Aufsätze - PRuF
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<strong>Aufsätze</strong> Alexandra Bäcker – Das Problem der „Listenorientierung“ des Finanzierungsanspruchs politischer Parteien MIP 2011 17. Jhrg.<br />
gültigen Erststimmen dieses Wahlkreises verlangt<br />
werden“ 9 .<br />
Unabhängig von der rechnerischen Größe eines<br />
Mindeststimmenanteils statuiert § 18 Abs. 4<br />
PartG jedoch weitere Voraussetzungen eines Finanzierungsanspruchs,<br />
die gleichzeitig auch den<br />
Finanzierungsumfang nach Abs. 3 mitbestimmen.<br />
Bei genauerem Hinsehen regelt § 18 Abs. 4<br />
PartG nämlich zwei verschiedene Ansprüche auf<br />
Finanzierung, die exklusiv gelten. Ein normatives<br />
Detail, das bislang in der rechtswissenschaftlichen<br />
Literatur allenfalls beiläufig zur Kenntnis<br />
genommen wird und auch in der bundesverfassungsgerichtlichen<br />
Rechtsprechung noch keine<br />
Rolle spielte.<br />
Politische Parteien können nach § 18 Abs. 4<br />
PartG auf zwei Wegen in den Genuss der staatlichen<br />
Parteienfinanzierung kommen. Sie müssen<br />
sich grundsätzlich jedoch bereits im Vorfeld der<br />
Wahlen für einen der beiden Wege entscheiden:<br />
Die Weichenstellung für den maßgeblichen Parteienfinanzierungsanspruch<br />
erfolgt durch das<br />
Antreten mit eigenen Listen zur Wahl.<br />
1. Die Listen-Regelung<br />
Der Finanzierungsanspruch politischer Parteien<br />
ist seinem Umfang nach wesentlich von dieser<br />
grundsätzlichen „Listenorientierung“ des § 18<br />
PartG geprägt. Nach dem Wortlaut des § 18<br />
Abs. 4 S. 1 PartG sind für die Berechnung des<br />
zur Teilhabe an der staatlichen Parteienfinanzierung<br />
berechtigenden Mindeststimmenanteils die<br />
„für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen“<br />
maßgeblich. Ein Finanzierungsanspruch nach<br />
§ 18 Abs. 4 S. 1 PartG setzt danach schon tatbestandlich<br />
voraus, dass eine Partei (1.) mit einer<br />
Liste zur Wahl angetreten ist und (2.) den festgelegten<br />
Mindeststimmenanteil erreicht. Bei Erreichen<br />
der Mindeststimmenanteile erhalten diese<br />
Parteien dann sowohl den Wählerstimmenanteil<br />
nach § 18 Abs. 3 Nr. 1 PartG als auch den Zuwendungsanteil<br />
nach § 18 Abs. 3 Nr. 3 PartG.<br />
Erreichen Parteien, die mit eigenen Listen zur<br />
Wahl angetreten sind, den erforderlichen Mindeststimmenanteil<br />
nicht, gehen sie leer aus.<br />
9 BVerfGE 24, 300 (343 f.).<br />
8<br />
2. Die Wahlkreis-Regelung<br />
Demgegenüber setzt ein Finanzierungsanspruch<br />
nach § 18 Abs. 4 S. 2 PartG tatbestandlich voraus,<br />
dass eine Partei (1.) nicht mit eigener Liste<br />
zur Wahl angetreten ist. Dies ergibt sich aus dem<br />
in Bezug genommenen § 18 Abs. 3 Nr. 2 PartG,<br />
dessen Anwendungsbereich seinem Wortlaut<br />
nach auf die Fälle beschränkt ist, dass „eine Liste<br />
für diese Partei nicht zugelassen war“. Zudem<br />
muss die Partei (2.) den festgelegten Mindeststimmenanteil<br />
von 10% der abgegebenen gültigen<br />
Stimmen in einem Wahlkreis erreicht haben.<br />
Dann erhält sie nach § 18 Abs. 4 S. 2 PartG den<br />
Wählerstimmenanteil nach § 18 Abs. 3 Nr. 2<br />
PartG – und nur diesen! Der Finanzierungsanspruch<br />
entsteht dann für alle in dem betreffenden<br />
Wahlkreis abgegebenen Stimmen; andere Wahlkreise,<br />
in denen das Quorum von 10% nicht erreicht<br />
wurde, bleiben jedoch unberücksichtigt10 .<br />
Mit anderen Worten: Solche politischen Parteien,<br />
die sich an einer Wahl ohne eigene Listen,<br />
aber mit einem oder mehreren Wahlkreisbewerbern<br />
beteiligen, bleibt der Zuwendungsanteil<br />
vorenthalten und der – angesichts des erreichten<br />
Mindeststimmenteils von 10% nicht unbedeutende,<br />
allerdings regional begrenzte – Wahlerfolg<br />
wird durch den Wählerstimmenanteil ausschließlich<br />
für den erfolgreichen Direktkandidaten honoriert.<br />
Auf den ersten Blick entsteht hier der Eindruck,<br />
dass im Grunde genommen politische Parteien,<br />
ebenso wie die parteiunabhängigen Wahlkreisbewerber<br />
nach den einschlägigen wahlrechtlichen<br />
Regelungen11 , auf eine reine Wahlkampfkostenerstattung<br />
verwiesen sind und nicht an der<br />
grundsätzlich nach § 18 Abs. 1 PartG vorgesehenen<br />
Allgemeinfinanzierung ihrer Tätigkeit ent-<br />
10 Th. Koch, in: Ipsen (Hrsg.), PartG, § 18 Rn. 25. Zur<br />
Normgeschichte s. im Folgenden.<br />
11 Auch Bewerber eines nach Maßgabe der §§ 18 und 20<br />
BWahlG von Wahlberechtigten eingereichten Wahlvorschlages,<br />
die mindestens 10 vom Hundert der in einem<br />
Wahlkreis abgegebenen gültigen Erststimmen erreicht<br />
haben, erhalten je gültige Stimme 2,80 Euro.<br />
Diese Regelung findet sich systematisch richtig im<br />
BWahlG, hier in § 49b. Diese Bewerber unterliegen<br />
keinerlei Offenlegungspflichten bzgl. der Herkunft ihrer<br />
Mittel, insb. der Spenden für den Wahlkampf.