casanostra Nr. 102 herunterladen als pdf - hausverein.ch
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<strong>casanostra</strong>_<strong>102</strong>/2010<br />
Engadiner Haus –<br />
einfa<strong>ch</strong> anders<br />
In Samedan ist Bauland sündhaft teuer. Der einheimis<strong>ch</strong>e Ar<strong>ch</strong>itekt<br />
Patrick Blarer hat das Beste aus einer kleinen Parzelle gema<strong>ch</strong>t und einen<br />
4-stöckigen Holzbau darauf gestellt.<br />
HoLZELEMENTHAUS IN SAMEDAN<br />
g der s<strong>ch</strong>lanke<br />
Wohnturm mit<br />
sägeroher<br />
lär<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>alung<br />
verleiht dem<br />
südli<strong>ch</strong>en dorfrand<br />
ein keckes<br />
und zeitgemäs-<br />
ses Gepräge.<br />
ff die Wohnkü<strong>ch</strong>e<br />
ist das Herz des<br />
Hauses; sie wirkt<br />
überras<strong>ch</strong>end<br />
gross, hell und<br />
ist ganz in Fi<strong>ch</strong>te.<br />
Vor dem Fenster<br />
ist die terrasse<br />
si<strong>ch</strong>tbar.<br />
dd die gemütli<strong>ch</strong>e<br />
Stube; für Wärme<br />
sorgt eine Mini-<br />
Ölheizung, wenn<br />
nötig hilft der<br />
S<strong>ch</strong>wedenofen<br />
na<strong>ch</strong>.<br />
f die Ers<strong>ch</strong>liessung<br />
der oberen drei<br />
Stockwerke erfolgt<br />
über das offene<br />
«treppenhaus» an<br />
der Südseite des<br />
Gebäudes.<br />
__Wer im Bahnhof Samedan ankommt, wird überras<strong>ch</strong>t<br />
vom Anblick eines s<strong>ch</strong>lanken, mehrges<strong>ch</strong>os-<br />
sigen Wohnturmes. Er liegt auf der Nordseite des<br />
Bahnhofs und bildet einen kühnen Kontrast zur konventionellen<br />
Ar<strong>ch</strong>itektur der Umgebung. Ein Bru<strong>ch</strong><br />
mit der Baukultur des Ortes ist der Holzwürfel aber<br />
ni<strong>ch</strong>t. Es handelt si<strong>ch</strong> ledigli<strong>ch</strong> um einen Ersatzbau.<br />
Vorgängig stand an der glei<strong>ch</strong>en Stelle ein baufälliges<br />
Holzhaus aus dem Jahr 1905, das ursprüngli<strong>ch</strong><br />
zum Bauernhof an der glei<strong>ch</strong>en Via Mulin gehörte.<br />
Die winzige Parzelle von 219 Quadratmetern war<br />
vielen Bauinteressenten zu klein – sonst wäre sie<br />
s<strong>ch</strong>on längst überbaut. Wegen der Pfli<strong>ch</strong>tabstände<br />
war sie nämli<strong>ch</strong> nur auf einer Flä<strong>ch</strong>e von 5 mal 12<br />
Meter bebaubar – und was sollte man hier s<strong>ch</strong>on<br />
hinbauen können, das rentieren könnte? Dies war<br />
die Stunde der Familie Blarer. Denn der Boden in<br />
Samedan, wie überhaupt im Engadin, ist für Einheimis<strong>ch</strong>e<br />
kaum mehr zahlbar: Der Quadratmeter Land<br />
kostet hier 1300 Franken; selbst ein einfa<strong>ch</strong>er Bau<br />
wie jener von Blarers kostet so ras<strong>ch</strong> einmal eine<br />
Million Franken. Samedan weist rund einen Drittel<br />
Zweitwohnungsanteil aus.<br />
Komfortlüftung, aber keine Dampfbremse<br />
Die zündende Idee zum Holzhaus kam Patrick Blarer,<br />
Ges<strong>ch</strong>äftsleiter eines Ar<strong>ch</strong>itekturbüros in Samedan,<br />
erst im zweiten Anlauf. Zunä<strong>ch</strong>st war ein Massivhaus<br />
geplant gewesen; der Grundriss hätte allerdings<br />
wegen der beiden Umgebungsstrassen die Form eines<br />
verzogenen Vierecks erhalten. «Der Ents<strong>ch</strong>eid, den<br />
Bau in Holz auszuführen, zwang zur Vereinfa<strong>ch</strong>ung<br />
der Hausform», erklärt Blarer. Der Bau auf s<strong>ch</strong>maler<br />
Grundflä<strong>ch</strong>e ragt 11 Meter in die Höhe; diese gros-<br />
se Fassadenoberflä<strong>ch</strong>e ist wärmete<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong> wie eine<br />
«Kühlrippe». Die Holzständerwände (Ruwa, Küblis<br />
GR) sind daher 40 cm dick isoliert und beplankt mit<br />
aussteifenden Fi<strong>ch</strong>ten-Dreis<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tplatten. Die Wände<br />
haben keine Dampfbremse; das Haus ist diffusionsoffen.<br />
Und denno<strong>ch</strong> verfügt es über eine Komfortlüftung,<br />
deren Lüftungss<strong>ch</strong>litze raffiniert in der<br />
Einri<strong>ch</strong>tung untergebra<strong>ch</strong>t sind.<br />
porträt__WOHnTurM AuF KnAPPEM BODEn_5<br />
Aufgrund des hohen Grundwasserspiegels kam<br />
ein Kellerges<strong>ch</strong>oss ni<strong>ch</strong>t in Frage. Eine Bodenplatte<br />
aus Beton wurde solide im Untergrund verankert.<br />
Darauf kamen die fixfertig ausgestatteten Holzständer<br />
zu stehen, wel<strong>ch</strong>e das Haus tragen. In ledigli<strong>ch</strong><br />
vier Tagen war aufgeri<strong>ch</strong>tet; insgesamt nahmen die<br />
Bauarbeiten nur drei Monate in Anspru<strong>ch</strong>. Im August<br />
2008 zog die Familie ein. Sie hat diesen Augenblick<br />
herbeigesehnt, denn wegen Einspra<strong>ch</strong>en aus<br />
der Na<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aft hatte sie 2½ Jahre im alten Holzbau<br />
wohnen müssen. Das Harren auf den Geri<strong>ch</strong>tsents<strong>ch</strong>eid<br />
hat si<strong>ch</strong> gelohnt, freut si<strong>ch</strong> heute Patrick<br />
Blarer.<br />
Ein offen gebautes Haus<br />
Das Haus betritt man über den geräumigen Windfang.<br />
Im Parterre sind au<strong>ch</strong> die Autogarage und der<br />
Te<strong>ch</strong>nikraum untergebra<strong>ch</strong>t. Hier ist alles vorbereitet<br />
für die Sonnenkollektoren; geheizt wird derzeit<br />
mit einer Mini-Ölheizung. Später könnte eine Grundwasserwärmepumpe<br />
folgen. Die Ers<strong>ch</strong>liessung der<br />
Wohnberei<strong>ch</strong>e im zweiten, dritten und vierten Stock<br />
erfolgt über Treppen, die alle entlang der inneren<br />
Südseite geführt sind. Das Haus ist vom ersten bis<br />
vierten Stock offen – für die Familie kein Problem,<br />
sagt Patrick Blarer. «Mit der Akustik des offenen Holzhauses<br />
kann man leben.» Die Zimmer sind jeweils<br />
mit einer farbigen S<strong>ch</strong>iebetüre abtrennbar.<br />
Der zweite Stock beherbergt Wohnkü<strong>ch</strong>e und<br />
Stube. Die Raumtiefe ist erstaunli<strong>ch</strong>; sie lässt kein<br />
Gefühl von Enge aufkommen. Die grossen Fenster<br />
na<strong>ch</strong> Süden geben einen prä<strong>ch</strong>tigen Blick auf die Palügruppe<br />
frei. «Ausgestellt» sind die Bewohner ni<strong>ch</strong>t;<br />
sie können jederzeit Vorhänge ziehen. Dem zweiten<br />
Ges<strong>ch</strong>oss angebaut ist au<strong>ch</strong> eine kleine Terrasse;<br />
Brüstung und Holzrahmen s<strong>ch</strong>affen einen intimen<br />
Aussenraum. Im dritten Stock befinden si<strong>ch</strong> das<br />
Atelier von Frau Blarer, das Eltern-S<strong>ch</strong>lafzimmer<br />
und das Bad. Der vierte Stock ist das Rei<strong>ch</strong> der beiden<br />
Tö<strong>ch</strong>ter – so wie man es <strong>als</strong> Kinder gerne hat.__<br />
Text_Fotos_Stefan Hartmann