Verona - Hamburg Ballett
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foto: holger badekow<br />
John Neumeier probt mit dem Ensemble,<br />
Otto Bubenícˇek und Ivan Urban<br />
ort bestimmung seines eigenes Schaffens und<br />
führt ihn zurück in die Anfänge einer ballettgeschichtlich<br />
aufregenden Zeit, die ein unerschöpf -<br />
liches Reservoir an Kreativität und Ideenreich -<br />
tum freisetzte. Für John Neumeier ist die zentrale<br />
Figur der Ballets Russes schon seit frühester<br />
Kindheit ein Fixstern: »Nijinsky war der erste<br />
Tän zer, von dem ich mehr erfuhr und der für<br />
mich zum Menschen wurde. Natürlich habe ich<br />
ihn nie tanzen gesehen, nie das Erregende einer<br />
Vorstellung miterlebt, dafür aber hatte ich Fak -<br />
ten, die mich tief berührten, erfuhr über seine<br />
Kindheit, sein Erwachsensein und seinen Weg in<br />
den Wahnsinn. Das alles geschah mir als Zehn -<br />
jähriger. Das war der Samen – etwas, das wuchs<br />
und immer tiefer wurde. Und das mich komischerweise<br />
nie enttäuscht hat, was selten ist. Alles,<br />
was ich später über Nijinsky erfuhr, ließ ihn mir<br />
nur vertrauter werden und ergab für mich ein<br />
immer vollständigeres, geschlossenes Bild. Es<br />
zeigt mir einen Menschen, dessen Motivation ich<br />
nachvollziehen konnte, der mir künstlerisch und<br />
menschlich zum moralischen Vorbild wurde und<br />
den ich zu verstehen glaube.« Die Ballets Russes<br />
und Vaslaw Nijinsky – ein Glücksfall in der Tanz -<br />
geschichte. Grund genug, dieser Konstel lation<br />
leitmotivisch nachzuspüren. Die Premiere zu<br />
Beginn der 35. <strong>Hamburg</strong>er <strong>Ballett</strong>-Tage präsentiert<br />
ferner Nijinskys »Le Sacre du Printemps« in<br />
der selbst schon historisch zu nennenden Re -<br />
kons truktion von Millicent Hodson. Nijinskys in<br />
»Le Sacre du Printemps« entwickelte Körper spra -<br />
che galt in ihrer Zeit als weitgehend unverstandene<br />
Choreografie, mit der erst später die An fän -<br />
ge einer modernen Bewegungsästhetik verbunden<br />
werden. Die »Hommage aux Ballets Rus ses«<br />
wird mit »Der verlorene Sohn« eröffnet, Ba lan -<br />
chines letztem <strong>Ballett</strong> für Serge Diaghilew, das<br />
drei Mo nate vor dem Tod des charismatischen<br />
Impresa rios 1929 uraufgeführt wurde. 1909 –<br />
1929, zwanzig Jahre bewegte <strong>Ballett</strong> his torie, ge -<br />
würdigt in einer groß angelegten Retro spektive.<br />
ANDRÉ PODSCHUN<br />
Journal 5 | 5