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Aufsätze - PRuF

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MIP 2011 17. Jhrg. Rezensionen<br />

Übertragbarkeit des sog. „politischen Vermögens“<br />

einer Partei. Gemeint sind die in Abhängigkeit<br />

von den bisherigen Wahlerfolgen erworbenen<br />

Positionen, mit denen rechtliche und tatsächliche<br />

Vorteile verbunden sind. Zu denken ist<br />

hier etwa an den Ist-Bestand des sog. Wählerstimmenkontos,<br />

der mitbestimmend für die Berechnung<br />

des staatlichen Parteienfinanzierungsanspruchs<br />

ist, aber auch an die Erleichterungen<br />

bei der Einreichung von Wahlvorschlägen, die<br />

bisher erfolgreichen Parteien zugutekommen,<br />

oder die Reihung auf den Stimmzetteln bei künftigen<br />

Wahlen. Zutreffend folgert Neuhaus aus<br />

der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der<br />

Fusionsfreiheit auch die grundsätzliche Nachfolgefähigkeit<br />

dieses politischen Vermögens der fusionierenden<br />

Parteien. Es ist wohl nur einer<br />

sprachlichen Ungenauigkeit geschuldet, wenn<br />

Neuhaus diesen Abschnitt mit der – uneingeschränkten<br />

– Feststellung schließt, die verfassungsrechtliche<br />

Fusionsfreiheit sei dergestalt zu<br />

verstehen, dass auch ohne einfachgesetzliche<br />

Rechtsgrundlage das „politische Vermögen“ der<br />

übertragenden Partei auf die übernehmende Partei<br />

übergeht. In dem folgenden Abschnitt, der<br />

sich mit den Folgen der Fusion befasst, untersucht<br />

Neuhaus unter anderem die wahl- und parteienfinanzierungsrechtlichen<br />

Auswirkungen einer<br />

Fusion im Detail und plädiert dort – zu<br />

Recht – für einen Übergang des politischen Vermögens<br />

lediglich in dem Umfang wie die fusionierte<br />

Partei dadurch keine im Verhältnis zu anderen<br />

Parteien chancengleichheitswidrigen Vorteile<br />

erlangt.<br />

Auch im Übrigen finden sich hin und wieder<br />

kleinere Inkonsistenzen, die das Lesevergnügen<br />

trüben. So benennt Neuhaus noch zu Beginn des<br />

Abschnitts zu den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

zum einen die innerparteiliche Demokratie<br />

(Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG) und zum anderen die<br />

kollidierenden rechtlich geschützten Interessen<br />

Dritter, insbesondere der (Alt-)Gläubiger der<br />

Parteien, als Schranken der verfassungsrechtlich<br />

gewährleisteten Fusionsfreiheit. Zum Ende des<br />

Abschnitts greift Neuhaus das Thema erneut auf,<br />

benennt hier aber lediglich die innerparteiliche<br />

Demokratie und – zunächst überraschend – die<br />

Wahlrechtsgrundsätze als Grenzen.<br />

Hier geht Neuhaus dann dem interessanten Problem<br />

sog. Scheinfusionen nach, die lediglich<br />

dem Ziel der Umgehung der wahlrechtlichen<br />

Sperrklausel dienen. Dieses Problem löst Neuhaus<br />

unter Rückgriff auf § 2 Abs. 1 PartG, indem<br />

er den durch eine Scheinfusion entstandenen<br />

Parteien die Parteieigenschaft nicht zuerkennt:<br />

ihnen fehle es an der Bereitschaft, „dauernd<br />

oder für längere Zeit“ auf die politische<br />

Willensbildung Einfluss zu nehmen und zudem<br />

enthalte das Kriterium der Ernsthaftigkeit dieser<br />

Zielsetzung eine Missbrauchsgrenze, die in diesem<br />

Falle überschritten sei.<br />

Insbesondere die Dauerhaftigkeit des Zusammenschlusses<br />

spielte aber bereits im Rahmen der<br />

begrifflichen Präzisierung des Untersuchungsgegenstandes<br />

zu Beginn der Arbeit eine Rolle: verstanden<br />

im Sinne einer Negativabgrenzung von<br />

sonstigen Parteienkooperationen, die von vornherein<br />

auf eine zeitlich begrenzte Zusammenarbeit<br />

angelegt sind. Namentlich zur Abgrenzung<br />

von Listenverbindungen, Wahlabsprachen und<br />

-allianzen, Fraktionsgemeinschaften und Koalitionen<br />

– nicht aber Scheinfusionen – wird gerade<br />

die „Dauerhaftigkeit“ von Neuhaus als zentrales<br />

Begriffsmerkmal einer Parteifusion hervorgehoben,<br />

allerdings ohne diese Begriffsbestimmung<br />

an dieser Stelle rechtlich zu untermauern. Bereits<br />

hier hätte der Rekurs auf den Parteibegriff des<br />

§ 2 PartG fruchtbar gemacht werden können.<br />

Im dritten Teil seiner Arbeit wendet sich Neuhaus<br />

auf knapp 19 Seiten dem Thema der Parteiabspaltungen<br />

zu, wovon sieben Seiten einer historischen<br />

Bestandsaufnahme der Parteiabspaltungen<br />

in der Geschichte der Bundesrepublik<br />

Deutschland gewidmet sind. Dass die Auseinandersetzung<br />

mit den rechtlichen Voraussetzungen<br />

und Folgen von Parteiabspaltungen nicht mehr<br />

Raum beansprucht, mag auf den ersten Blick<br />

überraschen, erklärt sich aber durch die von<br />

Neuhaus vorgenommene Begriffsbestimmung.<br />

Er versteht unter Parteiabspaltung lediglich die<br />

„Neugründung einer politischen Partei durch<br />

mehrere natürliche Personen, die aus einer bereits<br />

bestehenden Partei ausgeschieden sind, wobei<br />

die ursprüngliche Partei bestehen bleibt“. Die<br />

von Neuhaus als „Parteispaltung“ bezeichnete<br />

Auflösung der Ursprungspartei bei gleichzeiti-<br />

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