Aufsätze - PRuF
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<strong>Aufsätze</strong> Martin Gross – Auswirkungen Großer Koalitionen auf die Parteiensysteme in Bund und Ländern [...] MIP 2011 17. Jhrg.<br />
Zweitstimmenanteil von 1968 wird diesmal zur<br />
Berechnung von dSOP herangezogen. 9 Zweitens<br />
werden zur Einordnung der Parteien immer die<br />
Wahlen nach der Bildung einer Großen Koalition<br />
herangezogen (Zeitpunkt t). Um dSOP berechnen<br />
zu können, müssen jedoch auch die Stimmenanteile<br />
der „Oppositionsparteien“ bei den<br />
Wahlen berechnet werden, die zur Bildung des<br />
schwarz-roten Regierungsbündnisses führten<br />
(Zeitpunkt t-1). Zum Zeitpunkt t-1 gelten demnach<br />
nicht die tatsächlichen Oppositionsparteien<br />
als „Oppositionsparteien“, sondern die Oppositionsparteien<br />
des Zeitpunkts t. 10 Beispielsweise<br />
wird in Baden-Württemberg der Zweitstimmenanteil<br />
der FDP, damalige Regierungspartei in einer<br />
schwarz-gelben Koalition, bei der Landtagswahl<br />
1964 zur Berechnung von dSOP herangezogen,<br />
da die Liberalen nach der Bildung der<br />
Großen Koalition 1966 bei den Landtagswahlen<br />
1968 als Oppositionspartei gelten.<br />
III. Hypothesen<br />
Aufgrund der Vielzahl an möglichen intervenierenden<br />
Variablen können keine kausalen Zusammenhänge<br />
zwischen Großen Koalitionen und<br />
den einzelnen Indikatoren postuliert werden. 11<br />
Allerdings ist es möglich, im Anschluss an<br />
schwarz-rote Regierungsbündnisse etwaige Muster<br />
bei den Indikatorenveränderungen zu identifizieren.<br />
Wegen des ungewohnten Kompromisszwangs in<br />
einer gemeinsamen Regierung bewegen sich<br />
CDU und SPD eher Richtung politische Mitte<br />
(Haas 2007: 20), wodurch insbesondere die<br />
9 Parteien „wandern“ zwischen den Kategorien nur in<br />
den Bundesländern, in denen Große Koalitionen mehrmals<br />
hintereinander gebildet wurden.<br />
10 Bei den Wahlen, die zur Bildung der Großen Koalition<br />
führten (Zeitpunkt t-1), befindet sich immer eine der<br />
beiden großen Parteien in der Opposition. Der Zweitstimmenanteil<br />
von CDU/CSU und SPD wird jedoch<br />
bereits bei der Berechnung von dSRP verwendet.<br />
11 Auch eine Analyse darüber, ob bei einzelnen Landtagswahlen<br />
eher Bundes- oder Landesthemen eine Rolle<br />
spielten, erfolgt nicht. Diejenigen Wahlgänge, die<br />
nachweislich einem besonders starken Bundeseinfluss<br />
unterlagen (z.B. gleicher Wahltag von Landtags- und<br />
Bundestagswahl) wurden gegebenenfalls von der Analyse<br />
ausgeschlossen.<br />
22<br />
christ- und sozialdemokratischen Sympathisanten<br />
in der Wählerschaft, die links und rechts der<br />
politischen Mitte stehen, sich nicht mehr ausreichend<br />
von ihren Parteien vertreten fühlen und<br />
sich bei der folgenden Wahl von Union und SPD<br />
abwenden könnten; dies gilt generell für alle mit<br />
der Regierung unzufriedenen Wählern. Diese<br />
könnten einerseits ihre Stimme vermehrt den<br />
Oppositions- (H1), aber auch den außerparlamentarischen<br />
Parteien (H2) geben, andererseits<br />
könnten sie ihrer Unzufriedenheit dadurch Ausdruck<br />
verleihen, dass sie der Wahl fernbleiben<br />
(H3). All dies würde wiederum dazu führen,<br />
dass die beiden Regierungsparteien an Stimmen<br />
verlieren (H4). Da allerdings beide großen Parteien<br />
bei den Wahlen nach der gemeinsamen Regierungsbildung<br />
nicht aus derselben Position in<br />
den Wahlkampf ziehen, ist zu vermuten, dass<br />
diejenige Partei, die den Regierungschef stellt,<br />
aufgrund des Amtsbonus bei den Wahlen besser<br />
abschneiden könnte als der „Juniorpartner“ (H5).<br />
Auf die gestiegene Nachfrage der Wähler nach<br />
einer größeren Auswahl an Wahlalternativen<br />
könnten kleinere Parteien reagieren und vermehrt<br />
zu den Wahlen antreten (H6). Entscheiden<br />
sich die unzufriedenen Wähler in größerem<br />
Maße als zuvor für außerparlamentarische Parteien,<br />
so erhöht dies die Chancen dieser Gruppierungen<br />
auf den Parlamentseinzug und das<br />
parlamentarische Format würde ansteigen (H7).<br />
Durch Stimmengewinne der Oppositions- und<br />
außerparlamentarischen Parteien würde sich das<br />
Parteiensystem fragmentierter (H8) und, nach einer<br />
Hinwendung der Wähler zu Parteien an den<br />
politischen Rändern, polarisierter darstellen<br />
(H9). All dies würde die Volatilität des Parteiensystems<br />
erhöhen (H10).<br />
Große Koalitionen werden häufig gebildet, weil<br />
andere politische „Wunschkoalitionen“ nach der<br />
Wahl rechnerisch nicht möglich waren und/oder<br />
weitere Koalitionsoptionen bereits vor der Wahl<br />
explizit ausgeschlossen wurden. Deshalb könnte<br />
einerseits die Segmentierung im Anschluss an<br />
eine Große Koalition sinken, da sich die Parteien<br />
aufgeschlossener gegenüber anderen Koalitionsalternativen<br />
zeigen würden, um eine Neuauflage<br />
einer schwarz-roten Regierung zu verhindern<br />
(H11a). Sollten die Wähler allerdings vermehrt