Verona - Hamburg Ballett
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BALLETT PREMIERE<br />
HOMMAGE AUX BALLETS RUSSES<br />
Hommage aux<br />
Ballets Russes<br />
Musikalische Leitung<br />
Klauspeter Seibel<br />
Premiere A 28. Juni, 18.00 Uhr<br />
Premiere B 30. Juni, 19.30 Uhr<br />
Weitere Aufführung 11. Juli,<br />
19.30 Uhr<br />
Die Ballets Russes und Vaslaw Nijinsky.<br />
Ein Glücksfall in der Tanzgeschichte<br />
Die 35. <strong>Hamburg</strong>er <strong>Ballett</strong>-Tage eröffnen mit drei repräsentativen Werken aus dem Œuvre der Ballets Russes, die 1909 die<br />
westliche Welt in Staunen versetzten. Der dreiteilige <strong>Ballett</strong>abend fängt den Geist und die Vielseitigkeit der gefeierten Com pa -<br />
gnie ein. Auf dem Spielplan steht mit »Le Pavillon d’Armide« eine neue Kreation von John Neumeier, Millicent Hodsons und<br />
Ken neth Archers Rekonstruktion der »Sacre«-Choreografie von Nijinsky sowie George Balanchines »Der verlorene Sohn«.<br />
4 | Journal 6<br />
Der verlorene Sohn<br />
Musik<br />
Sergej Prokofjew<br />
Choreografie<br />
George Balanchine<br />
Bühnenbild und Kostüme<br />
Georges Rouault<br />
Einstudierung<br />
Patricia Neary<br />
■ Die Stimmung jener Tage muss phänomenal<br />
ge wesen sein, als die Ballets Russes unter der Fe -<br />
der führung ihres Impresarios Serge Diaghilew<br />
Pa ris im Sturm eroberten. Im wiederbelebten<br />
Théâ tre du Châtelet spielten sich am Abend des<br />
19. Mai 1909 außergewöhnliche Szenen der Be -<br />
geisterung ab, die schon lange nicht mehr in der<br />
Stadt an der Seine für möglich gehalten worden<br />
waren. Na ment lich die schier atemlose Technik<br />
der russischen Tänzer beeindruckte das französische<br />
Pub li kum, das rasch seine Lieblinge erkor<br />
und sie ausgelassen feierte. Ganz besonders fiel<br />
ein junger Tänzer auf, der die Zuschauer durch<br />
seine Sprün ge regelrecht hypnotisierte: Vaslaw<br />
Nijinsky. Später sollte seine Witwe Romola Ni -<br />
jins ky die bewegten Tage aus der Sicht ihres Man -<br />
nes wiedergeben, der innerhalb kürzester Zeit<br />
zum un angefochtenen Star der Compagnie avanciert<br />
war: »Vaslaw erzählte mir dereinst, im<br />
Augen blick, als er seine erste Variation zu tanzen<br />
begann, sei ein Raunen durch das Publikum<br />
gegangen, das ihn fast erschreckt habe. Nach seinem<br />
ersten tour en l’air brachen die Zuschauer<br />
in einen nicht endenden Beifallssturm aus. Er<br />
spür te das völlige Mit ge hen der Zuschauer. Als<br />
er von der Bühne sprang, gab es laute Rufe ›En -<br />
core, bis, bis, bis‹. Während der Pause wurde wild<br />
applaudiert, die Bravorufe nahmen kein Ende.<br />
Paris war verblüfft und hingerissen. Der Tumult<br />
war enorm, die Kri tiker fast hysterisch. Sie drängten<br />
in irrer, atemloser Aufregung auf die Bühne.<br />
Aber Vaslaw wuss te von alledem nichts. Er zog<br />
sich um. Er nahm den Halsschmuck ab, den<br />
Benois für ihn entworfen hatte, nicht ahnend,<br />
Le Pavillon d’Armide<br />
Musik<br />
Nikolai Nikolajewitsch Tscherepnin<br />
Choreografie,<br />
Bühnenbild und Kostüme<br />
John Neumeier<br />
Le Sacre du Printemps<br />
Musik<br />
Igor Strawinsky<br />
Choreografie<br />
Vaslaw Nijinsky<br />
rekonstruiert von Millicent Hodson<br />
Bühnenbild und Kostüme<br />
Nicholas Roerich<br />
rekonstruiert von Kenneth Archer<br />
dass er eine neue Mode geschaffen hatte. Die<br />
großen Damen von Paris und Lon don trugen in<br />
den nächsten beiden Saisons Halsbänder aus<br />
schwarzem Moiré mit Dia man ten, Perlen und<br />
Brillanten à l’Armide.« »Le Pavillon d’Armide«<br />
war eines von drei Wer ken, das an dem historischen<br />
Abend von den Ballets Russes gezeigt<br />
wurde. Hier kam es zum sensationellen »Tanz -<br />
ereig nis« Nijinsky, der in der Rolle des Skla ven triumphierte.<br />
Fokine hatte für Nijinsky eine Vari -<br />
ation ge schaffen, die seine Vir tuosi tät vollends<br />
heraushob. Nach dem für Paris neu arrangierten<br />
Pas de trois lief Nijinsky nicht mit seinen Part -<br />
nerinnen Tamara Karsawina und Alexandra Bal -<br />
dina ab, sondern sprang schräg zwischen die<br />
Kulissen, so dass man nicht mehr sehen konnte,<br />
wie er landete: einer der ersten Sprünge Nijinskys,<br />
der tout Paris kopflos machte.<br />
Die französischen Ereignisse schrieben <strong>Ballett</strong> -<br />
geschichte, sie setzten in Ästhetik und Ausfüh -<br />
rung neue Maßstäbe, gipfelnd in Diaghilews An -<br />
spruch, die Künste zusammenzuführen. Ein Ge -<br />
samtkunstwerk war geboren, dessen Wurzeln weit<br />
in die russische Tradition reichten und doch kosmopolitischer<br />
Natur waren. Und eine Erfolgs -<br />
geschich te, ohne die das gegenwärtige <strong>Ballett</strong><br />
nicht denkbar ist. Der Aufbruch in die Moderne:<br />
eine Engführung, die unser heutiges Verständnis<br />
von Überlieferung und Geschichte maßgeblich<br />
prägt. Nicht zufällig widmet sich John Neumeier<br />
in seiner neuen Kreation dem »Pavillon d’Armi -<br />
de«. Die Auseinandersetzung mit dem Erbe der<br />
frü hen Ballets Russes und ihrem Nachwirken in<br />
Vaslaw Nijinskys späterem Leben wird zur Stand -