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Aufsätze - PRuF

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MIP 2011 17. Jhrg. Rezensionen<br />

eher als schwach zu bezeichnen sind. Die deutsche<br />

Vergangenheit, insbesondere natürlich das<br />

fatale Wirken der Nationalsozialisten vor und im<br />

Zweiten Weltkrieg, mag für diese enorme wissenschaftliche<br />

Aufmerksamkeit ursächlich sein.<br />

Die Fülle von Arbeiten zu den aktuellen Formen<br />

des Rechtsextremismus und Rechtspopulismus<br />

in Deutschland teilt sich in zwei große Blöcke:<br />

Einerseits werden die angebotsseitigen Faktoren<br />

ihres Erfolges bzw. Misserfolges in Augenschein<br />

genommen, insbesondere in Form von deskriptiven<br />

Darstellungen der Geschichte, Organisation<br />

und Programmatik derartiger Parteien. Andererseits<br />

wird insbesondere von der empirischen<br />

Wahlforschung die Nachfrageseite analysiert,<br />

vor allem die individuellen und kontextbezogenen<br />

Determinanten des Wahlverhaltens zugunsten<br />

von NPD, DVU, Republikanern und anderen,<br />

kurzlebigeren Formationen.<br />

Angesichts der Plethora von wissenschaftlichen<br />

Analysen ist erstaunlich, dass Darstellungen, die<br />

die Angebots- und Nachfrageseite des Erfolgs<br />

von rechtsextremistischen und rechtspopulistischen<br />

Parteien in Deutschland zusammenbringen,<br />

sehr rar gesät sind. Henrik Steglich hat sich<br />

in seiner 2009 an der Technischen Universität<br />

Dresden angenommenen Dissertation genau dieser<br />

Forschungslücke gewidmet und sie mit der in<br />

der Rechtsextremismusforschung noch nicht<br />

sehr weit verbreiteten Forschung zu politischen<br />

Gelegenheitsstrukturen, die den Erfolg derartiger<br />

Parteien darüber hinaus beeinflussen, verbunden.<br />

Entstanden ist ein voluminöses Werk, das methodisch<br />

versiert die Trias von Angebot, Nachfrage<br />

und Gelegenheitsstrukturen in ihrer Wirkung<br />

auf den Erfolg bzw. den Misserfolg von<br />

Rechtsaußenparteien untersucht.<br />

Die Arbeit Steglichs steht methodisch in der Tradition<br />

der „Qualitative Comparative Analysis“<br />

(QCA) nach Ragin, wobei er sich konkret des<br />

„fuzzy set“-Ansatzes bedient. Er analysiert das<br />

Abschneiden der jeweils erfolgreichsten Rechtsaußenpartei<br />

bei 57 Landtagswahlen im Untersuchungszeitraum<br />

von 1990 bis 2005 in Abhängigkeit<br />

von sieben Einflussgrößen: der Aktualität<br />

von Wahlkampfthemen der extremen Rechten,<br />

den ökonomischen Rahmenbedingungen, der<br />

Verankerung der etablierten Parteien, der Wett-<br />

bewerbssituation im jeweiligen Parteiensystem,<br />

der organisatorischen Stärke der Rechtsaußenparteien,<br />

der Intensität des von ihnen geführten<br />

Wahlkampfs und des ideologischen Profils dieser<br />

Parteien. In seinen Analysen stellt Steglich<br />

fest, dass die Aktualität von Wahlkampfthemen<br />

der Rechtsaußenparteien die einzige notwendige,<br />

aber keineswegs hinreichende Bedingung für deren<br />

Erfolg darstellt. Vielmehr identifiziert er fünf<br />

spezifische Kombinationen von bis zu vier der<br />

sieben Einflussgrößen, die als hinreichende Bedingung<br />

für den Erfolg von Rechtsaußenparteien<br />

gelten können. Ein Beispiel soll seine Vorgehensweise<br />

illustrieren: Die QCA ergibt etwa,<br />

dass die extreme Rechte erfolgreich ist, wenn<br />

ihre Wahlkampfthemen auf Resonanz stoßen,<br />

die etablierten Parteien schwach verankert sind<br />

und sie eine sehr aufwendige Kampagne führen,<br />

selbst wenn die jeweilige Partei nur über schwache<br />

Organisationsstrukturen verfügt. Diese Konstellation<br />

hat sich etwa im Fall des Erfolgs der<br />

DVU bei der Landtagswahl 1998 in Sachsen-Anhalt<br />

realisiert.<br />

Henrik Steglich gelingt es mit seiner Dissertation,<br />

eine wichtige Forschungslücke in der politikwissenschaftlichen<br />

Analyse des Erfolgs von<br />

Rechtsaußenparteien zu schließen. Mit einem<br />

sehr originellen Ansatz beleuchtet er die Interaktionen<br />

zwischen angebots- und nachfrageseitigen<br />

Erfolgsbedingungen sowie politischen Gelegenheitsstrukturen.<br />

Trotz der methodisch versierten<br />

Herangehensweise gelingt es Steglich, seine Ergebnisse<br />

stets verständlich zu präsentieren und<br />

durch Rekurs auf konkrete Beispiele zu illustrieren.<br />

Dr. Tim Spier<br />

Melanie Werner: Gesetzesrecht und Satzungsrecht<br />

bei der Kandidatenaufstellung politischer<br />

Parteien. Probleme des Vorschlagsrechts<br />

nach BWG und EuWG, Universitätsverlag<br />

Osnabrück bei V&R unipress, Berlin<br />

2010, 289 S., ISBN 978-3-89971-628-3, 34,90 €<br />

Die Kandidatenaufstellung der politischen Parteien<br />

für staatliche Wahlen ist eine wichtige<br />

Schnittstelle zwischen der Parteiautonomie ei-<br />

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