Aufsätze - PRuF
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MIP 2011 17. Jhrg. Alexandra Bäcker – Das Problem der „Listenorientierung“ des Finanzierungsanspruchs politischer Parteien <strong>Aufsätze</strong><br />
Das Problem der „Listenorientierung“<br />
des Finanzierungsanspruchs<br />
politischer Parteien<br />
– Die Auswirkungen des Landtagswahlgesetzes<br />
Baden-Württemberg auf die Anwendung<br />
des § 18 Abs. 3 und 4 PartG –<br />
Dr. Alexandra Bäcker *<br />
I. Einleitung<br />
Nachgegangen wird im Folgenden dem „Problem<br />
der Listenorientierung“ des § 18 PartG.<br />
Dass es ein solches „Problem“ überhaupt gibt,<br />
mag verwundern. Immerhin macht § 18 Abs. 4<br />
PartG schon seit der erstmaligen Verkündung eines<br />
Parteiengesetzes im Jahre 1967 das Entstehen<br />
eines Anspruchs auf Teilhabe an der staatlichen<br />
Parteienfinanzierung im Grundsatz davon<br />
abhängig, dass ein Mindestquorum von Stimmen<br />
erreicht wird, die auf die Listen der zur Wahl antretenden<br />
Parteien abgegeben wurden. Lediglich<br />
sofern Listen nicht zugelassen waren, lässt auch<br />
ein – allerdings deutlich (!) höheres – Mindestquorum<br />
von „in einem Wahl- oder Stimmkreis<br />
abgegebenen Stimmen“ einen Anspruch entstehen.<br />
Noch länger, nämlich seit Inkrafttreten der<br />
Landesverfassung Baden-Württembergs im Jahre<br />
1953, ist in deren Art. 28 Abs. 1 – bis heute<br />
unverändert – festgelegt, dass die Abgeordneten<br />
nach einem Verfahren gewählt werden, das die<br />
Persönlichkeitswahl mit den Grundsätzen der<br />
Verhältniswahl verbindet, mit der Folge, dass<br />
die seither geltenden Landtagswahlgesetze des<br />
Landes Baden-Württemberg eben kein Listenwahlrecht<br />
vorsehen. In den vergangenen 43 Jahren,<br />
in denen beide Regelungen gleichzeitig Geltung<br />
beanspruchten und zur Anwendung gelangten,<br />
scheint es offenbar ein „Problem der Listenorientierung“<br />
des Finanzierungsanspruchs nicht<br />
* Die Verfasserin ist Rechtsanwältin der Anwaltskanzlei<br />
Steffen & Bäcker in Hattingen und wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Institut für Deutsches und Internationales<br />
Parteienrecht und Parteienforschung (<strong>PRuF</strong>).<br />
gegeben zu haben. Dass hier der Schein trügt,<br />
wird bei näherer Betrachtung deutlich.<br />
II. Grundzüge der Parteienfinanzierung nach<br />
§ 18 PartG<br />
In § 18 PartG findet die einfachgesetzliche<br />
Grundentscheidung für eine staatliche Parteienfinanzierung<br />
Ausdruck1 .<br />
Als Schlüsselvorschrift für die Zuweisung der<br />
staatlichen Parteienfinanzierung an die begünstigten<br />
Parteien legt § 18 Abs. 1 PartG sowohl die<br />
Funktion der Parteienfinanzierung (§ 18 Abs. 1<br />
S. 1 PartG) als auch die Bemessungsgrundlage<br />
für die Verteilung der Mittel fest (§ 18 Abs. 1<br />
S. 2 PartG).<br />
Nach § 18 Abs. 1 S. 1 PartG erhalten die Parteien<br />
staatliche Mittel als Teilfinanzierung der allgemein<br />
ihnen nach dem Grundgesetz obliegenden<br />
(zu ergänzen ist: und im Parteiengesetz konkretisierten)<br />
Aufgaben. Die damit in Bezug genommene<br />
Aufgabe der Mitwirkung bei der politischen<br />
Willensbildung des Volkes (Art. 21<br />
Abs. 1 S. 1 GG) wird in § 1 Abs. 2 PartG in einzelnen<br />
Dimensionen näher beschrieben. Danach<br />
ist den Parteien – zusammengefasst – eine zentrale<br />
Vermittlerrolle zwischen Staat und Gesellschaft<br />
zugewiesen. Der Kern der Parteifunktionen<br />
liegt in der Vorformung und Bündelung des<br />
Willens und der Interessen der Bürger sowie<br />
letztlich dessen Vermittlung in die staatliche<br />
Sphäre.<br />
Dabei ist die Entscheidung für eine Teilfinanzierung<br />
als Gewährleistung einer „ordnungsgemäßen“<br />
Aufgabenerfüllung der Parteien – an der<br />
Nahtstelle zwischen Gesellschaft und Staat – zu<br />
verstehen. Dies gebietet einerseits, sie – auch<br />
und vor allem finanziell – nicht in eine zu große<br />
Abhängigkeit vom Staat zu bringen, und andererseits,<br />
ihre Rückkopplung an die Anliegen und<br />
Interessen der Gesellschaft sicherzustellen. Dem<br />
dient zum einen die sog. relative Obergrenze<br />
(§ 18 Abs. 5 PartG), derzufolge der Anteil einer<br />
jeden einzelnen Partei an den staatlichen Mitteln<br />
1 M. Morlok/ J. Krüper/ S. Roßner, Parteienfinanzierung<br />
im demokratischen Rechtsstaat, Gutachten im Auftrag<br />
der Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin 2009, S. 54.<br />
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