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Aufsätze - PRuF

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<strong>Aufsätze</strong> Martin Gross – Auswirkungen Großer Koalitionen auf die Parteiensysteme in Bund und Ländern [...] MIP 2011 17. Jhrg.<br />

Die Volatilität sinkt in der Mehrzahl der Fälle<br />

(H10 falsifiziert). Ein Grund hierfür ist, dass die<br />

Volatilität bereits bei den Wahlen, die zur Bildung<br />

einer Großen Koalition führten, ein hohes<br />

Niveau erreicht hatte. Dies ist plausibel, da häufig<br />

gerade diese großen Stimmenverschiebungen<br />

CDU und SPD dazu zwangen, eine gemeinsame<br />

Regierung zu bilden, insbesondere vor dem Hintergrund,<br />

dass wegen der hohen Volatilität oftmals<br />

Parteien der Einzug ins Parlament gelungen<br />

war, die als nicht koalitionsfähig angesehen wurden.<br />

Zwar sinkt der aggregierte Zweitstimmenanteil<br />

von CDU und SPD bei 13 von 22 Landtagswahlen<br />

und durchschnittlich um 1,83 Prozentpunkte;<br />

allerdings verlieren nur in 7 von 22 Fällen beide<br />

Regierungsparteien an Stimmen (H4 falsifiziert).<br />

In der Mehrzahl der Fälle gewinnt eine der beiden<br />

Regierungsparteien an Stimmen hinzu, kann<br />

jedoch nicht die Stimmenverluste des Regierungspartners<br />

kompensieren (vgl. auch Haas<br />

2007: 23).<br />

Die Asymmetrie zwischen den Regierungsparteien<br />

steigt auf Landesebene in 14 von 22 Fällen<br />

an. Diejenige Partei, die den Regierungschef<br />

stellt, profitiert in höherem Maße von einer<br />

Großen Koalition als der „Juniorpartner“ (H5<br />

bestätigt). Ein Effekt, der eher den Sozial- als<br />

den Christdemokraten zugutezukommen scheint:<br />

Stellt die SPD den Regierungschef, so gewinnt<br />

sie im Mittel 1,57 Prozentpunkte an Zweitstimmen<br />

gegenüber den vorherigen Landtagswahlen<br />

hinzu (CDU bzw. CSU: 0,25 Prozentpunkte12 ).<br />

Seit 1990 können sowohl die Oppositions- als<br />

auch die außerparlamentarischen Parteien ihre<br />

Zweitstimmenanteile im Anschluss an Große<br />

Koalitionen steigern (H1 und H2 bestätigt). Das<br />

durch die Stimmenverluste der beiden Regierungsparteien<br />

freigewordene Wählerpotenzial<br />

wird jedoch eher von den Oppositions- als von<br />

den außerparlamentarischen Parteien aufgenommen<br />

(vgl. Tab. 4).<br />

12 Ohne die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2001,<br />

bei der die CDU 17 Prozentpunkte an Zweitstimmen<br />

verlor.<br />

24<br />

Tab. 4: Produktmomentkorrelationen zwischen den<br />

Veränderungen einzelner Indikatoren nach Großen<br />

Koalitionen auf Landesebene a<br />

EPZ POL 1 POL 2 SEG dSRP<br />

EPZ -0,92<br />

POL 1 0,86 0,62<br />

POL 2 0,86 0,70<br />

SEG 0,62 0,70<br />

dSRP<br />

-0,92<br />

dSOP 0,80 -0,88<br />

dSAP 0,75 -0,79<br />

Quelle: Eigene Berechnungen. Zur Bedeutung der Akronyme<br />

siehe Abschnitt II.2.<br />

a Der Pearson’sche Produktmomentkorrelationskoeffizient<br />

ist ein Zusammenhangsmaß für intervallskalierte und normalverteilte<br />

Variablen. Es werden ausschließlich Korrelationen<br />

betrachtet, bei denen Pearson’s r größer als (+/-)<br />

0,6 ist, da bei Aggregatdatenanalysen erst ab dieser Größenordnung<br />

aussagekräftige Korrelationskoeffizienten erreicht<br />

werden (Lauth et al. 2009: 101). Auf die Ausgabe<br />

der Signifikanzniveaus wird verzichtet, da es sich bei der<br />

Anzahl der Großen Koalitionen um eine Vollerhebung<br />

handelt.<br />

Die Analyse zeigt allerdings auch, dass nicht alle<br />

Oppositionsparteien an Zweitstimmen zulegen<br />

konnten, wenn mehrere von ihnen im Parlament<br />

vertreten waren: In der Mehrzahl der Fälle profitierte<br />

nur eine der Oppositionsparteien von der<br />

Großen Koalition. Für den Zweitstimmenanstieg<br />

der außerparlamentarischen Parteien sind weniger<br />

die Stimmengewinne rechtsextremistischer<br />

Parteien ursächlich, sondern vor allem die größeren<br />

Stimmenzuwächse weiterer kleinerer Parteien.<br />

Die Polarisierung nimmt ab, wenn DIE LINKE<br />

nicht als extremistische bzw. systemoppositionelle<br />

Partei angesehen wird (POL 2). 13 Im Umkehrschluss<br />

bedeutet dies, dass die rechtextremistischen<br />

Parteien trotz der vereinzelten Erfolge<br />

von DVU, NPD und REP über den gesamten<br />

Untersuchungszeitraum hinweg betrachtet an<br />

Stimmen verlieren. Dies konnte von Haas (2007:<br />

23f.) aufgrund des kürzeren Untersuchungszeitraumes<br />

nicht gezeigt werden. Im gesamten Untersuchungszeitraum<br />

wird vor allem der linke<br />

Rand des Parteiensystems gestärkt (H9 für POL<br />

1 bestätigt). Für die Zeit nach der Wiedervereini-<br />

13 Der linke Rand des politischen Spektrums blieb bei<br />

dieser Berechnung seit 1963 leer.

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