08.01.2013 Aufrufe

Aufsätze - PRuF

Aufsätze - PRuF

Aufsätze - PRuF

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Aufsätze</strong> Nikolas R. Dörr – François Mitterrand und der PCF [...] MIP 2011 17. Jhrg.<br />

muss, gehörte der Parti Communiste bei allen<br />

Parlamentswahlen der IV. Republik mit Wahlergebnissen<br />

um 25% der Stimmen zu den erfolgreichsten<br />

Parteien Frankreichs. Auch die Wahlen<br />

der V. Republik zeigten ab 1958 vorerst kontinuierlich<br />

hohe Wahlergebnisse für den PCF, obwohl<br />

die Partei seit ihrem Ausschluss aus der<br />

Regierung 1947 und insbesondere seit den Ereignissen<br />

des Jahres 1956 (Geheimrede Nikita<br />

Chruschtschows über die Verbrechen Stalins auf<br />

dem XX. Parteitag der KPdSU, Niederschlagung<br />

der Aufstände in Ungarn und Polen) in der Bevölkerungsmehrheit<br />

als nicht mehr regierungsfähig<br />

galt. Auf die vereinzelten innerparteilichen<br />

Rufe nach Entstalinisierung ab 1956 reagierte<br />

der PCF in der Folge mit zahlreichen Parteiausschlüssen.<br />

Eine bedeutende Zahl von Intellektuellen<br />

verließ die Partei darüber hinaus vor der<br />

drohenden Exklusion, so beispielsweise mit Emmanuel<br />

Le Roy Ladurie und François Furet zwei<br />

der bedeutendsten Historiker Frankreichs. Ähnlich<br />

verliefen die Reaktionen des PCF-Politbüros<br />

nach vereinzelter Kritik an der Niederschlagung<br />

des Prager Frühlings 1968. 7<br />

III. Die Strategie der rééquilibrage de la gauche<br />

Am 10. Mai 1981 wurde François Mitterrand<br />

(1916-1996) zum ersten sozialistischen Präsidenten<br />

der V. französischen Republik gewählt.<br />

Nach der Ernennung des Sozialisten Pierre Mauroy<br />

zum Premierminister ließ Mitterrand die Nationalversammlung<br />

auflösen und gemäß der Verfassung<br />

Neuwahlen ausschreiben. Dem Parti Socialiste<br />

(PS) gelang ein Erdrutschsieg. Mit nunmehr<br />

266 Parlamentariern hatten die Sozialisten<br />

ihre Fraktion im Vergleich zu den 113 Mandaten<br />

in Folge der Parlamentswahlen vom März 1978<br />

mehr als verdoppelt. Zusammen mit den assoziierten<br />

Linksliberalen des Mouvement des Radicaux<br />

de Gauche (MRG), welcher 14 Abgeordnete<br />

entsenden konnte, hatte der Parti Socialiste<br />

7 Zu den Reaktionen in Folge der Niederschlagung des<br />

Prager Frühlings im PCF vgl.: Maud Bracke, Which<br />

socialism, whose détente. West European Communism<br />

and the Czechoslovak crisis 1968, Budapest, New<br />

York, 2007; Ulrich Pfeil: Sozialismus in den Farben<br />

Frankreichs. SED, PCF und „Prager Frühling“, in:<br />

Deutschland Archiv, Band 34, Nr. 2/2001, S. 235-245.<br />

44<br />

nunmehr eine absolute Mehrheit von beinahe<br />

60% der Parlamentsmandate. Während die Sozialisten<br />

in bislang ungekanntem Maße reüssierten,<br />

stellten die Wahlen zur Assemblée Nationale<br />

am 14. und 21. Juni 1981 eine massive Niederlage<br />

des PCF dar. Hatten die französischen<br />

Kommunisten bei den Parlamentswahlen 1978<br />

noch 86 Mandate erzielen können, kam es drei<br />

Jahre später beinahe zu einer Halbierung der<br />

Fraktion auf nur noch 44 Abgeordnete. Damit<br />

setzte sich ein Trend fort, der bereits seit den<br />

Parlamentswahlen am 12. bzw. 19. März 1973<br />

zu beobachten gewesen war: Der neugegründete<br />

Parti Socialiste unter seinem charismatischen<br />

Ersten Sekretär François Mitterrand schickte<br />

sich an, die jahrzehntelange Vorherrschaft der<br />

Kommunisten auf der französischen Linken zu<br />

brechen. Die „Wiedereroberung des Terrains<br />

durch den Sozialismus“ 8 war seit der Neuorganisation<br />

der Sozialistischen Partei 1971 ein zentrales<br />

Ziel der politischen Strategie Mitterrands gewesen.<br />

Ähnliche Entwicklungen wie bei den Parlamentswahlen<br />

hatten sich zuvor bereits bei den<br />

Präsidentschaftswahlen gezeigt. Noch vor der<br />

Neuorganisation der Sozialisten hatte Jacques<br />

Duclos als Kandidat des PCF 21,27% der abgegebenen<br />

Wählerstimmen im ersten Wahlgang<br />

der Präsidentschaftswahl am 1. Juni 1969 erzielt<br />

und seinen sozialistischen Kontrahenten Gaston<br />

Defferre, der lediglich 5,01% erhielt, damit deutlich<br />

distanziert. 1974 hatte der PCF im Rahmen<br />

der Union de la gauche die Kandidatur François<br />

Mitterrands im ersten und zweiten Wahlgang unterstützt<br />

und daher keinen eigenen Kandidaten<br />

aufgestellt. Nachdem Mitterrand im ersten<br />

Wahlgang am 5. Mai 1974 mit 43,25% der Wählerstimmen<br />

die meisten Stimmen erhielt, verlor<br />

er den zweiten Wahlgang am 19. Mai mit dem<br />

hauchdünnen Rückstand von 1,62 Prozentpunkten<br />

gegenüber dem bürgerlichen Kandidaten<br />

Valéry Giscard d'Estaing. 9 Bei der folgenden<br />

Präsidentschaftswahl erreichte PCF-Generalse-<br />

8 François Mitterrand, Der Sieg der Rose. Meine Aufgaben<br />

und Ziele, Düsseldorf, Wien 1981, S. 67.<br />

9 Zu den französischen Präsidentschaftswahlen 1974 siehe:<br />

Sylvie Colliard, La Campagne présidentielle de<br />

François Mitterrand en 1974, Paris 1979.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!