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SBB - Sächsischer Bergsteigerbund

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Vor einigen Jahren kommentierte die Kommission<br />

Ethik und Regeln (KER) an dieser<br />

Stelle einige unserer Kletterregeln in einer<br />

losen Folge. Nachdem in der jüngeren Vergangenheit<br />

die Prioritäten anders gesetzt<br />

waren, sollen die Regelkommentare nun<br />

wieder aufgenommen werden.<br />

Heute soll die Benutzung von Bäumen im<br />

Mittelpunkt stehen. Der Anlass ist ein Weg<br />

am Heringstein – Einbaum (IXc). Bisher war<br />

dieser Weg zum ersten Ring mit Hilfe eines<br />

Baumes geklettert worden. Nun ist dieser<br />

Baum aber nicht mehr da und der Weg zum<br />

Ring weit (und schwierig).<br />

Da unterstellt werden muss, dass die Passage<br />

zum ersten Ring noch nie streng regelkonform<br />

geklettert wurde, beschloss die KER,<br />

diese Strecke „erneut“ erstbegehen zu lassen,<br />

wobei das Augenmerk auf einem weiteren<br />

Ring lag, der von unten kommend angebracht<br />

werden sollte. Die Erstbegeher des<br />

„Einbaums“ haben das inzwischen vollzogen<br />

und nennen ihren Weg nun naheliegend<br />

„Kein Baum“.<br />

Wir möchten die Gelegenheit nutzen, die<br />

Benutzung von Bäumen in und an Kletterwegen<br />

zu diskutieren. Unsere Regeln sagen<br />

dazu unter der Überschrift 2.2 Sicherungsund<br />

Hilfsmittel lapidar: „Das Benutzen von<br />

Leitern, Bäumen, herbeigeschafften Blöcken,<br />

Baumstämmen u. ä. ... ist verboten.“<br />

Jeder kennt aber Kletterstellen, wo die Nichtbenutzung<br />

von Bäumen praktisch unmöglich<br />

ist. Der „Holzweg“ an der Langen Wand ist<br />

nur ein besonders prägnantes Beispiel. Sollte<br />

das unsportlich sein? Natürlich nicht. Genau<br />

das soll hier diskutiert werden.<br />

Was ist nun mit dem Verbot gemeint? Zunächst<br />

alle herbeigeschafften Dinge. Dazu<br />

gehören auch lange Stöcke zum Einhängen<br />

des ersten Rings. (Das gilt auch dann, wenn<br />

die Erosion Einstiege verändert hat. Hier<br />

handelt es sich um einen natürlichen Prozess,<br />

der akzeptiert werden muss. In schlimmen<br />

Fällen kann ein nachträglicher Ring die<br />

Situation entschärfen.) Des Weiteren darf<br />

nicht an Bäumen hochgeklettert werden, die<br />

22<br />

Aus dem Bereich Bergsteigen<br />

Kletterregeln in der Diskussion – Benutzung von Bäumen<br />

am Wandfuß stehen. Das gilt natürlich auch<br />

für Bäume, die auf Absätzen stehen. Bereits<br />

ein Anspreizen ist in diesem Zusammenhang<br />

eine Benutzung. Der Grund ist klar – das<br />

Sächsische Klettern findet nicht an Bäumen,<br />

sondern am Fels statt.<br />

Wird ein solcher Baum zum Sichern genutzt,<br />

was nicht verboten ist, so ist darauf zu achten,<br />

dass keine Sicherung von oben entsteht.<br />

Also nicht erst den Baum hochklettern und<br />

oben eine Schlinge legen, sondern beim Klettern,<br />

wenn das geht, am Baum Schlingen<br />

legen. Schwebesicherungen sind separat zu<br />

betrachten und im Gipfelbuch einzutragen.<br />

Ausdrücklich nicht gilt das Verbot für Bäume<br />

(und andere Pflanzen), die im Kletterweg<br />

wachsen. Es gibt ja auch Bäume, die hinderlich<br />

sind, und in vielen Fällen ist gar nicht<br />

klar zu beantworten, ob die Behinderung<br />

überwiegt oder der Vorteil. Es kommt schon<br />

vor, dass der einzige Ausstiegsgriff aus Heidekraut<br />

besteht – warum auch nicht? Das ist<br />

schließlich nicht unsportlich im Sinne unserer<br />

Regeln, höchstens ärgerlich (oder erfreulich,<br />

je nach dem). Und warum soll man das<br />

nicht auf hölzerne Gewächse ausdehnen?<br />

Wege wie die „NW-Wand“ an der Sommerwand<br />

oder der „Schöneweg“ am Bloßstock<br />

veränderten ihren Charakter, wenn die betreffenden<br />

Birken mal verschwinden sollten.<br />

Konstruieren wir mal. Jemand sägt eine kräftige,<br />

mitten in der Wand gewachsene Birke<br />

so ab, dass ein Stumpf entsteht, auf dem man<br />

stehen kann. Das wäre natürlich ein unerlaubtes<br />

Hilfsmittel, denn das käme einem<br />

künstlich angebrachten Griff gleich.<br />

Das letzte Beispiel soll zeigen, dass nichts<br />

absolut ist. Vielmehr muss jede Situation mit<br />

Augenmaß betrachtet werden. Gerade bei<br />

der Frage, ob ein Baum unten steht oder in<br />

der Wand, sind Grenzfälle nicht nur denkbar,<br />

sondern wahrscheinlich. Dabei ist die Frage<br />

hilfreich, ob sich jemand einen unsportlichen<br />

Vorteil verschafft oder nicht. Kann man die<br />

Frage ruhigen Gewissens verneinen, so ist<br />

im Normalfall alles in Ordnung.<br />

Ludwig Trojok, Leiter der KER

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