SBB - Sächsischer Bergsteigerbund
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Nachruf<br />
Irmgard Uhlig (29.10.1910 – 17.08.2011)<br />
Bergmalerin, Ehrenmitglied des Sächsischen <strong>Bergsteigerbund</strong>es<br />
Jeder, der unseren Bund verlassen hat, fehlt uns. Eine kleine, quirlige, bescheidene<br />
und gleichzeitig energische Frau aber besonders. Sie ist uns, mir jedenfalls,<br />
eine wirkliche Lebenshilfe gewesen.<br />
Viele von uns kannten sie gut, da sie unser Bergsteiger- und Vereinsleben durch ihr<br />
Alter schon länger begleitet hat als die meisten unserer Freunde. Sie war kein einfacher<br />
Typ, sie war schon in mehrfacher Weise „besonders“!<br />
Freundin war sie mir, Jugendfreundin schon. Mein Klubvorstand Fritz Petzold hatte<br />
sie weitsichtig in die Tätigkeit der Empor Löbtau-Arbeitsgruppen einbezogen.<br />
Ihre damaligen Altersgenossen waren mir Vorbilder. Franzl Goldberger schenkte<br />
mir seinen eigenen, meinen ersten Eispickel, mit dem ich auf den Montblanc stieg.<br />
Als Irmgard hundert wurde, sagte sie, verschämt wie ein Mädchen: „Der wollte mich<br />
doch heiraten“. Sie schenkte mir, wie selten männlichen Zeitgenossen, ihr Vertrauen.<br />
Ein viele Jahre lang erwünschtes Bild aus ihrer seltenen Serie vom Großen<br />
Winterberg-Turm, 1955 gemalt, hängt schon 15 Jahre in meinem Zimmer, nachdem<br />
sie immer wieder gesagt hatte: „Das kriegt keiner, das kommt mal ins Museum“. Ich<br />
habe oft meine Gedanken ganz nah in den Heimatbergen – und bei der Schöpferin<br />
–, wenn ich dieses Cockpit-Bild mit dem zentralen Rauschenstein ausführlich betrachte.<br />
Als Künstlerin – wie wohl alle Künstler – wollte Irmgard Uhlig, dass ihre Bilder von<br />
vielen betrachtet werden. Aber man kann sie gar nicht alle betrachten, es sind viel<br />
zu viele. Ihr „Rasender Pinsel“ fuhr über Tausende von Blättern aus vielen Gegenden<br />
der Welt, wo Berge stehen. Besonders für uns wesentlich, aquarellierte sie<br />
unzählige Blicke auf die Elbsandstein-Welt, mit denen sich die Liebhaber dieser<br />
einmaligen Natur stark identifizieren können, weil sie mehr zum Inhalt haben, als<br />
Form und Farbe. Das ist nicht die große Kunst, vor der ich über die Welt und das<br />
Leben zu Gedanken komme. Es ist die innere Verbindung zur Berglandschaft in<br />
Sachsen, Böhmen oder den Alpen, die uns in Stimmung bringen kann; weniger<br />
dramatisch, mehr ein freudiges Erkennen. Sie öffnet mein Herz auch, weil sie aus<br />
den gleichen Wurzeln ihre Schaffenskraft zieht, wie ich sie selber in die Heimaterde<br />
senke. Das hat etwas mit „Zuhause-sein“ zu tun, aber auch mit Bergsteigen, Wandern<br />
und Klettern.<br />
Bergsteigerin war sie. Ihren Mal-Rucksack trug sie stets selbst auf ungezählte<br />
Berge und Gipfel, meist allein. Zuerst als Skilehrerin – sie kam ja vom Fichtelberg –,<br />
dann in die Alpen und alle ihr erreichbaren Gebirge. Lehrerin war sie uns für Bergsteigen<br />
und Kunst. Dazu noch für Heimatkunde, denn sie kannte sich bis ans<br />
Lebensende hervorragend in den geheimsten Ecken der Umgebung und ihrer<br />
Geschichte aus.<br />
Mitmensch im nahen Sinne war sie nur wenigen. Ihr Charakter ließ nicht viele an<br />
sich heran.