Aufsätze - PRuF
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<strong>Aufsätze</strong> Stephan Klecha – Minderheitsregierungen und Wahlerfolge MIP 2011 17. Jhrg.<br />
dersachsen jeweils der zweitgeringste Wert zu<br />
messen war. Auffällig ist also, dass Minderheitsregierungen<br />
obere wie untere Extremwerte der<br />
Volatilität nach sich ziehen.<br />
Ferner überdeckt der Pedersenindex die individuelle<br />
Volatilität (Ladner 2004: 105ff). Wegen<br />
der spezifischen Rolle von SPD und Union im<br />
deutschen Parteiensystem bietet es sich an, die<br />
Auswirkungen von Minderheitsregierungen auf<br />
diese beiden Parteien zu fokussieren und danach<br />
zu differenzieren, ob es sich dabei um die Partei<br />
des Ministerpräsidenten oder um die Partei des<br />
Oppositionsführers handelte.<br />
Tabelle 3: Veränderung Stimmenanteile<br />
Wahl Veränderung<br />
Stimmenanteile<br />
Ministerpräsidentenpartei<br />
Veränderung<br />
Stimmenanteile<br />
größte Oppositionspartei<br />
Bund 1969-1972 +3,1% (SPD) -1,2% (CDU)<br />
Hamburg 1982 I-II +8,6% (SPD) -4,6% (CDU)<br />
Hessen 1982-1983 +3,4% (SPD) -6,2 % (CDU)<br />
Hessen 1983-1987 -6,0% (SPD) +2,7% (CDU)<br />
Hamburg 1986-1987 +3,3% (SPD) -1,4% (CDU)<br />
Schleswig-Holstein<br />
1987-1988<br />
-9,3% (CDU) +9,6% (SPD)<br />
Berlin 1989-1990 -6,9% (SPD) +2,7% (CDU)<br />
Nur West-Teil: Nur West-Teil:<br />
-8,2% +11,3%<br />
Niedersachsen 1986-<br />
1990<br />
-2,3% (CDU) +2,1% (SPD)<br />
Brandenburg 1990-<br />
1994<br />
+15,8% (SPD) -10,7% (CDU)<br />
Sachsen-Anhalt<br />
1994-1998<br />
+1,9% (SPD) -12,4% (CDU)<br />
Berlin 1999-2001 +7,3% (SPD) -17,1% (CDU)<br />
Sachsen-Anhalt<br />
1998-2002<br />
-15,9% (SPD) +15,3% (CDU)<br />
Hamburg 2001-2004 +21,0% (CDU) -6,0% (SPD)<br />
Hessen 2008-2009 +0,4% (CDU) -13,0% (SPD)<br />
Schleswig-Holstein<br />
2005-2009<br />
-8,7% (CDU) -13,3% (SPD)<br />
Quelle: v. Blumenthal 2004: 200; Horst 2008: 222; Hessisches<br />
Statistisches Landesamt o.J.; Statistisches Amt für<br />
Hamburg und Schleswig-Holstein o.J.; Koß/Spier 2008:<br />
294; Holtmann 2008: 422, Reichert-Dreyer 2008: 149,<br />
157. Eigene Darstellung.<br />
36<br />
Die Wähler begünstigen auf den ersten Blick anscheinend<br />
die Partei des Regierungschefs. Bei<br />
neun Wahlen konnte sie zulegen und ihre Führungsrolle<br />
jeweils behaupten. Die Stimmenzuwächse<br />
erreichten dabei immerhin vier Mal<br />
mehr als fünf Prozentpunkte und waren drei Mal<br />
die höchsten beziehungsweise zweithöchsten<br />
Stimmenzuwächse, die die jeweilige Landespartei<br />
jemals realisieren konnte.<br />
Allerdings verlor die Partei des amtierenden Ministerpräsidenten<br />
auch sechs Mal Stimmenanteile,<br />
in fünf Fällen mit mehr als sechs Prozentpunkten<br />
sogar auffallend deutlich. Vier Mal<br />
musste die betreffende Partei dabei die höchsten<br />
beziehungsweise zweithöchsten Verluste aller<br />
Zeiten hinnehmen. Die Verluste gingen zudem<br />
vier Mal damit einher, dass die Partei in die Opposition<br />
wechseln musste und sich ein Mal (Berlin<br />
1990) als Juniorpartner in eine Große Koalition<br />
rettete.<br />
Zu berücksichtigen ist freilich, dass die vollständige<br />
Abwahl einer Regierung in Deutschland ohnehin<br />
eher selten ist. Zwischen 1949 und 2010<br />
wurden 192 Landtage in den Bundesländern3 und<br />
17 Bundestage gewählt. Lediglich nach 19 Landtagswahlen<br />
und einer Bundestagswahl4 konnte<br />
die Regierung vollständig durch vorherige Oppositionsparteien<br />
abgelöst werden. Kommt es<br />
also in ungefähr einem Zehntel der Fälle bislang<br />
zu vollständigen Regierungswechseln, fällt die<br />
Quote bei den zur Wiederwahl anstehenden<br />
Minderheitsregierungen anscheinend schlechter<br />
aus. Allerdings gilt es auch hier zu differenzieren.<br />
Insbesondere deutet vieles darauf hin, dass der<br />
Amtsbonus des Regierungschefs einer führenden<br />
Regierungspartei meistens nützt (März 2006:<br />
168f; Korte/Florack/Grunden 2006: 77, 113).<br />
Berücksichtigt man dieses, sind zwei Fälle bei<br />
den aufgelisteten Minderheitsregierungen außen<br />
3 Einschließlich der Wahlen im Saarland vor dem Beitritt<br />
zur Bundesrepublik.<br />
4 Schleswig-Holstein (1951, 1988), Hamburg (1953,<br />
1957, 2001), Niedersachsen (1990, 2003), Hessen<br />
(1987, 1991, 1999), Nordrhein-Westfalen (1958, 2005,<br />
2010), Saarland (1985, 1999), Berlin (1981, 1989),<br />
Sachsen-Anhalt (1994, 2002) sowie bei der Bundestagswahl<br />
1998.