Aufsätze - PRuF
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MIP 2011 17. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
gleichen Wahl. Das BVerfG lehnte die Beschwerdebefugnis<br />
ab. Der subjektivrechtliche<br />
Schutz des Landeswahlrechts ist abschließend<br />
durch die Länder gewährleistet. Eine Verletzung<br />
des Art. 19 IV GG aufgrund einer Versagung der<br />
Berufung durch das OVG Mecklenburg-Vorpommern<br />
bestand ebenfalls nicht. Das BVerfG<br />
kann nicht in die Entscheidungshoheit der für die<br />
Wahlprüfung zuständigen Landesgerichte eingreifen,<br />
diese sind selbst an Art. 19 IV GG gebunden.<br />
Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung<br />
eines Antrags auf Ungültigerklärung der<br />
Kreistagswahl in Würzburg am 2.3.2008 nahm<br />
das BVerfG85 nicht zur Entscheidung an. Anlass<br />
der Beschwerde war, dass durch eine Listenverbindung<br />
von FDP und ÖDP letztere Partei einen<br />
Sitz mehr erhielt als wenn sie die Verbindung<br />
nicht eingegangen wäre. Der Beschwerdeführer,<br />
Mitglied der Partei Die Republikaner, sah darin<br />
eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung.<br />
Das BVerfG erkannte kein rügefähiges Recht,<br />
denn das Demokratieprinzip aus Art. 20 I GG ist<br />
kein Recht im Sinne von Art. 93 I Nr. 4 a GG, §<br />
90 I BVerfGG. Weiter steht dem Beschwerdeführer<br />
nicht Art. 38 I 1 GG zur Seite, da sich dieser<br />
nicht auf Wahlen und Abstimmungen auf<br />
Landesebene erstreckt und eine analoge Anwendung<br />
mit Rücksicht auf die selbständigen Verfassungsräume<br />
von Bund und Ländern ausscheidet.<br />
Darüber hinaus enthält Art. 28 I 2 GG, der<br />
die Wahlrechtsgrundsätze auf Landeswahlen<br />
überträgt, lediglich ein objektivrechtliches Verfassungsgebot,<br />
das nicht mit einer Verfassungsbeschwerde<br />
eingeklagt werden kann. Der subjektivrechtliche<br />
Schutz des Wahlrechts ist durch die<br />
Länder abschließend geregelt und daher vor den<br />
Verwaltungsgerichten des Landes einzuklagen.<br />
Damit bestätigte das BVerfG seine vorangegangene<br />
Rechtsprechung86 zu einer gleich gelagerten<br />
Verfassungsbeschwerde bezogen auf eine Kommunalwahl<br />
in Sachsen-Anhalt.<br />
85 Beschluss vom 26.10.2010 – 2 BvR 1913/09, veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
86 Entscheidung vom 11.05.2010 – 2 BvR 511/10, veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
Ebenso behandelte das BVerfG 87 eine Verfassungsbeschwerde<br />
nach erfolglosen Wahlprüfungsbeschwerden<br />
gegen die Landtagswahl 2009<br />
in Schleswig-Holstein. Die Beschwerdeführer<br />
wurden auch hier auf den Rechtsschutz vor den<br />
Landesgerichten verwiesen.<br />
Eine Wahlprüfungsbeschwerde ließ das BVerfG88 nicht zu, weil nicht die nach § 26 III 2 EuWG erforderlichen<br />
100 Wahlberechtigten beigetreten<br />
sind. Mit der strikten Befolgung dieser Formvorschrift<br />
hält das BVerfG an seiner bisherigen<br />
Rechtsprechung fest.<br />
Das BVerwG89 hatte darüber zu entscheiden, ob<br />
gemeinsame Wahlvorschläge mehrerer Fraktionen<br />
zur Besetzung der Ausschüsse der Gemeindevertretung<br />
zulässig sind. Folge des gemeinsamen<br />
Wahlvorschlags war im zugrundeliegenden<br />
Sachverhalt, dass eine andere Fraktion in den<br />
Ausschüssen weniger Sitze erhielt als dies der<br />
Fall gewesen wäre, wenn jede Fraktion einen eigenen<br />
Vorschlag eingereicht hätte. Dies verstößt<br />
nach Ansicht des BVerwG gegen die durch Art.<br />
28 I 2 GG auf die Gemeinden übertragenen<br />
Grundsätze der Demokratie und Volkssouveränität<br />
aus Art. 20 I und II GG. Zur Klärung der Frage<br />
nach der Zulässigkeit eines gemeinsamen<br />
Wahlvorschlags waren der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz<br />
und das Mehrheitsprinzips in praktische<br />
Konkordanz zu setzen. Das BVerwG hielt<br />
sich mit der Anwendung dieser Maßstäbe an die<br />
Rechtsprechung des BVerfG90 zum Bundesrecht,<br />
wonach jeder Ausschuss ein verkleinertes Abbild<br />
des Plenums darstellen muss. Damit soll gewährleistet<br />
werden, dass jedes Mitglied des Vertretungsorgans<br />
gleichberechtigt mitwirken kann<br />
und die Erfolgswertgleichheit der Wählerstimmen<br />
eingehalten wird. Es soll auch in den Ausschüssen<br />
die Entscheidung der Wähler und nicht<br />
erst ein aus Koalitionsvereinbarungen folgendes<br />
Stärkeverhältnis der Parteien repräsentiert werden.<br />
Zwar ist die Gemeindevertretung kein Parlament<br />
sondern ein Organ einer Selbstverwal-<br />
87 NVwZ-RR 2010, S. 945.<br />
88 Beschluss vom 18.10.2010 – 2 BvC 3/10, veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
89 NVwZ 2010, S. 834.<br />
90 BVerfGE 80, 188 ff. – Wüppesahl.<br />
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