Entwicklung einer Atom- und Chemiesimulation - DGZfP
Entwicklung einer Atom- und Chemiesimulation - DGZfP Entwicklung einer Atom- und Chemiesimulation - DGZfP
ZfP-Sonderpreis der DGZfP beim Landeswettbewerb Jugend forscht SCHÜEX BREMEN DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR ZERSTÖRUNGSFREIE PRÜFUNG E.V. Entwicklung einer Atom- und Chemiesimulation Adrian Röfer Schule: Jugend forscht 2012
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ZfP-Sonderpreis der <strong>DGZfP</strong> beim Landeswettbewerb Jugend forscht<br />
SCHÜEX BREMEN<br />
DEUTSCHE<br />
GESELLSCHAFT FÜR<br />
ZERSTÖRUNGSFREIE<br />
PRÜFUNG E.V.<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>einer</strong> <strong>Atom</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Chemiesimulation</strong><br />
Adrian Röfer<br />
Schule:<br />
Jugend forscht 2012
<strong>Entwicklung</strong> <strong>einer</strong> <strong>Atom</strong>- <strong>und</strong> <strong>Chemiesimulation</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Zielsetzung ..................................................................................................... 1<br />
2 Die Geschichte des <strong>Atom</strong>s <strong>und</strong> <strong>Atom</strong>modelle ....................................................... 1<br />
2.1 Das Rutherfordsche Modell ......................................................................... 1<br />
2.2 Das Bohrsche Modell .................................................................................. 2<br />
2.3 Das Orbitalmodell ...................................................................................... 3<br />
2.4 Das Simulationsatom ................................................................................. 4<br />
3 Zwischenatomare Interaktion ............................................................................ 4<br />
3.1 Die Bindung .............................................................................................. 4<br />
3.2 Die Elektronegativität <strong>und</strong> der potentielle Ionencharakter ............................... 5<br />
3.3 Coulomb-Kraft .......................................................................................... 5<br />
4 Programmaufbau <strong>und</strong> Programmablauf ............................................................... 6<br />
4.1 Rahmenbedingungen der Simulation ............................................................ 6<br />
4.2 Die Akteure der Simulation ......................................................................... 6<br />
4.3 Der Bindungsvorgang zwischen zwei <strong>Atom</strong>en in der Simulation ....................... 8<br />
4.4 Zusammenhang zwischen der Ladung <strong>und</strong> den Bindungen in der Simulation ....11<br />
4.5 Berechnung räumlicher Strukturen mittels Hillclimbing-Verfahrens .................12<br />
4.6 Thermodynamik .......................................................................................13<br />
5 Testreihe .......................................................................................................13<br />
5.1 Ergebnis von Versuch 1 – Korrektheit der Bindungslogik ...............................14<br />
5.2 Ergebnis von Versuch 2 – Genauigkeit des Hillclimbings ................................14<br />
6 Fazit ..............................................................................................................14<br />
7 Quellen ..........................................................................................................15
1 Zielsetzung<br />
Es ist im Chemieunterricht oft schwer nachzuvollziehen, warum sich <strong>Atom</strong>e so anordnen,<br />
wie sie es tun, oder wie zwei Bilder eines Reaktionsschemas verb<strong>und</strong>en sind. Nachdem<br />
ich im Internet auf kein Programm gestoßen bin, mit dem man chemische Reaktionen<br />
simulieren kann, habe ich mich dazu entschlossen, selbst eine Simulation zu<br />
programmieren, mit der chemische Reaktionen visualisiert werden können. Da sich diese<br />
Simulation mit Phänomenen beschäftigt, die der Mensch bis jetzt immer noch nicht<br />
komplett vermessen, erklärt oder verstanden haben, kann die Simulation niemals ein<br />
wirklich exaktes Bild der atomaren Ebene abgeben. Aufgr<strong>und</strong> zu hoher von ansonsten zu<br />
hoher Leistungsanforderungen, verwendet die Simulation nicht die komplexe<br />
quantenmechanische Schrödinger-Gleichung, sondern beschränkt sich auf die<br />
einfacheren Gleichungen der Elektro- <strong>und</strong> Thermodynamik, sowie den Beobachtungen der<br />
Chemie.<br />
2 Die Geschichte des <strong>Atom</strong>s <strong>und</strong> <strong>Atom</strong>modelle<br />
Die Idee, dass Materie aus Teilchen aufgebaut ist, die sich nicht unendlich weiter<br />
zerteilen lassen, existiert schon seit Jahrtausenden. Der Grieche Demokrit verlieh den<br />
Teilchen ca. 450 v.Chr. den Namen „átomos“, was „das Unzerschneidbare“ oder „das<br />
Unteilbare“ bedeutet. In der Neuzeit war der Naturforscher Robert Boyle (1627 – 1691)<br />
der erste, der die Idee des <strong>Atom</strong>s wieder aufgegriffen hat. In seinem Buch „The Sceptical<br />
Chemist“ von 1661 schrieb er, dass Materie nicht aus den Elementen der Alchemie<br />
(Feuer, Wasser, Luft <strong>und</strong> Erde), sondern aus Kombinationen von verschiedenen<br />
„corpuscules“ bestehe. Damit bereitete er den Elementbegriff der modernen Chemie vor.<br />
Derjenige, der diesen Begriff letztendlich geprägt hat, war der Chemiker Antoine<br />
Lavoisier (1743 - 1794), er wies auch die ersten chemischen Elemente nach. Der Lehrer<br />
John Dalton (1766 – 1844) begründete auf dieser Basis, warum Elemente immer in<br />
Mengenverhältnissen kl<strong>einer</strong> ganzer Zahlen reagieren. Er legte auch das <strong>Atom</strong>gewicht<br />
fest, indem er das Gewicht von Wasserstoff als Norm für das <strong>Atom</strong>gewicht annahm <strong>und</strong><br />
dieses Gewicht mit „1“ festsetzte.<br />
2.1 Das Rutherfordsche Modell<br />
Das erste <strong>Atom</strong>modell, mit dem man in der Schule konfrontiert wird, ist das 1911 von<br />
Ernest Rutherford (1871 - 1937) aufgestellte Modell. Natürlich gab es vor diesem auch<br />
schon andere Vorstellungen, wie <strong>Atom</strong>e aufgebaut sind. Diese<br />
sind aber heute nicht mehr gebräuchlich. Zwar entspricht auch<br />
das Modell von Rutherford nicht dem aktuellen Stand der<br />
Erkenntnis. Es ist dennoch für einen Einstieg in den<br />
<strong>Atom</strong>aufbau gut geeignet.<br />
Rutherford führte 1909 einen Streuversuch durch, bei dem<br />
Alpha-Strahlung auf eine Goldfolie gelenkt wurde. Wie<br />
erwartet, fielen die meisten Teilchen durch die Folie durch.<br />
Einige Teilchen wurden jedoch abgelenkt oder zurückgeworfen.<br />
Rutherford schloss daraus, dass es ein sehr kleines, positiv<br />
geladenes Massezentrum im <strong>Atom</strong> geben müsse, das die positiv<br />
Abbildung 1<br />
Rutherfordscher<br />
Streuversuch [1]<br />
1
geladene Beta-Strahlung ablenkt (Abbildung 1). Um die elektrische<br />
Neutralität von <strong>Atom</strong>en zu erklären, folgerte er, dass der positive Kern<br />
von negativ geladenen Elektronen umgeben sein müsse. Die Anzahl der<br />
Elektronen müsse der Kernladung entsprechen, damit das ganze System<br />
neutral sei. Da er jedoch die Elektronen nicht näher untersuchen konnte,<br />
weil ihre Ladung zu schwach <strong>und</strong> ihr Volumen zu gering ist, um die Alpha-<br />
Strahlung nennenswert zu beeinflussen, hat er kein näheres Modell zur<br />
Verteilung der Elektronen angefertigt. Somit beschränkte sich seine<br />
Vorstellung auf nebenstehendes <strong>Atom</strong>modell (Abbildung 2).<br />
Dieses Modell konnte allerdings nicht erklären, warum die negativ geladenen Elektronen<br />
nicht in den positiv geladenen <strong>Atom</strong>kern stürzen. Andere Wissenschaftler versuchten<br />
dieses Phänomen damit zu begründen, dass die Elektronen in orbitalen Bahnen um den<br />
Kern kreisen. Dementsprechend erweiterten sie das Modell Rutherfords um diese<br />
orbitalen Bahnen. Doch auch diese Erweiterung des <strong>Atom</strong>modells konnte nicht schlüssig<br />
erklären, warum Elektronen nicht in den <strong>Atom</strong>kern stürzen. Denn nach Untersuchungen<br />
des Physikers James Clerk Maxwell (1831 – 1879) strahlt beschleunigte Ladung ständig<br />
Energie ab , so dass die Beschleunigung des Elektrons nachlassen <strong>und</strong> die<br />
Anziehungskraft des <strong>Atom</strong>kerns nach kurzer Zeit überwiegen muss, was wiederum zum<br />
Sturz des Elektrons in den Kern führen würde.<br />
2.2 Das Bohrsche Modell<br />
Das 1913 von dem Physiker Niels Bohr (1885 – 1962) entwickelte Modell basiert auf dem<br />
Rutherfordschen Modell inklusive der orbitalen Bahnen. Bohr löste das Problem der<br />
„stürzenden“ Elektronen, indem er einige Regeln der klassischen Mechanik <strong>und</strong> der<br />
Elektrodynamik für Elektronen außer Kraft setzte. Seinem Modell (s. Abbildung 3) zufolge<br />
gibt es feste Bahnen, auf denen Elektronen keine Energie abgeben <strong>und</strong> somit ihren Orbit<br />
halten können. So hat z.B. ein Elektron auf der<br />
zweiten Bahn ein Energieniveau n von 2. Elektronen<br />
können sich nur auf diesen Bahnen bewegen. Wenn<br />
sie sich dazwischen befinden, fallen sie nach diesem<br />
Modell sofort auf eine energetisch niedrigere Bahn<br />
zurück. Wenn ein Elektron von <strong>einer</strong> Bahn zur<br />
anderen wechselt, gibt es Energie ab oder nimmt<br />
Energie auf. Diesen Bahnwechsel nennt man<br />
Quantensprung. Das Bohrsche <strong>Atom</strong>modell ist schon<br />
deshalb realitätsnäher als das Rutherfordsche<br />
Modell, weil es eine mögliche Ursache für die bei<br />
Wasserstoff zu beobachtenden Spektrallinien liefert.<br />
Diese lassen sich dem Modell zufolge dadurch<br />
erklären, dass Energie in Form eines Photons mit der<br />
Abbildung 3 Das Bohrsche<br />
<strong>Atom</strong>modell [3]<br />
Frequenz „hv“ abgegeben wird, wenn ein Elektron auf eine niedrigere Bahn wechselt <strong>und</strong><br />
dabei Energie abgibt. Dieses Modell ist also eine sehr gute Beschreibung des<br />
Wasserstoffatoms.<br />
Jedoch verträgt es sich nicht mit der von dem Physiker Heisenberg (1901 – 1976) im<br />
Jahre 1927 formulierten Unschärferelation. Dieser zufolge lassen sich zwei<br />
komplementäre Eigenschaften eines Teilchens nicht beliebig genau messen, da die<br />
2<br />
Abbildung 2<br />
Das <strong>Atom</strong><br />
nach<br />
Rutherford[2]
Messung <strong>einer</strong> Größe die andere Größe stört. Ein Beispiel für zwei komplementäre<br />
Eigenschaften eines Elektrons sind Impuls <strong>und</strong> Ort. Nach dem Bohrschen <strong>Atom</strong>modell ist<br />
der Ort eines Elektrons durch die feste orbitale Bahn bestimmt <strong>und</strong> kann somit nicht<br />
durch die Messung des Impulses gestört werden, was der bewiesenen Heisenbergschen<br />
Unschärferelation widerspricht.<br />
2.3 Das Orbitalmodell<br />
Nach neuen quantenphysikalischen Betrachtungen wird das Elektron nicht mehr als ein<br />
Teilchen, sondern als eine dreidimensionale Energiewelle betrachtet. Diese Betrachtung<br />
erklärt, warum Ort <strong>und</strong> Impuls eines Elektrons nicht gleichzeitig bestimmt werden<br />
können. Da aufgr<strong>und</strong> dieser Theorie keine genaue Aussage gemacht werden kann, wo<br />
sich ein Elektron befindet, werden in diesem Modell feste Orte durch<br />
Wahrscheinlichkeiten <strong>und</strong> Aufenthaltsräume ersetzt.<br />
Diese Aufenthaltsräume werden als Orbitale bezeichnet. Es gibt vier Haupttypen von<br />
Orbitalen:<br />
Name Bedeutung Aussehen<br />
s-Orbital Sharp Kugelsymmetrisch<br />
p-Orbital Principal Hantelförmig<br />
d-Orbital Diffuse Gekreuzte Doppelhantel<br />
[4]<br />
f-Orbital F<strong>und</strong>amental Rosettenförmig<br />
Natürlich gibt es für diese Orbitale auch detaillierte Beschreibungen. Auf diese möchte ich<br />
hier aber nicht eingehen, da ich sie im Rahmen dieser Arbeit nicht verwende.<br />
[5]<br />
[4]<br />
[4]<br />
3
2.4 Das Simulationsatom<br />
Die Simulation benutzt eine vereinfachte Version des Orbitalmodells. Das Modell zeichnet<br />
sich dadurch aus, dass keine Elektronen simuliert werden müssen, da nach<br />
Quantenphysik Ort <strong>und</strong> Impuls eines Elektrons zu einem Zeitpunkt unbestimmbar sind.<br />
Da der <strong>Atom</strong>kern im Verhältnis zu der Größe der Orbitale verschwindend klein ist (bei<br />
freiem Wasserstoff ca. 1 : 22.000), wird der <strong>Atom</strong>kern in der Simulation als<br />
nulldimensionaler Punkt mit <strong>einer</strong> bestimmten Ladung betrachtet.<br />
Alle weiteren Größen wie…<br />
� Masse<br />
� Elektronegativität<br />
� Radien<br />
� Reaktionszahlen<br />
werden für die Simulation nicht verändert.<br />
3 Zwischenatomare Interaktion<br />
Im folgenden Kapitel werden gr<strong>und</strong>legende Modelle der Interaktion zwischen <strong>Atom</strong>en<br />
erläutert, auf denen die Simulation basiert.<br />
3.1 Die Bindung<br />
Abbildung 4 Grafische Darstellung<br />
eines Wasserstoffatoms<br />
Als Gr<strong>und</strong>lage wird das sog. Schalenmodell genommen, wobei es sich um eine starke<br />
Vereinfachung des Orbitalmodells handelt. Danach wird der <strong>Atom</strong>kern von mehreren<br />
Schalen umringt, in denen sich jeweils Elektronen befinden. Alle <strong>Atom</strong>e wollen nun<br />
Edelgaszustand erreichen, d.h. dass alle Schalen die maximale Anzahl an Elektronen<br />
enthalten. Da bei <strong>Atom</strong>en schon alle Schalen bis auf die Äußerste mit der maximalen<br />
Anzahl von Elektronen gefüllt sind, geht es nur um die Elektronen der äußeren Schale,<br />
die sog. „Valenzelektronen“. Um den Edelgaszustand zu erreichen, können <strong>Atom</strong>e<br />
Elektronen aufnehmen oder abgeben. Das setzt allerdings voraus, dass die <strong>Atom</strong>e sich<br />
nah genug kommen, um einen „Abnehmer“ oder „Lieferanten“ für Elektronen zu finden.<br />
Wenn sich die äußeren Schalen von <strong>Atom</strong>en überschneiden, dann können diese <strong>Atom</strong>e<br />
Elektronen austauschen. Tatsächlich ist dieser Austausch nur ein „Leihverfahren“, denn<br />
die Elektronen halten sich nun im Schnittvolumen der schneidenden Orbitale auf <strong>und</strong><br />
gehen nicht tatsächlich zum anderen <strong>Atom</strong> über. Zu beachten ist, dass es<br />
Elektronenkonfigurationen gibt, die <strong>Atom</strong>e „lieber“ eingehen als andere. Diese<br />
Konfigurationen werden über die Oxidationszahlen angegeben, die man dem klassischen<br />
Periodensystem der Elemente entnehmen kann.<br />
Ein Sonderfall ist die unpolare Elektronenpaarbindung. Bei dieser binden sich zwei gleiche<br />
<strong>Atom</strong>e miteinander <strong>und</strong> geben jeweils eine gleiche Menge Elektronen in das<br />
Schnittvolumen, sodass jedes <strong>Atom</strong> die maximale Anzahl an Valenzelektronen besitzt.<br />
Diese Art der Bindung erfolgt allerdings nur zwischen Nichtmetallen.<br />
4
Abbildung 5 Eine unpolare Elektronenpaarbindung zwischen zwei Wasserstoffatomen<br />
3.2 Die Elektronegativität <strong>und</strong> der potentielle Ionencharakter<br />
Die Elektronegativität ist eine Größe, die beschreibt, wie stark ein <strong>Atom</strong> Elektronen<br />
anzieht. Die Ladung eines <strong>Atom</strong>s wird über den potentiellen Ionencharakter (PIC)<br />
beschrieben. Um den PIC zu ermitteln, muss zuerst die Elektronegativität der Bindung<br />
(ΔEN), in der sich das <strong>Atom</strong> befindet, errechnet werden, indem man die Differenz<br />
zwischen der Elektronegativität des einen <strong>Atom</strong>s (EN₁) <strong>und</strong> des anderen <strong>Atom</strong>s (EN₂)<br />
errechnet:<br />
� ΔEN=EN₁-EN₂<br />
Der potentielle Ionencharakter (PIC) des errechneten Wertes (ΔEN) geht aus <strong>einer</strong><br />
Tabelle hervor, in der für verschiedene Elektronegativitäten ermittelte Werte niedergelegt<br />
sind.<br />
3.3 Coulomb-Kraft<br />
Die Coulomb-Kraft geht aus dem Coulombschen Gesetz hervor, dass von dem Physiker<br />
Charles Augustin de Coulomb (1736 – 1806) um 1785 festgelegt wurde. Mit diesem<br />
Gesetz kann die Kraft, die auf zwei Ladungen wirkt, errechnet werden nach folgender<br />
Formel:<br />
Eine kurze Erläuterung der Formel:<br />
� F ist die Kraft, die auf eine Ladung wirkt<br />
� E₀ ist die elektrische Feldkonstante, die die elektrische Leitfähigkeit des Vakuums<br />
angibt<br />
� q₁ <strong>und</strong> q₂ sind die betrachteten Ladungen<br />
� r ist der Abstand zwischen den Ladungen<br />
� Der erste Teil der Gleichung ist die Coulomb Konstante ( ), die sich wie folgt<br />
ergibt:<br />
5
Die Coulomb-Kraft hält Bindungen zusammen <strong>und</strong> ermöglicht indirekte Bindungen wie<br />
Wasserstoffbrückenbindungen. Dadurch, dass <strong>Atom</strong>e Elektronen „tauschen“, gerät das<br />
Ladungsgleichgewicht zwischen Orbitalen <strong>und</strong> <strong>Atom</strong>kern ins Ungleichgewicht, was die<br />
positive oder negative Ladung eines <strong>Atom</strong>s zur Folge hat, wodurch die unterschiedlich<br />
geladenen <strong>Atom</strong>e aufgr<strong>und</strong> der Coulomb-Kraft zueinander hingezogen werden. Um eine<br />
Bindung wieder zu lösen, braucht man eine Kraft, die größer ist als die elektrische<br />
Anziehungskraft der <strong>Atom</strong>e.<br />
4 Programmaufbau <strong>und</strong> Programmablauf<br />
Auf den zuvor erläuterten Theorien baut meine abstrakte Simulation der <strong>Atom</strong>bindungen<br />
auf. Für die Programmierung der Simulation verwende ich, wie auch schon bei meinen<br />
anderen Jugend forscht Projekten, Blitz Basic 3D. Auch wenn das keine besonders<br />
professionelle Programmiersprache ist, überzeugt Blitz Basic 3D doch durch seine<br />
Einfachheit: die Sprache verwendet eine nicht besonders aufwendige Syntax <strong>und</strong> auch<br />
die Darstellung von 3D-Grafik ist einfach zu hand haben. Allerdings ist die Sprache nicht<br />
besonders schnell <strong>und</strong> vor allem auch nicht objektorientiert.<br />
In den folgenden Abschnitten 4.1 – 4.5 werden nun die aktuelle Programmstruktur <strong>und</strong> -<br />
ablauf in Diagrammen <strong>und</strong> Texten erklärt.<br />
4.1 Rahmenbedingungen der Simulation<br />
Die gesamte Simulation findet in einem Reaktionsraum fester Größe statt, in dem eine<br />
bestimmte Energiemenge vorhanden ist. Um die atomaren Vorgänge überhaupt<br />
darstellen zu können, werden die Raumeinheit <strong>und</strong> die <strong>Atom</strong>e stark vergrößert. In der<br />
Simulation wird zurzeit mit <strong>einer</strong> Raumgröße von 400 Blitz Basic Raumeinheiten (BBU)<br />
gearbeitet. Dabei repräsentiert eine BBU eine Größe von 10 Pikometern (pm), also<br />
1*10^-11m, in der Realität. Der simulierte Raumausschnitt entspricht also in der<br />
Wirklichkeit einem Volumen von 64 nm³. Die Raumgröße ist allerdings variabel.<br />
Eine weitere Rahmengröße stellt die Zeit dar. Bei <strong>einer</strong> Testrechnung, bei der zwei<br />
ionisierte Wasserstoffe aus <strong>einer</strong> Distanz von 80 pm aufgr<strong>und</strong> Coulombscher Kraft<br />
aufeinander zu treiben, ergeben sich Geschwindigkeiten von 1,79754 m/s. Für unsere<br />
makroskopische Welt ist das nicht besonders schnell, in der vergrößerten Simulation<br />
würde jedoch eine solche Geschwindigkeit bedeuten, dass das <strong>Atom</strong> innerhalb <strong>einer</strong><br />
Bildaktualisierung verschwinden würde. Deshalb hat die Simulation einen<br />
Zeitdehnungsfaktor, der zu allen Rechnungen hinzu multipliziert wird, um sie anschaulich<br />
zu machen.<br />
4.2 Die Akteure der Simulation<br />
In der Simulation gibt es zwei Akteure:<br />
� <strong>Atom</strong>e<br />
� Moleküle<br />
6
Molekül<br />
Register<br />
Position<br />
Impuls<br />
Masse<br />
Abbildung 6 Struktur der Akteur-Hierarchie mit ihren wichtigsten Untervariablen<br />
Erläuterung der Abbildung 6:<br />
<strong>Atom</strong><br />
<strong>Atom</strong><br />
Das Molekül ist eine Datenbank, die über…<br />
� die Position des Zentrums des Moleküls,<br />
� den Impuls des Moleküls,<br />
� die Masse des Moleküls,<br />
� <strong>und</strong> ein Register, in dem alle <strong>Atom</strong>e eingetragen sind, die Teil des Moleküls<br />
sind, verfügt.<br />
Ein <strong>Atom</strong> ist ebenfalls eine Datenbank, die über…<br />
� die Position des <strong>Atom</strong>s,<br />
� den Impuls des <strong>Atom</strong>s,<br />
� die Ladung des <strong>Atom</strong>s,<br />
� die Oxidationszahlen, die angeben, welche möglichen Ladungszustände es<br />
für ein <strong>Atom</strong> in <strong>einer</strong> Bindung gibt<br />
� die Valenzelektronen des <strong>Atom</strong>s, die das Reaktionsverhalten des <strong>Atom</strong>s<br />
bestimmen,<br />
� den Radius des <strong>Atom</strong>s,<br />
� das Molekül, dem es angehört, wenn es einem angehört,<br />
� <strong>und</strong> ein Register, in dem alle Bindungen eingetragen sind, in denen sich<br />
das <strong>Atom</strong> zurzeit befindet, verfügt.<br />
Das Bindungsregister des <strong>Atom</strong>s hält fest,...<br />
Position<br />
Impuls<br />
Register Bindungen<br />
Molekül<br />
Ladung<br />
Oxidations-<br />
zahlen<br />
Valenz-<br />
elektronen<br />
<strong>Atom</strong>-<br />
radius<br />
o zu welchem <strong>Atom</strong> eine Bindung besteht,<br />
o wie viele Elektronen von wessen Seite die Bindung beinhaltet,<br />
o wie polar die Bindung ist,<br />
o <strong>und</strong> wie viel Energie nach Coulombschem Gesetz nötig ist, um die<br />
Bindung zu lösen.<br />
7<br />
<strong>Atom</strong><br />
Elektronen<br />
ΔEN<br />
Energie
S<br />
C<br />
H<br />
L<br />
E<br />
I<br />
F<br />
E<br />
A<br />
U<br />
F<br />
R<br />
U<br />
F<br />
A<br />
L<br />
L<br />
E<br />
R<br />
F<br />
R<br />
E<br />
I<br />
E<br />
N<br />
A<br />
T<br />
O<br />
M<br />
E<br />
4.3 Der Bindungsvorgang zwischen zwei <strong>Atom</strong>en in der Simulation<br />
<strong>Atom</strong> 1<br />
Molekül<br />
Bindung<br />
Position<br />
Ladung<br />
VElektron<br />
en<br />
NElektron<br />
en<br />
Impuls<br />
Masse<br />
O-Zahlen<br />
Radius<br />
EN<br />
Register<br />
Errechnung der<br />
Beschleunigung nach<br />
Coulomb<br />
Errechnung der<br />
Bindungskraft<br />
Nein<br />
Reaktionsdistanz?<br />
Ja<br />
Passende<br />
Oxidationszahlen?<br />
Ja<br />
Differenz<br />
Molekül<br />
Register<br />
<strong>Atom</strong> 1 <strong>Atom</strong> 2<br />
Errechnung der<br />
Bindungskraft<br />
8<br />
<strong>Atom</strong> 2<br />
Molekül<br />
Bindung<br />
Position<br />
Ladung<br />
VElektron<br />
en<br />
NElektron<br />
en<br />
Impuls<br />
Masse<br />
O-Zahlen<br />
Radius<br />
Freie Bindungsstelle<br />
Freie Bindungsstelle<br />
Subtraktion Subtraktion<br />
<strong>Atom</strong><br />
<strong>Atom</strong><br />
e⁻<br />
ΔEN<br />
Kraft<br />
Register<br />
e⁻<br />
ΔEN<br />
Kraft<br />
EN<br />
A<br />
U<br />
F<br />
R<br />
U<br />
F<br />
A<br />
L<br />
L<br />
E<br />
R<br />
A<br />
N<br />
D<br />
E<br />
R<br />
E<br />
N<br />
A<br />
T<br />
O<br />
M<br />
E
Erläuterung der Abbildung auf Seite 8:<br />
Die Abbildung stellt vereinfacht den Ablauf <strong>einer</strong> <strong>Atom</strong>bindung zweier freier <strong>Atom</strong>e in der<br />
Simulation dar. Das Programm geht in der Hauptschleife alle <strong>Atom</strong>e nacheinander durch<br />
<strong>und</strong> prüft, ob diese aktuell ungeb<strong>und</strong>en sind. Wenn das aktuell aufgerufene <strong>Atom</strong><br />
ungeb<strong>und</strong>en ist, dann ruft dieses alle anderen <strong>Atom</strong>e nacheinander auf. Zwischen dem<br />
aufrufenden <strong>Atom</strong> <strong>und</strong> dem jeweils aktuell aufgerufenen <strong>Atom</strong> werden verschiedene<br />
Werte verglichen. Die beiden aktuell aufgerufenen <strong>Atom</strong>e werden im weiteren Text mit<br />
A1 (das aufrufende) <strong>und</strong> A2 (das aktuell aufgerufene) bezeichnet.<br />
Wenn A2 sich außerhalb der Reaktionsreichweite, beschrieben durch den Radius von A1<br />
+ den Radius von A2, von A1 befindet, so wird mit Hilfe der Masse, Ladung <strong>und</strong> Distanz<br />
zu A2 für A1 ein Impuls nach der Coulombschen Formel aus Kapitel 3.3 errechnet. Für A2<br />
ist es nicht nötig, den Impuls an dieser Stelle zu errechnen, da A2 beim weiteren<br />
Aufrufen der <strong>Atom</strong>e auch noch zum aufrufenden <strong>Atom</strong> wird.<br />
Wenn sich A2 jedoch in der Reaktionsreichweite von A1 befindet <strong>und</strong> noch dazu<br />
ungeb<strong>und</strong>en ist, so wird nun überprüft, ob die beiden <strong>Atom</strong>e über passende<br />
Oxidationszahlen verfügen. Damit eine Bindung entstehen kann, müssen die<br />
Oxidationszahlen gleich, aber ihre Vorzeichen unterschiedlich sein, es sei denn, die<br />
Bindung erfolgt zwischen zwei gleichen <strong>Atom</strong>en. Desweiteren darf bei Subtraktion der<br />
Oxidationszahlen die Zahl der Valenzelektronen (VElektron) nicht unter 0 <strong>und</strong> nicht über<br />
8 steigen. Wenn es keine Übereinstimmung der Oxidationszahlen gibt, geht der Aufruf<br />
der <strong>Atom</strong>e durch das <strong>Atom</strong> A1 weiter.<br />
Wenn eine Übereinstimmung hinsichtlich der Oxidationszahlen gef<strong>und</strong>en wird, wird damit<br />
fortgesetzt, dass in den Bindungsregistern beider <strong>Atom</strong>e nach freien Bindungsstellen<br />
gesucht wird. In die freien Stellen wird nun die Identifikationsnummer (ID) des jeweils<br />
anderen <strong>Atom</strong>s, die Zahl der getauschten Ladungen (e⁻), die gleich mit der Zahl der<br />
Valenzelektronen verrechnet wird, <strong>und</strong> die Polarität der Bindung (ΔEN) eingetragen. Der<br />
vierte Wert, der eingetragen wird, ist die Energie, die benötigt wird, um die Bindung zu<br />
lösen. Diese Energie hängt von der Coulombschen Kraft zwischen den beiden <strong>Atom</strong>en ab.<br />
Zur Berechnung der Kraft werden die Ladungen der <strong>Atom</strong>e verwendet. Diese befindet<br />
sich, wie schon in Abbildung 5 dargestellt, im Schnittvolumen der Orbitale. Um jedoch<br />
den Zusammenhang zwischen Coulomb-Kraft <strong>und</strong> Energie komplett zu erklären, muss ich<br />
kurz auf die Brownsche Zufallsbewegung eingehen.<br />
Der Botaniker Robert Brown (1773 – 1858) beobachtete 1827 unter dem Mikroskop, dass<br />
Pollen in einem Wassertropfen zufällig zuckten. Dieses Phänomen wird als Brownsche<br />
Zufallsbewegung bezeichnet. Das Zucken der Pollen kommt dadurch zustande, dass die<br />
Teilchen des Wassertropfens entsprechend ihrer Energie (z.B. Temperatur) schwingen<br />
<strong>und</strong> somit gegen den Pollen stoßen. Diese Schwingung erfolgt in alle Raumrichtungen<br />
zufällig <strong>und</strong> lässt sich durch das 1860 aufgestellte statistische Modell von Maxwell<br />
beschreiben. Leider ist es mir bis jetzt nicht gelungen, dieses Modell in meine Simulation<br />
zu integrieren, da diesmal ein statistisches Modell ein Teilchen beschreiben soll, dass<br />
tatsächlich, anders als die Elektronen, dargestellt wird. Deswegen habe ich mir vorerst<br />
meine eigene Formel für eine Zufallsbewegung hergeleitet:<br />
Nach der klassischen Mechanik ist Energie (E) gleich Strecke (S) multipliziert mit Kraft<br />
(F).<br />
9
Das Problem ist, dass bei dieser Formel nur die Energie des Reaktionsvolumens bekannt<br />
ist. Das Problem der zwei Unbekannten lässt sich jedoch lösen, wenn man die Größe S<br />
weiter aufschlüsselt in Beschleunigung (a) mal Zeit (t) zum Quadrat multipliziert mit ein<br />
Halb. Die Beschleunigung errechnet sich aus Kraft durch Masse (m):<br />
Nach dieser Aufschlüsselung kann man nun in die Formel der Energie einsetzen:<br />
Jetzt befindet sich nur noch eine Unbekannte in der Gleichung, da Energie, Masse des zu<br />
beschleunigenden <strong>Atom</strong>s <strong>und</strong> Zeitfaktor der Simulation bekannt sind. Nach der letzten<br />
Unbekannten F aufgelöst, ergibt sich:<br />
Nun kann F errechnet <strong>und</strong> anschließend in die Formel der Beschleunigung eingesetzt<br />
werden. Verrechnet man diese noch mit einem zufälligen Vektor, so erhält man eine<br />
logische Zufallsbewegung eines Teilchens im Vakuum.<br />
Wenn all diese Werte errechnet <strong>und</strong> eingetragen sind, wird, wenn beide <strong>Atom</strong>e<br />
ungeb<strong>und</strong>en sind, ein Molekül erstellt, in dessen Register die <strong>Atom</strong>e A1 <strong>und</strong> A2<br />
eingetragen werden. Sollte sich eines der Moleküle in <strong>einer</strong> Bindung befinden, so wird das<br />
jeweils andere dem Molekül hinzugefügt. Sollten sich beide bereits in <strong>einer</strong> Bindung<br />
befinden, so werden die Moleküle vereinigt, wobei das Register des einen vom anderen<br />
übernommen wird.<br />
Die folgenden Abläufe sind nicht mehr in der Grafik enthalten<br />
Nachdem die Aktionen von A1 gegenüber allen anderen <strong>Atom</strong>e errechnet <strong>und</strong> bestimmt<br />
wurden, wird der Ladungszustand von A1 auf Korrelation mit den Oxidationszahlen<br />
überprüft. Stimmt der Ladungszustand von A1 mit <strong>einer</strong> Oxidationszahl überein, so fährt<br />
das Programm damit fort, die Ladung des <strong>Atom</strong>s zu berechnen. Sollte jedoch keine<br />
Übereinstimmung vorhanden sein, wird die Differenz zur nächsten Oxidationszahl<br />
berechnet. Danach geht das Programm alle Bindungen des <strong>Atom</strong>s erneut durch <strong>und</strong><br />
versucht durch weiteren Elektronenaustausch mit den verb<strong>und</strong>enen <strong>Atom</strong>en den<br />
Ladungszustand der nächsten Oxidationszahl zu erreichen. Der Elektronenaustausch<br />
kann nur mit <strong>Atom</strong>en stattfinden, die noch nicht einen Ladungszustand besitzen, der<br />
<strong>einer</strong> ihrer Oxidationszahlen entspricht. Wenn keine andere Möglichkeit bleibt, wird die<br />
Bindung zu einem anderen <strong>Atom</strong> getrennt.<br />
Die Bewegung eines <strong>Atom</strong>s wird aus der Summe der Brownschen-Kraft <strong>und</strong> der Coulomb-<br />
Kraft über die Masse errechnet. Sollte ein <strong>Atom</strong> Teil eines Moleküls sein, so wird dieser<br />
Impuls auf das Molekül übertragen. Aus der Summe aller auf das Molekül wirkenden<br />
Kräfte <strong>und</strong> der Masse des Moleküls ergibt sich dann eine globale Bewegung, die auf alle<br />
<strong>Atom</strong>e des Moleküls übertragen wird.<br />
10
4.4 Zusammenhang zwischen der Ladung <strong>und</strong> den Bindungen in der Simulation<br />
<strong>Atom</strong> 1<br />
Ladung<br />
VElektron<br />
en<br />
NElektron<br />
en<br />
Bindung<br />
Erläuterung der Grafik:<br />
Register<br />
Multiplikation<br />
Differenz<br />
Alle Bindungen Null?<br />
Ladung eines<br />
Elektrons<br />
Prozentuale Ladung<br />
PIC-Tabelle<br />
Die Grafik beschreibt den genauen Zusammenhang zwischen der Ladung eines <strong>Atom</strong>s<br />
<strong>und</strong> seinen Bindungen. Dabei habe ich in die obige Darstellung nicht alle in der Grafik<br />
unter Ziff. 4.3 aufgeführten Eigenschaften des <strong>Atom</strong>s aufgenommen, sondern nur solche,<br />
die zur Erklärung des Vorgangs notwendig sind.<br />
Zuerst geht das Programm alle Bindungen des <strong>Atom</strong>s durch <strong>und</strong> ermittelt den Schnitt der<br />
verschiedenen Elektronegativitäten der Bindungen. Dieser Schnittwert wird nun in <strong>einer</strong><br />
Tabelle, in der alle prozentualen Ladungen für alle Elektronegativitäten zu finden sind,<br />
gesucht. Der passende Wert gibt die prozentuale Ladung des <strong>Atom</strong>s an.<br />
Um zu ermitteln, wie viele Elektronen insgesamt zum <strong>Atom</strong> hinzugekommen oder<br />
entfernt wurden, wird die Differenz über die aktuelle Anzahl an Valenzelektronen <strong>und</strong> die<br />
ursprüngliche Anzahl an Valenzelektronen gebildet.<br />
Zur Feststellung der Gesamtladung des <strong>Atom</strong>s werden die prozentuale Ladung <strong>und</strong> die<br />
Elektronendifferenz mit der konstanten Ladung eines Elektrons (ca. -1,602*10^-19 C)<br />
multipliziert. Das Ergebnis gibt die statistische Ladung des <strong>Atom</strong>s in Coulomb an <strong>und</strong> wird<br />
in die Variable der Ladung des <strong>Atom</strong>s eingetragen.<br />
Sollte es sich bei dem <strong>Atom</strong> um ein freies Ion handeln, so wird es zwar einen<br />
Elektronenunterschied, aber keine prozentuale Ladung haben. In diesem Sonderfall<br />
erkennt das Programm, dass es sich bei dem <strong>Atom</strong> um ein Ion handelt <strong>und</strong> grenzt den<br />
Faktor der prozentualen Ladung von der Berechnung der Ladung des <strong>Atom</strong>s aus.<br />
Dieser Vorgang wird bei jedem Aufruf eines <strong>Atom</strong>s durchgeführt, um die Ladung des<br />
<strong>Atom</strong>s immer auf dem aktuellen Stand zu halten.<br />
Nein<br />
Bindung 1 Bindung 2 Bindung 3 Bindung 4<br />
ΔEN ΔEN<br />
Schnitt<br />
ΔEN ΔEN<br />
11
4.5 Berechnung räumlicher Strukturen mittels Hillclimbing-Verfahrens<br />
Ein besonders großes Problem der Simulation war die Ausrichtung <strong>und</strong> Struktur von<br />
Molekülen. Ein Gr<strong>und</strong>satz der Elektrodynamik ist, dass sich gleiche Ladungen abstoßen.<br />
Demnach nehmen die Elektronen eines <strong>Atom</strong>s den größtmöglichen Abstand zueinander<br />
ein. Dies führt zu <strong>einer</strong> Verschiebung der Orbitale <strong>und</strong> damit auch zu <strong>einer</strong> Verschiebung<br />
der an sie geb<strong>und</strong>enen <strong>Atom</strong>e. Da in m<strong>einer</strong> Simulation nur vier Bindungen pro <strong>Atom</strong><br />
möglich sind, wäre demnach die optimale Verteilungsform ein Tetraeder. Anfangs<br />
verfolgte ich die Idee, die Positionen der <strong>Atom</strong>e mittels Winkelfunktionen zu bestimmen.<br />
Hierzu wollte ich den Mittelpunkt <strong>und</strong> einen weiteren Punkt (bestimmt durch ein<br />
angeb<strong>und</strong>enes <strong>Atom</strong>) als Ausgangspunkt für die Berechnung weiterer Punkte nutzen. In<br />
der Theorie funktioniert diese Methode, allerdings stellte sich beim Schreiben eines<br />
Testprogramms ziemlich schnell heraus, dass der Aufwand, diese Lösung zum<br />
Funktionieren zu bringen, sich nicht lohnen würde, da so ein spezielles Konstrukt eine<br />
mögliche Rotation von Molekülen noch erschweren würde.<br />
Das Verfahren des Hillclimbings bietet sich an dieser Stelle an, da es logisch auf der<br />
Zufallsbewegung der <strong>Atom</strong>e aufbaut <strong>und</strong> mit weiteren Kräften verrechnet werden kann,<br />
sodass eine logische Gesamtausrichtung erfolgt.<br />
Das Hillclimbing ist ein Verfahren, bei dem durch Versuch <strong>und</strong> Irrtum versucht wird, das<br />
Maximum <strong>einer</strong> mathematischen Funktion zu finden. Hier wird eine Funktion maximiert,<br />
die sicherstellt, dass die <strong>Atom</strong>e einen bestimmten Abstand zu ihren Nachbarn einhalten<br />
<strong>und</strong> zugleich der Abstand zu den Nachbarn der Nachbarn möglichst groß wird. Dazu habe<br />
ich eine Funktion aufgestellt, die aus den Quadraten der Distanzen eines <strong>Atom</strong>s zu den<br />
Nachbarn s<strong>einer</strong> Nachbarn <strong>und</strong> den Distanzen zu seinen direkten Nachbarn besteht. Der<br />
letzte Faktor ist wichtig, da die <strong>Atom</strong>e eigentlich eine feste Distanz zueinander besitzen<br />
<strong>und</strong> diese möglichst eingehalten werden muss. Demnach geht die Differenz der<br />
Idealdistanz <strong>und</strong> der tatsächlichen Distanz als Negativfaktor in die Rechnung ein. Dieser<br />
Negativfaktor muss stark gewichtet werden, da die Einhaltung der Distanz der direkten<br />
Nachbarn wesentlich wichtiger ist als die optimale Distanz zu den weiteren <strong>Atom</strong>en.<br />
Um nun den nächsten Zustand zu ermitteln, wird als erstes der aktuelle Zustand mit<br />
folgender Formel bewertet:<br />
Kurze Erläuterung:<br />
B ist der aktuelle Funktionswert. Der erste Teil der Formel bestimmt die Summe der<br />
Quadrate der Distanzen zu den Nachbarn der Nachbarn. Dabei ist n die Anzahl der<br />
unmittelbaren Nachbarn des aktuell betrachteten <strong>Atom</strong>s a. Jeder dieser Nachbarn hat<br />
wiederum mi Nachbarn (<strong>einer</strong> davon ist a selbst). Die Funktion d bestimmt dabei die<br />
Distanz zweier <strong>Atom</strong>e. Der zweite Teil der Formel bestimmt die Summe der Quadrate der<br />
Abweichungen der Entfernungen zu den direkten Nachbarn von der Idealdistanz,<br />
bestimmt durch die Summe der Radien von a <strong>und</strong> dem jeweiligen Nachbaratom i. Da<br />
diese Summe möglichst klein <strong>und</strong> der Abstand zu den Nachbarn der Nachbarn hingegen<br />
möglichst groß sein soll, wird sie negativ <strong>und</strong> sehr stark (aktuell bewährt sich ein Wert<br />
von 200) gewichtet.<br />
12
Nachdem nun B für den Zeitpunkt vor der Verschiebung ermittelt wurde, wird nun das<br />
<strong>Atom</strong> entlang eines, wie oben beschrieben, zufällig errechneten Vektors verschoben.<br />
Dann wird B erneut berechnet. Wenn nun der neuere Wert gleich oder größer als der alte<br />
ist, wird die Verschiebung angenommen <strong>und</strong> das Programm fährt fort. Ist der Wert<br />
jedoch kl<strong>einer</strong>, wird die Verschiebung rückgängig gemacht. Da der letztere Fall<br />
wesentlich häufiger vorkommt als der erste, wird dieser Vorgang in <strong>einer</strong> Schleife<br />
ausgeführt, die x-mal die zufällige Verschiebung errechnet <strong>und</strong> testet. Sobald ein<br />
besseres Ergebnis erreicht wird, wird die Schleife abgebrochen, oder, wenn die Zahl x<br />
erreicht wurde.<br />
4.6 Thermodynamik<br />
Eine weitere Funktion der Simulation ist die Berechnung der Thermodynamik <strong>einer</strong><br />
Reaktion. Diese Funktion kann die Energetik von Reaktionen auch ohne empirische Werte<br />
ermitteln <strong>und</strong> damit endlich komplexe Reaktionswege errechnen. Hierzu wird in der<br />
Simulation eine Anfangsenergie festgelegt, die gleichmäßig auf alle <strong>Atom</strong>e der Simulation<br />
verteilt <strong>und</strong> somit in kinetische Energie umgewandelt wird. Für die Berechnung der<br />
Reaktionsenergie werden zwei Gleichungen verwendet:<br />
� Die Gibbs-Helmholtz-Gleichung „ “ beschreibt die bei <strong>einer</strong> Reaktion<br />
umgesetzte Energie (ΔG). Diese wird bestimmt durch die Enthalpie der Reaktion<br />
(ΔH), die Temperatur (T) <strong>und</strong> die Entropie (ΔS), die Ordnung der Reaktion.<br />
Temperatur <strong>und</strong> Ordnung <strong>einer</strong> Reaktion sind bereits bekannt, da sie entweder<br />
beim Programmstart gesetzt wurden, oder durch die Art der<br />
Reaktion(Fusion/Spaltung) definiert sind. Die Enthalpie <strong>einer</strong> Reaktion zu<br />
bestimmen erweist sich als schwieriger, da es für diesen Wert hauptsächlich<br />
Tabellen gibt, die die Enthalpie einzelner Moleküle bestimmen. Da diese<br />
Informationen jedoch viel zu spezifisch sind, habe ich nach <strong>einer</strong> Gleichung<br />
gesucht, mit der die Energie eines Systems bestimmt werden kann, da sich aus<br />
der Energien des Systems vor <strong>und</strong> nach der Reaktion die Enthalpie der Reaktion<br />
bestimmt ( )<br />
� Die allgemeine Gasgleichung „ “ soll das Problem der unspezifischen<br />
Enthalpie lösen. Man kann mit ihr zwar nicht direkt Energie errechnen, aber Druck<br />
<strong>und</strong> Druck ist Kraft, die auf Teilchen wirkt <strong>und</strong> damit umformbar in Energie. Die<br />
Gleichung muss nach Druck aufgelöst werden, da Volumen (V), Teilchenmenge<br />
(n), allgemeine Gaskonstante (R) <strong>und</strong> Temperatur gegeben sind. Mit der<br />
umgeformten Formel „<br />
“ kann nun der Druck vor <strong>und</strong> nach der Reaktion<br />
bestimmt werden. Die Differenz der beiden Drücke (Δp) wird als Kraft, die auf<br />
einen Quadratmeter wirkt, betrachtet (ΔF), diese wird mit der Gleichung aus<br />
Kapitel 4.3 in Energie umgerechnet. Das Ergebnis repräsentiert die Enthalpie (ΔH).<br />
Nun wird die gesamte Reaktionsenergie mittels Gibbs-Helmholtz-Gleichung<br />
errechnet <strong>und</strong> das Ergebnis als kinetische Energie auf die an der Reaktion<br />
beteiligten Teilchen übertragen.<br />
5 Testreihe<br />
Um die Zuverlässigkeit der Simulation zu diesem Zeitpunkt zu testen, habe ich einige<br />
Tests durchgeführt. Es gibt zwei Versuche, die jeweils zwanzigmal durchgeführt wurden:<br />
13
1. Der Exotenversuch: Bei diesem Versuch werden Wasserstoff, Sauerstoff <strong>und</strong><br />
Magnesium in zufälliger Konzentration in das Reaktionsvolumen gegeben. Ziel ist<br />
es festzustellen, ob sich Moleküle bilden, die in der Natur nicht existieren können.<br />
2. Der Verteilungsversuch: Bei diesem Versuch wird ein Methan-Molekül (CH₄) in<br />
<strong>einer</strong> nicht-optimalen Form erstellt. Die Wasserstoffatome sollen sich anschließend<br />
möglichst optimal verteilen. Ziel ist es, mögliche Fehler im Hillclimbing zu erfassen<br />
<strong>und</strong> deren Ursachen zu beheben. Jeder Durchlauf wird nach ca. 30 Sek<strong>und</strong>en<br />
beendet <strong>und</strong> dann das Ergebnis bewertet.<br />
5.1 Ergebnis von Versuch 1 – Korrektheit der Bindungslogik<br />
Die Bindungslogik ist mittlerweile so ausgereift, dass sich keine unmöglichen Moleküle<br />
mehr bilden, wie es in Vorgängerversionen noch der Fall gewesen ist. Die Simulation<br />
ermittelt zuverlässig korrekte Elektronenkonfigurationen für <strong>Atom</strong>e <strong>und</strong> trennt Bindungen<br />
wieder, wenn keine Lösung gef<strong>und</strong>en werden kann.<br />
5.2 Ergebnis von Versuch 2 – Genauigkeit des Hillclimbings<br />
34,5<br />
34<br />
33,5<br />
33<br />
32,5<br />
32<br />
31,5<br />
31<br />
Der obige Graph zeigt die Abstände der Wasserstoffatome zu den anderen<br />
Wasserstoffatomen im Methan. Zwischen der größten <strong>und</strong> der niedrigsten Summe der<br />
Distanzen gibt es eine Varianz von ca. 15pm in den meisten Fällen. Das bedeutet zwar,<br />
dass der optimale Zustand noch nicht erreicht ist. Allerdings bewegt sich diese Varianz in<br />
einem akzeptablen Bereich, da sie kl<strong>einer</strong> ist als die Hälfte des Radius’ eines<br />
Wasserstoffatoms, dem kleinsten <strong>Atom</strong>. Diese Fehler in der Verteilung rühren vermutlich<br />
von der Endgültigkeit des Hillclimbings her, da teilweise erst ein geringerer Wert in Kauf<br />
genommen werden müsste, um einen noch höheren Wert zu erreichen. Das gelegentliche<br />
Zulassen <strong>einer</strong> Verschlechterung der Bewertung könnte das Problem vielleicht lösen.<br />
6 Fazit<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20<br />
Das Programm stellt eine Annäherung an die Gr<strong>und</strong>aspekte <strong>einer</strong> chemischen Bindung<br />
dar. Auch wenn noch einiges fehlt, ist der vorhandene Teil zuverlässig darin, korrekte<br />
Ergebnisse auf dynamischem Weg zu erzeugen. Es wird noch einiges an Arbeit brauchen,<br />
bis dieses Programm bereit ist, die komplexe Biochemie zu simulieren. Die größte<br />
Schwierigkeit bei diesem Projekt ist, Material zu dem Thema zu finden, das nicht die<br />
Regeln der Makro-Chemie beschreibt, sondern die Interaktionen von <strong>Atom</strong>en <strong>und</strong> das<br />
Zusammensetzen des Materials in einem informatisch-mathematischen Konstrukt, dessen<br />
Ergebnisse sich mit den gemachten Beobachtungen decken <strong>und</strong> diese auf logischem Weg<br />
erzeugen.<br />
14<br />
<strong>Atom</strong> 1<br />
<strong>Atom</strong> 2<br />
<strong>Atom</strong> 3<br />
<strong>Atom</strong> 4
Abbildung 7 Ein Screenshot der Simulation auf ihrem aktuellen Stand, zu sehen ist ein<br />
Methan-Molekül im Reaktionsvolumen.<br />
7 Quellen<br />
Inhaltsnachweis<br />
Kapitel Quelle<br />
2 http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Atom</strong><br />
2.1 http://de.wikipedia.org/wiki/Rutherford-Streuung<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Rutherfordsches_<strong>Atom</strong>modell<br />
2.2 http://de.wikipedia.org/wiki/Bohrsches_<strong>Atom</strong>modell<br />
2.3 http://de.wikipedia.org/wiki/Orbital<br />
3.1 http://www.schule-studium.de/Chemie/Bohrsche_Molekuelbindung.html<br />
3.3 http://de.wikipedia.org/wiki/Coulombsches_Gesetz<br />
4.3 http://de.wikipedia.org/wiki/Brownsche_Bewegung<br />
Quelle der Formeln der Mechanik: „Das große Tafelwerk“, Cornelsen 1. Auflage, 2009<br />
Hintergr<strong>und</strong>wissen: „elemente chemie II“, Ernst Klett Verlag, 1. Auflage, 2009<br />
Bildnachweis<br />
[1] http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c3/Rutherford_gold_<br />
foil_experiment_results.svg/302px-Rutherford_gold_foil_experiment_<br />
results.svg.png<br />
[2] http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7d/Rutherfordsches_<br />
<strong>Atom</strong>modell.png<br />
[3] http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/5/55/Bohr-atom-<br />
PAR.svg/310px-Bohr-atom-PAR.svg.png<br />
[4] http://www.sophistica.org/data/160/orbitale.gif<br />
[5] http://www.zum.de/Faecher/Materialien/beck/chemkurs/bilder/forb.gif<br />
[6] http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/66/Porbital.png/189px-<br />
Porbital.png<br />
Nicht gekennzeichnete Grafiken sind selbst erzeugt/generiert<br />
15