Aufsätze - PRuF

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08.01.2013 Aufrufe

Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2011 17. Jhrg. sichtigte Einwirkung auf die personelle Zusammensetzung des Parlaments tatsächlich genauso entfaltet. Eine Wahl ist erst dann nicht mehr unmittelbar, wenn die Stimmabgabe sich willkürlich oder nicht erkennbar auswirkt. Weiter beachtet die Vorschrift des § 7 VI BremWG auch das aus der Wahlrechtsgleichheit folgende Gebot der Folgerichtigkeit, das eine kohärente Ausgestaltung des Wahlsystems durch den Gesetzgeber verlangt. Zuletzt ist auch der allgemeine Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit aus Art. 75 I BremLV gewahrt, weil die in § 7 VI BremWG gewählte Vergabereihenfolge nicht zu einer mangelnden Auswirkung der Personenstimmen auf das Wahlergebnis führt. Das VerfG Brandenburg103 hat eine bezüglich der Landtagswahl 2009 erhobene Wahlprüfungsbeschwerde als unzulässig abgewiesen, weil das Beitrittserfordernis aus § 59 I BbgVerfGG von 100 Wahlberechtigten nicht eingehalten wurde. Die Norm sei als Hürde für den Rechtsschutz in Wahlsachen verfassungsmäßig, denn die Wahlprüfungsbeschwerde diene nur dem Schutz des objektiven Wahlrechts. Eine weitere Wahlprüfungsbeschwerde verwarf das VerfG Brandenburg104 , weil kein mandatsrelevanter Wahlfehler substantiiert dargelegt wurde. Die bloße Behauptung, bei der Wahl seien gefaltete Wahlzettel ausgegeben worden, ließ das Gericht als taugliche Darlegung eines Wahlfehlers nicht ausreichen. Das OVG Greifswald105 hat entschieden, dass ein amtierender Bürgermeister bei einer Bewerbung um Wiederwahl die Wahrnehmung seines Amtes nicht mit Wahlwerbung für sich verbinden darf. Grundsätzlich ist der Inhaber des Amtes nicht daran gehindert, im gleichen Umfang Werbung wie seine Konkurrenten für sich zu betreiben. Auch Öffentlichkeitsarbeit in Wahrnehmung seiner Amtsstellung ist dem Bewerber im Vorfeld der Wahl nicht untersagt, sofern sich die Informationstätigkeit auf neutrale Hinweise be- 103 Beschluss vom 17.06.2010 – VfGBbg 24/10, veröffentlicht bei juris. 104 Beschluss vom 19.08.2010 – VfGBbg 25/10, veröffentlicht bei juris. 105 NVwZ-RR 2010, S. 778. 186 schränkt106 . Im vom OVG Greifswald zu entscheidenden Fall hatte der amtierende Bürgermeister in einer von ihm geleiteten Sitzung der Gemeindevertretung vor der Wahl darauf hingewiesen, dass die Wahllokale mit Bussen zu erreichen seien, für die Fahrtkosten wolle er „aus eigener Tasche“ aufkommen. Ein solches „Wahlgeschenk“, so das Gericht, sei zwar als solches nicht zu beanstanden. Unzulässig ist aber, dass der Wahlbewerber dieses Versprechen in seiner amtlichen Stellung als Bürgermeister abgab und damit gegen die ihm obliegende Neutralitätspflicht verstieß. Dabei ist unbeachtlich, ob eine Wählerbeeinflussung durch diese Aussage vom Wahlbewerber beabsichtigt war, entscheidend ist das objektive Verständnis des adressierten Wählerkreises. Damit bestätigt das OVG die vorangegangene Entscheidung des VG Greifswald107 , welches eine Unregelmäßigkeit in der Vorbereitung der Bürgermeisterwahl gem. §§ 44 Nr. 2, 71 I Nr. 2 KWahlG MV gesehen hatte. Ebenfalls mit der Frage nach einer unzulässigen Wählerbeeinflussung bei der Bürgermeisterwahl hatte sich das SächsOVG108 zu befassen. In der Vorinstanz beanstandete es das VG Dresden109 nicht als Wahlfehler im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SächsKomWG, dass der amtierende Bürgermeister auf Unterseiten seiner privaten Homepage das Gemeindewappen eingestellt und die Berufsbezeichnung „Diplom Verwaltungs- Betriebswirt (VWA)“ statt der korrekten Formulierung „Verwaltungs-Betriebswirt (VWA)“ verwandt hatte. Diese Ansicht bestätigte das Sächs- OVG. Das alleinige Einbinden des Gemeindewappens auf der Homepage des wiedergewählten Bürgermeisters vermittle noch nicht den Eindruck, der Inhalt der Homepage sei eine amtliche Verlautbarung oder stünde in Bezug zu amtlichem Handeln der Gemeinde. Tatsächlich war das Wappen nur auf drei von insgesamt zwanzig Unterseiten und gerade nicht der Startseite zu sehen. Ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot 106 BVerwGE 104, 223. 107 Urteil vom 17.11.2009 - 2 A 927/09 VG HGW, unveröffentlicht. 108 SächsVBl. 2010, S. 193. 109 Urteil vom 29.04.2009 – 4 K 1333/08, unveröffentlicht.

MIP 2011 17. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung durch den wiedergewählten Bürgermeister konnte das SächsOVG daher nicht erkennen. Ebenfalls sah das Gericht keine unzulässige Wahlbeeinflussung im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 2 SächsKomWG durch die Verwendung des Zusatzes „Diplom“. Eine Wahlbeeinflussung umfasst alle Umstände, die bei objektivem Verständnis geeignet sind, unmittelbar auf die Wahlentscheidung einzuwirken. Der Bewerber hat nicht über den Erhalt eines Studienabschlusses getäuscht, sondern dessen Bezeichnung verfehlt. Dies lässt jegliche Erheblichkeit für ein Einwirken auf die Willensbildung der Wähler vermissen. Das OVG Magdeburg110 stellte klar, dass das Wahlprüfungsverfahren nach § 50 SachsAnhKWG kein Vorverfahren im Sinne von § 162 II 2 VwGO ist. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass mit dem Wahlprüfungsverfahren nicht die Überprüfung einer bereits getroffenen behördlichen Entscheidung, sondern die erstmalige Befassung der Behörde mit der Frage über die Gültigkeit der Wahl erzielt werden soll. Das OVG NRW111 setzte sich mit den Voraussetzungen der Klagebefugnis bei einer Wahlprüfungsbeschwerde gem. § 39 KWahlG NRW auseinander. Danach sind nur vier Gruppen klagebefugt: Wahlberechtigte, Leitungen solcher Parteien und Wählergruppen, die an der Wahl teilgenommen haben, die Aufsichtsbehörde und gewählte Vertreter. Der Kläger gehörte nicht zu diesem Kreis, außerdem konnte er sein Ziel nicht mit der Wahlprüfungsbeschwerde erreichen. Diese gewährt nämlich keinen Anspruch auf Gültigerklärung einer Wahl112 sondern nur einen solchen auf objektive Wahlprüfung. Mit der Versagung dieses Rechtsschutzes wird nicht die Überwachung einer möglichen Wahlmanipulation ausgeschaltet, da die Aufsichtsbehörde, gebunden an Recht und Gesetz, nach § 41 I 2 KWahlG NRW gegen den Ratsbeschluss Klage über die Gültigkeit der Wahl erheben kann. 110 NVwZ-RR 2010, S. 621. 111 Beschluss vom 5.11.2010 – 15 A 860/10, veröffentlicht bei juris, DVBl. 2011, S. 123 (Leitsatz). 112 So aber zuvor das VG Minden, Urteil vom 24.02.2010 – 3 K 3343/09, veröffentlicht bei juris. In der vorangegangenen Instanz hielt das VG Minden113 die Klage hingegen für zulässig und beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der Frage, ob die nach 18 Uhr verschlossenen Türen eines Wahllokals einen Wahlfehler darstellen. Es arbeitete heraus, dass durch den Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Öffnung der Wahlurne der Grundsatz aus § 24 I 1 KWahlG NRW verletzt ist, weil es für die einzelnen Schritte bei der Ermittlung des Wahlergebnisses keine kontrollierenden Zeugen gab. Allerdings konnte das Gericht keine Anhaltspunkte für eine Manipulationshandlung an den Stimmzetteln – veranlasst durch den zeitweiligen Ausschluss der Öffentlichkeit – erkennen. Damit verneinte es die nach § 40 I b KWahlG NRW erforderliche Kausalität des Wahlfehlers. Gegenstand eines Urteils des VG Gelsenkirchen114 war die Prüfung der Klagebefugnis eines wahlberechtigten Bürgers, der sich mit einer Anfechtungsklage gegen die Wahlprüfungsentscheidung des Rates bezüglich einer Oberbürgermeisterwahl wandte. Das Gericht verneinte eine Klagebefugnis aus § 42 II VwGO. Der Beschluss des Rates im Sinne des § 40 I d KWahlG stellt zwar einen Verwaltungsakt dar, dieser richtet sich aber nicht an den Kläger, sodass er keine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen kann. Ein solches subjektives Recht gewährt auch nicht § 39 I KWahlG NRW, mit dem lediglich die objektive Überprüfung der Wahl erzielt werden kann. Schließlich begründet auch § 41 KWahlG NRW keine Klagebefugnis sondern setzt sie voraus. Das VG Trier115 beschäftigte sich mit der Zulässigkeit eines Einspruchs im Kommunalwahlverfahren. Zwar hielt es die Einlegung des Einspruchs vor Fristbeginn nach § 48 S. 1 KWG RP für ordnungsgemäß, weil sie unmittelbar nach der Wahl bis zur Bekanntmachung des Wahlergebnisses stattfand und danach noch aufrechterhalten wurde. Allerdings fehlte dem Kläger ein Rechtsschutzinteresse, nachdem das Ratsmit- 113 Urteil vom 24.02.2010 – 3 K 3343/09, veröffentlicht bei juris. 114 Städte- und Gemeinderat 2010, S. 33. 115 LKRZ 2010, S. 78. 187

MIP 2011 17. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />

durch den wiedergewählten Bürgermeister konnte<br />

das SächsOVG daher nicht erkennen. Ebenfalls<br />

sah das Gericht keine unzulässige Wahlbeeinflussung<br />

im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 2<br />

SächsKomWG durch die Verwendung des Zusatzes<br />

„Diplom“. Eine Wahlbeeinflussung umfasst<br />

alle Umstände, die bei objektivem Verständnis<br />

geeignet sind, unmittelbar auf die Wahlentscheidung<br />

einzuwirken. Der Bewerber hat<br />

nicht über den Erhalt eines Studienabschlusses<br />

getäuscht, sondern dessen Bezeichnung verfehlt.<br />

Dies lässt jegliche Erheblichkeit für ein Einwirken<br />

auf die Willensbildung der Wähler vermissen.<br />

Das OVG Magdeburg110 stellte klar, dass das<br />

Wahlprüfungsverfahren nach § 50 SachsAnhKWG<br />

kein Vorverfahren im Sinne von § 162 II<br />

2 VwGO ist. Zur Begründung führte das Gericht<br />

aus, dass mit dem Wahlprüfungsverfahren nicht<br />

die Überprüfung einer bereits getroffenen behördlichen<br />

Entscheidung, sondern die erstmalige<br />

Befassung der Behörde mit der Frage über die<br />

Gültigkeit der Wahl erzielt werden soll.<br />

Das OVG NRW111 setzte sich mit den Voraussetzungen<br />

der Klagebefugnis bei einer Wahlprüfungsbeschwerde<br />

gem. § 39 KWahlG NRW auseinander.<br />

Danach sind nur vier Gruppen klagebefugt:<br />

Wahlberechtigte, Leitungen solcher Parteien<br />

und Wählergruppen, die an der Wahl teilgenommen<br />

haben, die Aufsichtsbehörde und gewählte<br />

Vertreter. Der Kläger gehörte nicht zu<br />

diesem Kreis, außerdem konnte er sein Ziel nicht<br />

mit der Wahlprüfungsbeschwerde erreichen.<br />

Diese gewährt nämlich keinen Anspruch auf<br />

Gültigerklärung einer Wahl112 sondern nur einen<br />

solchen auf objektive Wahlprüfung. Mit der Versagung<br />

dieses Rechtsschutzes wird nicht die<br />

Überwachung einer möglichen Wahlmanipulation<br />

ausgeschaltet, da die Aufsichtsbehörde, gebunden<br />

an Recht und Gesetz, nach § 41 I 2<br />

KWahlG NRW gegen den Ratsbeschluss Klage<br />

über die Gültigkeit der Wahl erheben kann.<br />

110 NVwZ-RR 2010, S. 621.<br />

111 Beschluss vom 5.11.2010 – 15 A 860/10, veröffentlicht<br />

bei juris, DVBl. 2011, S. 123 (Leitsatz).<br />

112 So aber zuvor das VG Minden, Urteil vom 24.02.2010<br />

– 3 K 3343/09, veröffentlicht bei juris.<br />

In der vorangegangenen Instanz hielt das VG<br />

Minden113 die Klage hingegen für zulässig und<br />

beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der Frage,<br />

ob die nach 18 Uhr verschlossenen Türen eines<br />

Wahllokals einen Wahlfehler darstellen. Es<br />

arbeitete heraus, dass durch den Ausschluss der<br />

Öffentlichkeit bei der Öffnung der Wahlurne der<br />

Grundsatz aus § 24 I 1 KWahlG NRW verletzt<br />

ist, weil es für die einzelnen Schritte bei der Ermittlung<br />

des Wahlergebnisses keine kontrollierenden<br />

Zeugen gab. Allerdings konnte das Gericht<br />

keine Anhaltspunkte für eine Manipulationshandlung<br />

an den Stimmzetteln – veranlasst<br />

durch den zeitweiligen Ausschluss der Öffentlichkeit<br />

– erkennen. Damit verneinte es die nach<br />

§ 40 I b KWahlG NRW erforderliche Kausalität<br />

des Wahlfehlers.<br />

Gegenstand eines Urteils des VG Gelsenkirchen114<br />

war die Prüfung der Klagebefugnis eines<br />

wahlberechtigten Bürgers, der sich mit einer Anfechtungsklage<br />

gegen die Wahlprüfungsentscheidung<br />

des Rates bezüglich einer Oberbürgermeisterwahl<br />

wandte. Das Gericht verneinte eine Klagebefugnis<br />

aus § 42 II VwGO. Der Beschluss<br />

des Rates im Sinne des § 40 I d KWahlG stellt<br />

zwar einen Verwaltungsakt dar, dieser richtet<br />

sich aber nicht an den Kläger, sodass er keine<br />

Verletzung in eigenen Rechten geltend machen<br />

kann. Ein solches subjektives Recht gewährt<br />

auch nicht § 39 I KWahlG NRW, mit dem lediglich<br />

die objektive Überprüfung der Wahl erzielt<br />

werden kann. Schließlich begründet auch § 41<br />

KWahlG NRW keine Klagebefugnis sondern<br />

setzt sie voraus.<br />

Das VG Trier115 beschäftigte sich mit der Zulässigkeit<br />

eines Einspruchs im Kommunalwahlverfahren.<br />

Zwar hielt es die Einlegung des Einspruchs<br />

vor Fristbeginn nach § 48 S. 1 KWG RP<br />

für ordnungsgemäß, weil sie unmittelbar nach<br />

der Wahl bis zur Bekanntmachung des Wahlergebnisses<br />

stattfand und danach noch aufrechterhalten<br />

wurde. Allerdings fehlte dem Kläger ein<br />

Rechtsschutzinteresse, nachdem das Ratsmit-<br />

113 Urteil vom 24.02.2010 – 3 K 3343/09, veröffentlicht<br />

bei juris.<br />

114 Städte- und Gemeinderat 2010, S. 33.<br />

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