Aufsätze - PRuF
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Rezensionen MIP 2011 17. Jhrg.<br />
auf die besondere Konstellation hin, dass die<br />
Kandidaten dieser Wahl das Kunststück vollbringen<br />
mussten, der allgemeinen Krisenstimmung<br />
durch die Suggestion von Sicherheit zu<br />
begegnen, obschon die Bewerber um das Kanzleramt<br />
letztlich doch sämtlich auf unsicherer Informationsbasis<br />
operierten. Ferner hebt Korte<br />
vier Besonderheiten der Wahl 2009 hervor, die<br />
in den Einzelbeiträgen weiter thematisiert werden.<br />
Dies sind: (1) die schleppende Wählermobilisierung,<br />
(2) eine besonders konsensuale Auseinandersetzung<br />
zwischen den Spitzenkandidaten<br />
Merkel und Steinmeier bei (3) gleichzeitiger<br />
Verstetigung des Fünf-Parteien-Systems und (4)<br />
die rekordverdächtig niedrige Wahlbeteiligung.<br />
Hier lässt sich bereits eine Marschrichtung des<br />
vorliegenden Werkes absehen. Die Bundestagswahl<br />
2009 wird aus den Blickwinkeln der vertretenen<br />
analytischen Disziplinen auf ihren Ausnahmecharakter<br />
untersucht.<br />
III. Den Ausnahmecharakter der Wahl 2009 bestätigen<br />
etwa Matthias Jung, Yvonne Schroth<br />
und Andrea Wolf, die sich auf Erhebungen der<br />
Forschungsgemeinschaft Wahlen stützen, mit<br />
dem Befund, dass entgegen den allgemeinen Erwartungen<br />
eine „klassische Zweierkoalition“ in<br />
der Wahl obsiegte. Die Erklärung für den tatsächlichen<br />
Wahlausgang suchen die Autoren in<br />
einer inhaltlichen Neuausrichtung der CDU –<br />
Stichwort: „Sozialdemokratisierung“ der Union<br />
– und der Dominanz der Kanzlerin in der öffentlichen<br />
Wahrnehmung. Im Anschluss an eine detaillierte<br />
numerische Analyse des Wahlergebnisses,<br />
die die kleinen Parteien als eigentliche „Gewinner“<br />
identifiziert, widmen sich die Autoren<br />
den Sozialstrukturen der Wählerschaft. Neben<br />
dem Befund, dass – im Gegensatz zur Wahl<br />
2005 – in diesem Wahlzyklus bedeutende Unterschiede<br />
im Wahlverhalten bei den Geschlechtern<br />
bestanden, werden die Wahlergebnisse 2009 ferner<br />
im Hinblick auf Altersstrukturen und Bildungsabhängigkeit<br />
untersucht. Dass die Wahl<br />
2009 eine besondere Charakteristik zu verzeichnen<br />
habe, zeigt Thorsten Faas anhand der Wahlbeteiligung<br />
auf. Im Wahljahr 2009 waren die<br />
Parteiprofile wegen der vorhergehenden Koalition<br />
von SPD und CDU/CSU weniger ausdifferenziert,<br />
was im Gegenzug aber in folgenden<br />
190<br />
Wahlen auf einen Anstieg der Beteiligung hoffen<br />
lasse. Das Kapitel Wahlforschung lässt somit<br />
kaum Fragen unbeantwortet.<br />
IV. Aus dem Lager der Parteienforschung wird<br />
nicht nur die Parteiensituation in Deutschland erhellt,<br />
sondern auch ein Blick auf das Ausland gewagt.<br />
So beschäftigt sich ein Beitrag von Ulrich<br />
Eith mit dem Übergangscharakter der Wahl<br />
2009 und spezifischen Fragen des politischen<br />
Wettbewerbs. Anschließend wirft Ton Nijhuis<br />
den Blick über die deutsche Grenze hinaus und<br />
geht der Frage des Parteienwettbewerbs in den<br />
Niederlanden nach. Dieser Marschroute folgend<br />
beleuchtet sodann Ludger Helms den Parteienwettbewerb<br />
in Österreich. Schließlich hebt Lothar<br />
Probst den Exkurs auf die europäische Ebene<br />
und resümiert, dass das deutsche Parteiensystem<br />
derzeit keinem grundlegenden Wandel<br />
durch den Einfluss des europäischen Auslands<br />
unterliege, sondern einen Prozess des partiellen<br />
Wandels – besonders im Hinblick auf die Rolle<br />
der Sozialdemokratie – durchlaufe.<br />
V. Mit interessanten Erkenntnissen kann insbesondere<br />
das Ressort der Kommunikationsforschung<br />
aufwarten. Ein besonderes Augenmerk<br />
wird hier auf das in der Wahl 2009 verstärkt genutzt<br />
Community-Building über das Internet gelegt,<br />
das Klaus Kamps als Ergänzung traditioneller<br />
Wahlkampfstrategien sieht. Hagen Albers<br />
identifiziert in seinem Beitrag auch eine gewisse<br />
Eigendynamik in der Parteilandschaft, technologische<br />
Neuerungen zu nutzen.<br />
VI. Unter dem Arbeitstitel „Parteienwettbewerb<br />
durch kalkulierte Demobilisierung“ eröffnet Andreas<br />
Blätte den Teil zur Regierungsforschung.<br />
Hier wird ein spannender, weil unvermindert aktueller<br />
Themenbereich erschlossen. Der Autor<br />
argumentiert, dass Große Koalitionen die Ausnahme<br />
bleiben sollten, um den demokratischen<br />
Wettbewerb mit der Integrationsmöglichkeit für<br />
alternative Konzepte zu erhalten. Eine Einschränkung<br />
wird allerdings für die Wahlsituation<br />
2009 gemacht, da spezifische strategische Entscheidungen<br />
ebenfalls Einfluss auf die Intensität<br />
des Wettbewerbs nähmen. Die Verknüpfung von<br />
Wettbewerb und Demobilisierung wird die Forschung<br />
und Praxis sicherlich noch lange be-