Aufsätze - PRuF
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MIP 2011 17. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
einen wurde die Sollzahl der Abgeordnetenmandate<br />
um 26 Sitze überschritten und damit die<br />
Zielvorgabe des Art. 10 II LVerf SH missachtet.<br />
Zum anderen erhielt die CDU drei nicht durch<br />
Ausgleichsmandate gedeckte Sitze. Tatsächlich<br />
benötigte sie daher 14.870,91 Stimmen pro<br />
Landtagsmandat während die LINKE für einen<br />
Parlamentssitz 19.152,80 Stimmen erzielen<br />
musste. Diese Diskrepanz geht über die mathematisch<br />
unvermeidliche Ungleichheit der benötigten<br />
Stimmen pro Mandat weit hinaus und<br />
stellt eine Verletzung der Wahlrechtsgleichheit<br />
aus Art. 3 I LVerf SH und Art. 10 II 5 LVerf SH<br />
dar. Das Gericht stellte nicht die Ungültigkeit<br />
der Wahl fest, sondern ordnete wegen der<br />
Grundlage des verfassungswidrigen LWahlG SH<br />
Neuwahlen bis zum 30.09.2012 an.<br />
Eine Popularklage, die sich gegen die Sitzverteilung<br />
nach dem d`Hondtschen Höchstzahlverfahren<br />
bei Gemeinde- und Landkreiswahlen richtete,<br />
erklärte der BayVerfGH96 für unzulässig. Der<br />
Verfassungsgerichtshof hatte zuvor bereits festgestellt,<br />
dass es sich bei dem Verfahren nach<br />
d`Hondt um ein gerechtes Berechnungssystem<br />
handele, das nicht gegen den Grundsatz der<br />
Wahlgleichheit verstoße97 . Ein grundlegender<br />
Wandel der Lebensverhältnisse oder der allgemeinen<br />
Rechtsauffassung ist seit diesen Entscheidungen<br />
nicht zu verzeichnen, sodass hier<br />
kein Fall der ausnahmsweise zulässigen Wiederholung<br />
vorlag.<br />
Der BayVerfGH98 hatte die Gültigkeit der Wahl<br />
zum Bayerischen Landtag 2008 zu beurteilen.<br />
Durch die Wahlprüfungsbeschwerde wurde die<br />
Durchführung des Wahlvorgangs beanstandet,<br />
weil laut Beschwerdeführer die Kandidatenaufstellung<br />
der CSU nicht gem. § 17 PartG geheim<br />
erfolgte. Der BayVerfGH arbeitete heraus, dass<br />
bezüglich der Geheimheit an die innerparteiliche<br />
Kandidatenaufstellung geringere Anforderungen<br />
zu stellen sind, als dies für die Wahl von Volksvertretungen<br />
erforderlich ist. Die Kandidatenaufstellung<br />
ist zwar wesentlicher Vorbereitungsakt<br />
der staatlichen Wahl und muss daher einem<br />
96 BayVBl 2010, S. 140.<br />
97 BayVBl. 1961, S.116); BayVBl. 1992, S. 397.<br />
98 BayVBl. 2010, S. 172.<br />
Kernbestand an Verfahrensgrundsätzen99 genügen,<br />
um die demokratische Legitimationskette<br />
nicht zu unterbrechen. Doch ist die innerparteiliche<br />
Wahl eine wesentliche Handlungsform der<br />
Parteien zur Erreichung ihrer Ziele und unterfällt<br />
daher auch der Parteienfreiheit aus Art. 21 I GG.<br />
Das Gebot der Geheimheit aus § 17 PartG wurde<br />
nach Ansicht des BayVerfGH jedenfalls nicht<br />
dadurch verletzt, dass es den Abstimmenden<br />
möglich war, in die Stimmzettel der Nachbarn<br />
einzusehen. Eine ausreichende Geheimheit wäre<br />
auch durch eine entsprechende Körperhaltung<br />
herzustellen gewesen. Einen Wahlfehler konnte<br />
das Gericht nicht erkennen und hielt daher die<br />
Wahlprüfungsbeschwerde für unbegründet.<br />
Im Rahmen einer weiteren Wahlprüfungsbeschwerde<br />
zur Landtagswahl 2008 hatte der Bay-<br />
VerfGH100 erneut zu überprüfen, ob die 5%-<br />
Sperrklausel des Art. 14 IV BV gegen höherrangiges<br />
Verfassungsrecht verstößt. Er bestätigte<br />
seine vorige Entscheidung101 , indem er für den<br />
unterschiedlichen Erfolgswert der abgegebenen<br />
Stimmen einen tauglichen zwingenden Grund in<br />
der Handlungs- und Entscheidungsfreiheit des<br />
Parlamentes erkannte.<br />
Der StGH Bremen102 erklärte im Rahmen einer<br />
Normenkontrolle die sogenannte „Bremische<br />
Reihung“ für verfassungsgemäß. Bei diesem von<br />
§ 7 VI BremWG vorgeschriebenen Verfahren<br />
werden innerhalb eines Wahlvorschlags zunächst<br />
die nach Listenwahl zu vergebenden Sitze<br />
und danach erst für die Bewerber mit den höchsten<br />
Personenstimmenzahlen zugeteilt. Einen<br />
Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit<br />
aus Art. 28 I 1 GG, Art. 65 I BremLV verneinte<br />
der StGH mit dem Hinweis darauf, dass § 7 VI<br />
BremWG das übliche Maß der Ungewissheit des<br />
einzelnen Wählers über alle anderen Stimmen<br />
nicht übersteigt. Auch eine Verletzung der Unmittelbarkeit<br />
der Wahl aus Art. 75 I BremLV<br />
stellte er nicht fest. Diese fordert nicht, dass sich<br />
die vom Wähler mit seiner Stimmabgabe beab-<br />
99 BVerfGE 89, 243 (251 f.).<br />
100 BayVBl. 2010, S. 531.<br />
101 BayVBl. 2007, S. 13.<br />
102 Urteil vom 08.04.2010 – St 3/09, in: NordÖR 2010,<br />
198 ff.<br />
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