kommenden Tag werden<br />

wir wieder früh aufstehen.<br />

Nach einem ausgiebigen Frühstück packen<br />

wir am nächsten Morgen alles ein und machen<br />

uns auf den Weg zum Schalkstein, um<br />

dort beim Klettern den am gestrigen Tag erworbenen<br />

Muskelkater zu vertreiben. Mir tun<br />

die Schultern und Arme so weh, dass ich<br />

noch nicht weiß, ob ich heute überhaupt noch<br />

klettern kann oder will. Am Schalkstein treffen<br />

wir auf Claudias Familie, die mit uns zusammen<br />

den Tag verbringt.<br />

Es wird beschlossen, den Schalkstein über<br />

den Alten Weg (II) zu erklimmen. Lonka steigt<br />

vor, und Mike folgt ihr. Dann darf ich mich als<br />

erster Teilnehmer ins Seil einbinden. Auf dem<br />

Weg nach oben sind viele Griffe vorhanden,<br />

doch schnell sagen mir meine Schultern und<br />

Arme, dass dieser Weg am heutigen Tag<br />

mein einziger sein wird, sofern ich denn<br />

überhaupt am Gipfel ankommen werde. Das

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