Aufsätze - PRuF
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Rezensionen MIP 2011 17. Jhrg.<br />
lich geringer. Die gerade entgegengesetzte Einstufung<br />
der beiden Gerichte in dem verwendeten<br />
Index erzeugt einen gewissen Zweifel an der<br />
Verläßlichkeit der Zahlen insgesamt und damit<br />
auch an den darauf basierenden Ergebnissen.<br />
Zwar stach hier nur ein Einzelfall dem Rezensenten<br />
in Auge, dennoch mag sich dahinter ein<br />
systematisches Problem verbergen: Eventuell<br />
muß daher bei der Erstellung solcher Zahlenwerke,<br />
die internationale und oft aus Sicht des jeweiligen<br />
Forscher auch fachfremde Zusammenhänge<br />
betreffen, ein Verfahren gewählt werden,<br />
das Kenner der jeweiligen Einzelmaterie einbezieht.<br />
Im Rahmen einer Dissertation ist ein derartiges<br />
Programm aber nicht zu bewältigen.<br />
Einen weiteren Beitrag zu einer differenzierten<br />
Betrachtung der Macht der Parlamente leistet das<br />
siebte Kapitel, in dem für Westeuropa die Unabhängigkeit<br />
der parlamentarischen Machtdimensionen<br />
Gesetzgebung, Wahl und Kontrolle nachgewiesen<br />
wird. Das heißt, es ist wenig hilfreich,<br />
von mächtigen oder weniger mächtigen Parlamenten<br />
zu sprechen, sondern es ist zu fragen, in<br />
welcher Hinsicht ein Parlament mächtig ist. Damit<br />
kann Sieberer eine wichtige Forschungsfrage<br />
für die Zukunft formulieren: Wie müssen die beteiligten<br />
Institutionen konzipiert werden, um Delegationsverluste<br />
zwischen Parlament und Regierung<br />
zu minimieren? Eine Antwort auf diese<br />
Frage müßte – so Sieberer – Verfahrensergebnisse<br />
messen. Derartige output-orientierte Messungen<br />
existieren jedoch gegenwärtig noch nicht.<br />
Der mit dem achten Kapitel beginnende Teil III<br />
der Arbeit schließlich beschäftigt sich mit dem<br />
konkreten Wahlverhalten parlamentarischer Akteure.<br />
Das achte Kapitel versucht, ein Erklärungsmodell<br />
des Wahlverhaltens der Parteien im<br />
Parlament zu entwickeln, das ein räumliches Politikmodell<br />
mit nicht-räumlichen Kandidateneigenschaften<br />
kombiniert. Für dieses Modell werde<br />
dann empirisch überprüfbare Hypothesen formuliert.<br />
Diese Überprüfung der Hypothesen geschieht<br />
dann im zehnten Kapitel, nachdem zuvor<br />
im neunten Kapitel ein deskriptiver Überblick<br />
über die Wahlen von Amtsträgern in externen<br />
Schrankeninstitutionen erfolgte. Sieberer stellt<br />
fest, daß die ideologische Distanz einer politischen<br />
Partei zu einem Kandidaten wesentlichen<br />
204<br />
Einfluß auf ihr Wahlverhalten hat. Auch die Gesamtzustimmung<br />
zu einem Kandidaten wird von<br />
ideologischen Variablen bestimmt. Diese Befunde<br />
überraschen nicht, eher schon der Umstand,<br />
daß eine ideologische Polarisierung innerhalb<br />
des Parlaments positiv mit der Gesamtzustimmung<br />
für die Kandidaten zusammenhängt. Der<br />
Status als Amtsinhaber beeinflußt als nichträumliche<br />
Variable die parlamentarische Zustimmung<br />
positiv. Auch die Variablen des Wettbewerbskontextes<br />
(Regierungsbeteiligung der untersuchten<br />
Partei, Gegenkandidaten, parlamentarischer<br />
Rückhalt der Regierung) beeinflussen das<br />
Wahlverhalten systematisch. Ein – nicht gänzlich<br />
überraschendes – Ergebnis ist die grundsätzliche<br />
Anwendbarkeit eines räumlichen Politikmodells<br />
nach dem links-rechts Schema nicht nur<br />
im Bereich der Gesetzgebung, sondern auch im<br />
Bereich der Wahlen. Auch in diesem Kapitel<br />
liegt die Stärke vor allem in der Differenziertheit<br />
der Analyse. So zeigt die Arbeit etwa, daß konsensuale<br />
Wahlentscheidungen durchaus als interessengeleitetes<br />
Verhalten von miteinander im<br />
Wettbewerb stehenden Akteuren verstanden<br />
werden können.<br />
Insgesamt eröffnet die Untersuchung einen genaueren<br />
Blick auf die Bedeutung der parlamentarischen<br />
Wahlbefugnisse, indem sie die Wahl<br />
mitsamt ihren vielfältigen Randbedingungen als<br />
einen Modus einer interessengeleiteten Machtverteilung<br />
begreift, mit deren Hilfe Parlamente<br />
wirksam Politik steuern können.<br />
Dr. Sebastian Roßner, M.A.<br />
Henrik Steglich: Rechtsaußenparteien in<br />
Deutschland. Bedingungen ihres Erfolgs und<br />
Scheiterns, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen<br />
2010, 457 S., ISBN 978-3-525-36915-9,<br />
63,95 €.<br />
Die politikwissenschaftliche Forschung zu<br />
rechtsextremistischen bzw. rechtspopulistischen<br />
Parteien in Deutschland hat eine Vielzahl von<br />
Monographien, Sammelbänden und Zeitschriftenartikeln<br />
hervorgebracht. Dies ist insofern bemerkenswert,<br />
da derartige Parteien im internationalen<br />
Vergleich elektoral und organisatorisch