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Schneemassen en gros Lust auf Farbgestaltung - Leipziger ...

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10<br />

Rückmarsdorf<br />

Stadt Leipzig<br />

Die Sp<strong>en</strong>de wurde zu kostspielig<br />

Einst vor der Stadt – heute ein Teil von Leipzig<br />

Wohl kaum ein <strong>Leipziger</strong> Stadtteil hat sein<br />

Gesicht seit der W<strong>en</strong>de so verändert wie<br />

Rückmarsdorf: Hier vor d<strong>en</strong> Tor<strong>en</strong> der Stadt<br />

brach die Marktwirtschaft schnell und mit<br />

voller Wucht herein, so dass die einstige<br />

Landgemeinde heute ein knallbuntes Durcheinander<br />

diverser Gewerbefläch<strong>en</strong>, Werbetafeln<br />

und städtischer Neubaut<strong>en</strong> vermittelt.<br />

Auf <strong>en</strong>gem Raum arbeit<strong>en</strong> hier über 300<br />

Firm<strong>en</strong>. Wer alte Struktur<strong>en</strong> sucht, muss<br />

sie hinter der neu<strong>en</strong> „Fassade“ erst einmal<br />

find<strong>en</strong>.<br />

Da war es beim Ostzug vor rund eintaus<strong>en</strong>d<br />

Jahr<strong>en</strong>, als deutsche Siedler von Merseburg<br />

aus über die bisherige Saalegr<strong>en</strong>ze in<br />

der Geg<strong>en</strong>d ansässig wurd<strong>en</strong>, doch ruhiger<br />

zugegang<strong>en</strong>. An der Spitze eines Siedlungszuges<br />

pflegte ein „Lokator“ zu steh<strong>en</strong>, der<br />

d<strong>en</strong> Treck organisierte, vor Ort dann die<br />

Länderei<strong>en</strong> <strong>auf</strong>teilte und zumeist auch das<br />

Amt des Dorfschulz<strong>en</strong> übernahm. Hier war<br />

es nun ein Mann nam<strong>en</strong>s „Ricmar“ oder<br />

„Ricmer“, der dem Ort schließlich auch d<strong>en</strong><br />

Nam<strong>en</strong> gab, d<strong>en</strong>n als „Rigÿmarsdorf“ wurde<br />

die Ansiedlung 1250 erstmals urkundlich<br />

erwähnt.<br />

Zu dieser Zeit zählte sie etwa 250 Bewohner.<br />

Neb<strong>en</strong> Nachbarort<strong>en</strong> wie Böhlitz, Gundorf<br />

und Burghaus<strong>en</strong> gehörte sie zu d<strong>en</strong> sog<strong>en</strong>annt<strong>en</strong><br />

Abtei- oder Küch<strong>en</strong>dörfern, die u. a.<br />

für das leibliche Wohl des Merseburger Klosters<br />

zu sorg<strong>en</strong> hatt<strong>en</strong>.<br />

An der landwirtschaftlich<strong>en</strong> Struktur und<br />

d<strong>en</strong> Einwohnerzahlt<strong>en</strong> sollte sich auch in<br />

d<strong>en</strong> folg<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Jahrhundert<strong>en</strong> w<strong>en</strong>ig ändern.<br />

Erst 1871 überschritt die Einwohnerzahl 300<br />

Person<strong>en</strong>. Dabei hatte die große Politik das<br />

Dorf in der Vergang<strong>en</strong>heit nicht ungeschor<strong>en</strong><br />

Eine Ballung von Gewerbefläch<strong>en</strong> – das ist der erste Eindruck, d<strong>en</strong> der<br />

Durchreis<strong>en</strong>de von Rückmarsdorf erhält (Bild links).<br />

Auch der Elster-Saale-Kanal, der Leipzig mit der „groß<strong>en</strong> Welt“ verbind<strong>en</strong><br />

sollte, prägt das Bild des Ortes. Der Bau begann im November 1933 und<br />

wurde infolge des Weltkrieges 1942 eingestellt (Bild Mitte).<br />

Das schmucke Rückmarsdorfer Rathaus <strong>en</strong>tstand in d<strong>en</strong> 20er Jahr<strong>en</strong> des<br />

vorig<strong>en</strong> Jahrhunderts nach d<strong>en</strong> Plän<strong>en</strong> des Architekt<strong>en</strong> Arthur Carin (Bild<br />

rechts).<br />

Noch ländlich geprägt: Rückmarsdorf in der erst<strong>en</strong><br />

Hälfte des vorig<strong>en</strong> Jahrhunderts.<br />

gelass<strong>en</strong>: Kampfhandlung<strong>en</strong> und Brände<br />

währ<strong>en</strong>d des 30-jährig<strong>en</strong> Krieges sowie die<br />

Pest dezimiert<strong>en</strong> die Bevölkerung <strong>auf</strong> 150<br />

Bewohner und ließ<strong>en</strong> derart große Zerstörung<br />

zurück, dass es über hundert Jahre<br />

dauerte, ehe sich Rückmarsdorf einigermaß<strong>en</strong><br />

erholte. Glimpflicher kam der Ort<br />

währ<strong>en</strong>d der Völkerschlacht davon.<br />

Der Bau der Eis<strong>en</strong>bahnstrecke Leipzig-Großkorbetha<br />

1856, die über Rückmarsdorfer<br />

Flur führte, signalisierte d<strong>en</strong> Wandel zum<br />

Industriezeitalter. Aber es sollte noch 50<br />

Jahre dauern, ehe der Ort ein<strong>en</strong> eig<strong>en</strong><strong>en</strong><br />

Person<strong>en</strong>- und Güterbahnhof mit Verladerampe,<br />

Lagerhalle, Stellwerk und insgesamt<br />

sechs Gleis<strong>en</strong> erhielt. Inzwisch<strong>en</strong> gab es<br />

nun auch schon mehrere größere Betriebe<br />

am Ort, so unter anderem zwei Maschin<strong>en</strong>fabrik<strong>en</strong>,<br />

eine Farb<strong>en</strong>fabrik, Klavier- und<br />

Kinderwag<strong>en</strong>bauer. Außerdem <strong>en</strong>tstand<strong>en</strong><br />

mehrere Sandgrub<strong>en</strong>, die Baumaterial für<br />

Leipzig fördert<strong>en</strong>. Neb<strong>en</strong> Bauerngehöft<strong>en</strong><br />

dominiert<strong>en</strong> nun auch zahlreiche Wohngebäude<br />

<strong>en</strong>tlang der Merseburger Straße und<br />

in ander<strong>en</strong> Ortsteil<strong>en</strong>. Zunehm<strong>en</strong>d <strong>en</strong>twickelte<br />

sich Rückmarsdorf zum industriell<strong>en</strong><br />

Leb<strong>en</strong> & wohn<strong>en</strong><br />

Vorort – zahlreiche Einwohner p<strong>en</strong>delt<strong>en</strong><br />

zur Arbeit nach Leipzig. 1913 begann der<br />

Bau eines eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Wasserwerkes, zwisch<strong>en</strong><br />

1911 und 1920 erhielt der Ort elektrisch<strong>en</strong><br />

Strom. D<strong>en</strong> Wandel zeigte auch der Bau<br />

eines neu<strong>en</strong> Rathauses <strong>auf</strong> dem Sandberg,<br />

das 1928 <strong>en</strong>tstand.<br />

Zu d<strong>en</strong> Kuriosität<strong>en</strong> der Ortsgeschichte<br />

gehört die so g<strong>en</strong>annte „Rückmarsdorfer<br />

Sp<strong>en</strong>de“: 1508 verunglückte ein Fräulein<br />

von Brand<strong>en</strong>stein währ<strong>en</strong>d einer Reise<br />

und wurde im Dorf gesund gepflegt. Als<br />

Dank erhielt<strong>en</strong> die Bauern 72 Acker Wald,<br />

allerdings mit der Auflage, jährlich eine<br />

Arm<strong>en</strong>speisung zu veranstalt<strong>en</strong>. Die Bedürftig<strong>en</strong><br />

erhielt<strong>en</strong> je ein<strong>en</strong> Teller Brühe,<br />

ein Stück Brot und eine halbe Kanne Bier.<br />

Außerdem musste ein Ochse geschlachtet<br />

und unter ihn<strong>en</strong> verteilt werd<strong>en</strong>.<br />

Da aber die Armut nicht <strong>auf</strong>hörte und mitunter<br />

bis zu 700 Person<strong>en</strong> aus all<strong>en</strong> Himmelsrichtung<strong>en</strong><br />

kam<strong>en</strong>, gab es unter d<strong>en</strong><br />

Gemeindemitgliedern als Kost<strong>en</strong>träger l<strong>auf</strong><strong>en</strong>d<br />

Streiterei und sogar Prozesse. Ab 1842<br />

ließ man deshalb die Arm<strong>en</strong> ungespeist<br />

und verwandte das Geld für gemeinnützige<br />

Zwecke, so d<strong>en</strong> Ausbau der Schule.<br />

Seit dem 1. Januar 2000 gehört Rückmarsdorf<br />

zur Stadt Leipzig. Eine Entwicklung mit<br />

Umweg<strong>en</strong>, d<strong>en</strong>n zunächst hatte sich der Ort<br />

1994 gemeinsam mit Burghaus<strong>en</strong>, Dölzig,<br />

Kleinlieb<strong>en</strong>au und Pristeblich zur Großgemeinde<br />

„Bi<strong>en</strong>itz“ zusamm<strong>en</strong>geschloss<strong>en</strong>.<br />

Das änderte ein Spruch des Sächsisch<strong>en</strong><br />

Verfassungsgerichtes. Rückmarsdorf und<br />

Burghaus<strong>en</strong> kam<strong>en</strong> zu Leipzig, die ander<strong>en</strong><br />

Gemeind<strong>en</strong> zu Schkeuditz. s<br />

hans-JoachiM hoffMann<br />

wohnzeit 2 /2010

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