Verona - Hamburg Ballett
Verona - Hamburg Ballett
Verona - Hamburg Ballett
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Besuch des <strong>Ballett</strong>s »Die Möwe« von John Neumeier<br />
Partnerschaft der Europaschule Gymnasium Hamm mit dem HAMBURG BALLETT<br />
■ Wie lässt sich solch eine emotionale, ambivalente<br />
Geschichte wie Tschechows »Die Möwe« als<br />
ein <strong>Ballett</strong> präsentieren? Ist es überhaupt möglich,<br />
kein einziges Wort zu verwenden und trotzdem<br />
den Leitfaden nicht zu verlieren? – diese<br />
Fragen stellte ich mir, als ich auf der Türschwelle<br />
zum Parkett stand und meinen Platz ungeduldig<br />
mit den Augen suchte. Doch die ersten Sekunden<br />
der Inszenierung schenkten mir folgende Er -<br />
kennt nis: nicht nur Literatur ist imstande, Ge füh -<br />
le in etwas Festes, Greifbares zu verwandeln, sondern<br />
der Tanz selbst kann ein solch starkes emotional<br />
geladenes Klima schaffen, dass die menschliche<br />
Wahr nehmung nicht mehr zwischen Rea -<br />
lität und Schauspiel unterscheiden kann.<br />
Das Stück von John Neumeier ist keine traditionelle<br />
Inszenierung des weltberühmten Wer -<br />
kes, es ist selbst ein Kunstwerk. Es ist wie ein Bild,<br />
das von mehreren Epochen der menschlichen<br />
Existenz beeinflusst wurde, denn die unterschied -<br />
lichen Daseinsentwürfe der Protagonisten werden<br />
hier geschickt mit mehreren Tanzstilen verknüpft.<br />
Keine Figur ist leer und langweilig, jeder<br />
Darsteller ist ein Einzelgänger und Individuum,<br />
das über seine eigene Tanzform verfügt und auf<br />
diese Weise mit den anderen Figuren kommuniziert.<br />
Dabei ist das Publikum unmittelbar im<br />
Geschehen drin, verspürt jeden Atemzug und<br />
darf die gesamte Spannung der Geschichte mit-<br />
BALLETT TUSCH-PROJEKTE<br />
erleben. Ohne Worte. Sie sind in diesem Fall völlig<br />
überflüssig, denn gerade sie reduzieren den<br />
Überraschungseffekt auf das Minimale.<br />
Dabei besteht das Wesen Neumeiers Neue -<br />
run gen hauptsächlich darin, dass er neue Erzähl -<br />
formen findet, die es erlauben, den Inhalt zu vertiefen,<br />
die Idee des Werkes noch prägnanter zum<br />
Ausdruck zu bringen und das alles in den <strong>Ballett</strong> -<br />
aufführungen zu verkörpern. Dieses Stück ist in<br />
seiner emotionellen Atmosphäre auf tschechow´sche<br />
Art sensibel und tragisch. Neumeiers<br />
Choreografie vermittelt alle Kleinigkeiten des<br />
Geschehens und erschafft dadurch praktisch dieses<br />
neue Drama. Die Geburt der jungen Liebe und<br />
ihr Scheitern, das Entstehen der Leidenschaft und<br />
schließlich das menschliche Leiden – das alles<br />
verknüpft sich in dem Stück. Dem Betrachter bietet<br />
sich eine Welt von Menschen, die er gerade erst<br />
kennengelernt hat, die ihm aber auf irgendeine<br />
Weise vertraut erscheinen.<br />
»Die Möwe« ist ein Werk, das durch seine Idee<br />
und die Neuartigkeit des Denkens aus der Reihe<br />
fällt. Das ist kein Tanz auf der Bühne, es ist das<br />
Leben selbst mit seinen tragischen Verknüpfun -<br />
gen und seinem Leiden, das dem Publikum derart<br />
nahe geht, dass man schnell vergisst im<br />
Theater zu sein.<br />
Dima Shuvalov<br />
2. Semester, Gymnasium Hamm<br />
›DIE MÖWE‹ UND ›LE SACRE‹<br />
Anna Laudere und Ivan Urban in »Die Möwe«<br />
Bewegte Bilder und Sacre<br />
■ Der Kurs »Bewegte Bilder« handelt mit allem,<br />
was beweglich ist bzw. in Bewegung gesetzt werden<br />
kann. In einer geplanten Schulinszenierung<br />
»Die zertanzten Schuhe« werden die SchülerIn -<br />
nen die medialen Elemente des Bühnenbildes<br />
und der Szenenumsetzung erarbeiten. Zur<br />
Grund lage die ser Auseinandersetzung wird das<br />
Stück »Le Sacre« von Igor Strawinsky dienen. In<br />
einer Un ter richtseinheit (ca. 6 Stunden) mit<br />
Indrani Delmaine wurde den SchülerInnen der<br />
Tanz als Bildsprache und Ausdruck innerer sowie<br />
äußerer Bilder (von den Anfängen bis heute)<br />
nahe gebracht. Im Anschluss konnten die Schü -<br />
ler Innen erste »Tuchfühlung« mit der Musik<br />
Strawinskys aufnehmen und erfuhren von den<br />
damaligen Publikumsreaktionen. Durch die<br />
grup pendynamische Erarbeitung verschiedener<br />
Tanzschritte und Tanzabfolgen wurde ein »Ein -<br />
fühlen« in die Musik, Stimmung und Geschichte<br />
Strawinskys möglich und ein weiteres Interesse<br />
der Auseinan dersetzung geweckt. Frau Delmaine<br />
ermöglichte uns einen Besuch in der Staatsoper,<br />
dessen Aufführung von John Neu meiers »Le<br />
Sacre« die Schü lerInnen gebannt und angetan das<br />
gesamte Stück hindurch verfolgten und auch die<br />
von ihnen erlernten Abfolgen in Perfektion »mitdenken«<br />
und »miterleben« konnten.<br />
Sonja Hauser, Lehrerin<br />
Kurs 9/10, Schule Griesstraße<br />
fotos: holger badekow<br />
Journal 6 | 15