Aufsätze - PRuF
Aufsätze - PRuF
Aufsätze - PRuF
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Aufsätze</strong> Martin Gross – Auswirkungen Großer Koalitionen auf die Parteiensysteme in Bund und Ländern [...] MIP 2011 17. Jhrg.<br />
gen schwarz-roter Regierungsbündnisse für die<br />
einzelnen Parteiensystemeigenschaften auf Länderebene<br />
hat.<br />
Dieser Einfluss lässt sich bei beinahe allen Indikatoren<br />
zeigen (vgl. Tab. 3). Das parlamentarische<br />
Format erhöht sich durchschnittlich um<br />
eine ganze Partei und einem größeren Anteil<br />
nicht-koalitionsfähiger Parteien gelingt der Einzug<br />
in die Parlamente, sodass sich die Parteiensysteme<br />
in beträchtlichem Maße polarisieren und<br />
knapp ein Viertel an theoretischen Koalitionsmöglichkeiten<br />
mit extremistischen Parteien hinzukommt,<br />
welche die restlichen Parteien politisch<br />
aber nicht realisieren möchten.<br />
Generell gilt, dass die Regierungsparteien auf<br />
Bundesebene bei den folgenden Landtagswahlen<br />
fast immer an Stimmen verlieren, während die<br />
Opposition zulegen kann (Burkhart 2007: 196).<br />
Dies ist auch bei der Gleichzeitigkeit von<br />
Großen Koalitionen in Bund und Land der Fall.<br />
Die beiden Regierungsparteien müssen deutlich<br />
größere Verluste hinnehmen als bei Landtagswahlen,<br />
bei denen eine andere Bundesregierung<br />
amtiert. Die Oppositions- und außerparlamentarischen<br />
Parteien gewinnen bei Landtagswahlen<br />
im Anschluss an Große Koalitionen in höherem<br />
Maße an Zweitstimmen hinzu, wenn gleichzeitig<br />
im Bund eine CDU/CSU-SPD-Koalition regiert.<br />
Dies gilt insbesondere für DIE LINKE, da auch<br />
POL 1 bei einer Gleichzeitigkeit von Großen<br />
Koalitionen in Bund und Land in höherem Maße<br />
ansteigt. Allerdings ist der Aufschwung der<br />
Linkspartei eher mit der Unzufriedenheit vieler<br />
ehemaliger SPD-Wähler zu erklären und weniger<br />
mit den Auswirkungen Großer Koalitionen.<br />
Die Wahlbeteiligung sinkt scheinbar vermehrt<br />
bei einer Gleichzeitigkeit von Großen Koalitionen<br />
in Bund und Land. Dieser Befund lässt sich<br />
jedoch nicht aufrechterhalten, wenn die anderen<br />
Landtagswahlen analysiert werden, die während<br />
der beiden Legislaturperioden Großer Koalitionen<br />
im Bund abgehalten wurden: Die Wahlbeteiligung<br />
sinkt bei diesen 14 Landtagswahlen<br />
durchschnittlich um 2,74 Prozentpunkte. 14 Eine<br />
14 Der Fall Mecklenburg-Vorpommern (2002-2006) wurde<br />
aus der Analyse entfernt, um möglichen Verzerrungen<br />
vorzubeugen, da die Landtagswahl 2002 gleichzeitig<br />
mit der Bundestagswahl stattfand.<br />
26<br />
eindeutige Aussage, ob die gleichzeitige Existenz<br />
Großer Koalitionen im Bund und im jeweiligen<br />
Bundesland die Landtagswähler vermehrt<br />
vom Wahlgang abhält, kann deshalb nicht getroffen<br />
werden.<br />
V. Schlussbetrachtung<br />
Eine drastische Veränderung oder gar Destabilisierung<br />
des Parteiensystems, gleich ob auf Bundes-<br />
oder auf Landesebene, ist von Großen Koalitionen<br />
nicht zu erwarten. Ob sich ihre Auswirkungen<br />
auf die Parteiensysteme in Bund und<br />
Ländern signifikant von den Auswirkungen anderer<br />
Regierungen auf die jeweiligen Parteiensystemeigenschaften<br />
unterscheidet, bedarf einer<br />
Analyse aller bisherigen Bundes- und Landesregierungen.<br />
Der vorliegende Beitrag zeigt jedoch, dass die<br />
Auswirkungen Großer Koalitionen auf Bundesund<br />
Landesebene zwischen 1946 und 2009 auf<br />
einzelne Parteiensystemeigenschaften vor allem<br />
die allgemeinen Entwicklungstrends der Parteiensysteme<br />
widerspiegeln. Die Ansicht von Seemann<br />
und Bukow (2010: 34, 36) für die Bundesebene<br />
gilt auch für die Landesebene: Eher zwingen<br />
Veränderungen in den Parteiensystemen die<br />
politischen Akteure zur Bildung Großer Koalitionen<br />
als dass schwarz-rote Regierungsbündnisse<br />
die Parteiensysteme nachhaltig verändern.<br />
Dennoch konnte gezeigt werden, dass sich die<br />
Auswirkungen schwarz-roter Landesregierungen<br />
auf einzelne Parteiensystemeigenschaften verstärken,<br />
wenn gleichzeitig im Bund eine Große<br />
Koalition regiert. Eine Untersuchung aller Landtagswahlen,<br />
die während kongruenter Bundesund<br />
Landesregierungen abgehalten wurden,<br />
könnte Aufschluss darüber geben, ob diese Ergebnisse<br />
nur im (außergewöhnlichen) Falle einer<br />
Gleichzeitigkeit von Großen Koalitionen in<br />
Bund und Land gelten oder ob sich dahinter bestimmte<br />
Muster verbergen, nach denen die Landtagswähler<br />
ihre Wahlentscheidung treffen.