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Aufsätze - PRuF

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MIP 2011 17. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />

im Ergebnis aus Sicht des Abgeordneten eher<br />

dünn: er hat letztlich nur einen Anspruch auf abwägungsfehlerfreie<br />

Entscheidung, nicht hingegen<br />

auf eine umfassende Antwort. Hieran ist zu<br />

kritisieren, dass dies vor dem Hintergrund des<br />

öffentlichen Interesses an den Biographien von<br />

Regierungsmitgliedern in einem Unrechtsstaat<br />

und ihrem Status als öffentlicher Person eine<br />

schwache Entscheidung ist. Jedenfalls erhöht<br />

dieses öffentliche Interesse das in die Abwägung<br />

eingehende Interesse einer umfassenden und<br />

sachlich richtigen Antwort, welches zentraler<br />

Grundsatz des Abgeordnetenstatus ist.<br />

Der VGH Bayern77 entschied abschließend über<br />

einen Sonderfall des Spiegelbildlichkeitsprinzips<br />

bei der Ausschussbesetzung eines Kreistages.<br />

Die klagende SPD-Fraktion hatte durch einen<br />

Übertritt ein Mitglied hinzugewonnen, die Grünen-Fraktion<br />

hatte hingegen ein Mitglied verloren.<br />

Rechnerisch verschob sich dadurch die<br />

Mandatszuteilung für die Ausschussbesetzung.<br />

Im Anschluss an seine Rechtsprechung (BayVBl.<br />

1993, 81; 2000, 661) hielt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof<br />

den Fraktionswechsel im<br />

vorliegenden Fall für eine Neuzuteilung der Ausschussmandate<br />

für unbeachtlich. Es hätte einer<br />

Abkehr von bisherigen wesentlichen Positionen<br />

und Wählergruppen und eine Hinwendung zu<br />

neuen Positionen und Milieus bedurft. Der<br />

Kreisrat war allerdings weiterhin Grünen-Mitglied<br />

und trat – trotz Beitritts zur SPD-Fraktion<br />

– nicht in die SPD ein. Erwiesen war, dass hier<br />

eine taktische Ausschussgemeinschaft gebildet<br />

werden sollte, um die die Zahl der Ausschussmandate<br />

für SPD und Grüne insgesamt zu erhöhen.<br />

Die Entscheidung ist nicht völlig unbedenklich.<br />

Politisch-taktische Erwägungen sind grundsätzlich<br />

nicht der Überprüfung durch die Gerichte<br />

anheim gestellt (so Sondervotum Lübbe-Wolff,<br />

BVerfGE 114, 121, 182 ff.). Dies gilt<br />

umso mehr, da gemäß Art. 27 II 5 BayLKrO Zusammenschlüsse<br />

von Kreisräten zulässig sind<br />

und der Wortlaut dieser Norm keine Einschränkungen<br />

vorsieht, die aber der BayVGH dahingehend<br />

einschränkend auslegt, dass sich nur Fraktionslose<br />

zu Zählgemeinschaften zusammen-<br />

77 Beschluss vom 28.09.2009 – Az. 4 ZB 09.858, in:<br />

BayVBl. 2010, 248 f.<br />

schließen können (BayVBl. 2004, 432). Vor diesem<br />

Hintergrund ist die Einschränkung jedoch<br />

verständlich: große Fraktionen sollen nicht durch<br />

Zählgemeinschaften in den Ausschüssen erdrückende<br />

Mehrheiten gegen kleinere erzeugen.<br />

Dieses telos hätte hier zur Nachvollziehbarkeit<br />

der Entscheidung durch Verweis auf Art. 38 I,<br />

28 I 1 GG betont werden können.<br />

Das OVG Koblenz78 entschied über die Beteiligungsfähigkeit<br />

einer Stadtratsfraktion im Verwaltungsprozess,<br />

die auf Grund der Neuwahl des<br />

Stadtrates zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung<br />

vor dem Verwaltungsgericht nicht<br />

mehr im Rat vertreten war. In der Berufung rügte<br />

sie, dass das Verwaltungsgericht die Beteiligungsfähigkeit<br />

wegen des Grundsatzes der Diskontinuität<br />

verneint und ihre Klage gegen einen<br />

Beschluss des Rates kurz vor Ablauf der Wahlperiode<br />

als unzulässig abgewiesen hatte. Die<br />

Entscheidung ist problematisch. Ein formales<br />

Verständnis der Diskontinuität müsste dazu führen,<br />

dass alle Fraktionen ihre Beteiligungsfähigkeit<br />

im Verwaltungsprozess verlören – auch diejenigen,<br />

die in die Vertretungskörperschaft zurückgewählt<br />

werden. Die Entscheidung läuft ferner<br />

auf eine Rechtsschutzverweigerung für solche<br />

Fraktionen hinaus, die zwar im Kommunalverfassungsstreit<br />

möglicherweise begründete<br />

Anträge stellen, aber nicht mehr in die Vertretungskörperschaft<br />

zurückgewählt werden. Ein<br />

Abstellen auf den Zeitpunkt der Statusrechtsverletzung<br />

– nämlich innerhalb der besagten Wahlperiode<br />

– würde dem demokratiesensiblen Charakter<br />

des Kommunalverfassungsstreits gerechter,<br />

nicht zuletzt in Hinblick auf BVerfGE 4, 144.<br />

Das VG Bremen 79 entschied über die Problematik<br />

der Fraktionsmindestgrößen in kommunalen<br />

Vertretungskörperschaften. Von dem Fraktionsstatus<br />

hängt unter anderem der Zugang zu öffentlichen<br />

Mitteln und Räumlichkeiten ab. In der<br />

Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bremerhaven<br />

sind seit der Wahl 2007 bei 48 Stadtverordneten<br />

mit je drei Mandaten „Die Linke“,<br />

78 Beschluss vom 04.02.2010 – Az. 2 A 11246/09, in:<br />

NvwZ-RR 2010, 448 (Leitsatz), in: AS RP-SL 38, 297<br />

ff. (Leitsatz und Gründe).<br />

79 Urteil vom 05.03.2010 – Az. 1 K 1937/07, veröffentlicht<br />

bei juris.<br />

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