Aufsätze - PRuF
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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2011 17. Jhrg.<br />
sichtigte Einwirkung auf die personelle Zusammensetzung<br />
des Parlaments tatsächlich genauso<br />
entfaltet. Eine Wahl ist erst dann nicht mehr unmittelbar,<br />
wenn die Stimmabgabe sich willkürlich<br />
oder nicht erkennbar auswirkt. Weiter beachtet<br />
die Vorschrift des § 7 VI BremWG auch<br />
das aus der Wahlrechtsgleichheit folgende Gebot<br />
der Folgerichtigkeit, das eine kohärente Ausgestaltung<br />
des Wahlsystems durch den Gesetzgeber<br />
verlangt. Zuletzt ist auch der allgemeine<br />
Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit aus Art. 75 I<br />
BremLV gewahrt, weil die in § 7 VI BremWG<br />
gewählte Vergabereihenfolge nicht zu einer<br />
mangelnden Auswirkung der Personenstimmen<br />
auf das Wahlergebnis führt.<br />
Das VerfG Brandenburg103 hat eine bezüglich<br />
der Landtagswahl 2009 erhobene Wahlprüfungsbeschwerde<br />
als unzulässig abgewiesen, weil das<br />
Beitrittserfordernis aus § 59 I BbgVerfGG von<br />
100 Wahlberechtigten nicht eingehalten wurde.<br />
Die Norm sei als Hürde für den Rechtsschutz in<br />
Wahlsachen verfassungsmäßig, denn die Wahlprüfungsbeschwerde<br />
diene nur dem Schutz des<br />
objektiven Wahlrechts.<br />
Eine weitere Wahlprüfungsbeschwerde verwarf<br />
das VerfG Brandenburg104 , weil kein mandatsrelevanter<br />
Wahlfehler substantiiert dargelegt<br />
wurde. Die bloße Behauptung, bei der Wahl seien<br />
gefaltete Wahlzettel ausgegeben worden, ließ<br />
das Gericht als taugliche Darlegung eines Wahlfehlers<br />
nicht ausreichen.<br />
Das OVG Greifswald105 hat entschieden, dass<br />
ein amtierender Bürgermeister bei einer Bewerbung<br />
um Wiederwahl die Wahrnehmung seines<br />
Amtes nicht mit Wahlwerbung für sich verbinden<br />
darf. Grundsätzlich ist der Inhaber des Amtes<br />
nicht daran gehindert, im gleichen Umfang<br />
Werbung wie seine Konkurrenten für sich zu betreiben.<br />
Auch Öffentlichkeitsarbeit in Wahrnehmung<br />
seiner Amtsstellung ist dem Bewerber im<br />
Vorfeld der Wahl nicht untersagt, sofern sich die<br />
Informationstätigkeit auf neutrale Hinweise be-<br />
103 Beschluss vom 17.06.2010 – VfGBbg 24/10, veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
104 Beschluss vom 19.08.2010 – VfGBbg 25/10, veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
105 NVwZ-RR 2010, S. 778.<br />
186<br />
schränkt106 . Im vom OVG Greifswald zu entscheidenden<br />
Fall hatte der amtierende Bürgermeister<br />
in einer von ihm geleiteten Sitzung der<br />
Gemeindevertretung vor der Wahl darauf hingewiesen,<br />
dass die Wahllokale mit Bussen zu erreichen<br />
seien, für die Fahrtkosten wolle er „aus eigener<br />
Tasche“ aufkommen. Ein solches „Wahlgeschenk“,<br />
so das Gericht, sei zwar als solches<br />
nicht zu beanstanden. Unzulässig ist aber, dass<br />
der Wahlbewerber dieses Versprechen in seiner<br />
amtlichen Stellung als Bürgermeister abgab und<br />
damit gegen die ihm obliegende Neutralitätspflicht<br />
verstieß. Dabei ist unbeachtlich, ob eine<br />
Wählerbeeinflussung durch diese Aussage vom<br />
Wahlbewerber beabsichtigt war, entscheidend ist<br />
das objektive Verständnis des adressierten Wählerkreises.<br />
Damit bestätigt das OVG die vorangegangene<br />
Entscheidung des VG Greifswald107 ,<br />
welches eine Unregelmäßigkeit in der Vorbereitung<br />
der Bürgermeisterwahl gem. §§ 44 Nr. 2,<br />
71 I Nr. 2 KWahlG MV gesehen hatte.<br />
Ebenfalls mit der Frage nach einer unzulässigen<br />
Wählerbeeinflussung bei der Bürgermeisterwahl<br />
hatte sich das SächsOVG108 zu befassen. In der<br />
Vorinstanz beanstandete es das VG Dresden109 nicht als Wahlfehler im Sinne des § 27 Abs. 1<br />
Nr. 1 und 2 SächsKomWG, dass der amtierende<br />
Bürgermeister auf Unterseiten seiner privaten<br />
Homepage das Gemeindewappen eingestellt und<br />
die Berufsbezeichnung „Diplom Verwaltungs-<br />
Betriebswirt (VWA)“ statt der korrekten Formulierung<br />
„Verwaltungs-Betriebswirt (VWA)“ verwandt<br />
hatte. Diese Ansicht bestätigte das Sächs-<br />
OVG. Das alleinige Einbinden des Gemeindewappens<br />
auf der Homepage des wiedergewählten<br />
Bürgermeisters vermittle noch nicht den Eindruck,<br />
der Inhalt der Homepage sei eine amtliche<br />
Verlautbarung oder stünde in Bezug zu amtlichem<br />
Handeln der Gemeinde. Tatsächlich war<br />
das Wappen nur auf drei von insgesamt zwanzig<br />
Unterseiten und gerade nicht der Startseite zu sehen.<br />
Ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot<br />
106 BVerwGE 104, 223.<br />
107 Urteil vom 17.11.2009 - 2 A 927/09 VG HGW, unveröffentlicht.<br />
108 SächsVBl. 2010, S. 193.<br />
109 Urteil vom 29.04.2009 – 4 K 1333/08, unveröffentlicht.