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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2011 17. Jhrg. Das VG Berlin65 hat sich zudem erneut mit den staatlichen Zuwendungen an die NPD auseinandersetzen müssen. Die Bundestagsverwaltung hatte gegen die NPD wegen festgestellter Unrichtigkeiten in den Rechenschaftsberichten 2004-2007 einen Rückforderungsbescheid in Höhe von 33.000 Euro erlassen. Die zuständige 2. Kammer des VG Berlin bestätigte die von der Bundestagsverwaltung gerügten Verstöße gegen das parteienrechtliche Transparenzgebot. Die NPD habe es unterlassen, Einnahmen aus Veranstaltungen der Kreisverbände Jena und Gera in Höhe von insgesamt 16.603,79 Euro für die Jahre 2004-2007 in den jeweiligen Rechenschaftsberichten auszuweisen. In den Jahren 2004-2006 habe die Partei diese Einnahmen direkt mit den Ausgaben verrechnet, was nach dem Parteiengesetz unzulässig sei. Im Jahr 2007 seien Einnahmen unerwähnt geblieben, weil der Bundesvorstand der NPD bei der Abfassung des Rechenschaftsberichtes Zahlen aus Excel-Tabellen nicht eingefügt habe. Die Fehler seien der Klägerin auch vorzuwerfen, was die Festsetzung einer Sanktion rechtfertige. Wegen der grundsätzlich bedeutsamen Frage, ob die Vorschrift des § 31b Parteiengesetz Verschulden (Vorsatz und Fahrlässigkeit) erfordert, hat die Kammer die Berufung und die Sprungrevision zugelassen. Das FG München66 hat sich mit der Haftung für Aufwandsspenden an eine politische Partei auseinandergesetzt. Der Landesverband einer Partei wurde wegen unrechtmäßig ausgestellten Spendenbescheinigungen in Anspruch genommen. Nach § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG haftet für die entgangene Steuer, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Spendenbestätigung ausstellt. Eine Spendenbescheinigung ist dann unrichtig, wenn der Inhalt nicht der objektiven Sach- und Rechtslage entspricht. Sogenannte Aufwandsspenden können steuerlich als reguläre Spende zu berücksichtigen sein, sofern beim Spender nachweislich eine tatsächliche Vermögensminderung eintritt. Die Spende 65 VG Berlin, Urteil vom 3. Dezember 2010 – 2 K 108.10, nicht veröffentlicht. 66 FG München – 6 K 3583/07 in: EFG 2009, 1823 ff. 178 liegt allerdings noch nicht darin, dass der Spender Aufwendungen für den Spendenempfänger tätigt. Zunächst einmal entsteht ein zivilrechtlicher Anspruch des Spenders auf Ersatz seiner Aufwendungen (§ 670 BGB) 67 . Die eigentliche Spende liegt erst im anschließenden Verzicht auf diesen Anspruch68 . Es liegt mithin keine Sachsondern eine Geldspende vor. Denn erst der Verzicht bewirkt den endgültigen Vermögensabfluss beim Spender und eine entsprechende Bereicherung beim Spendenempfänger. Notwendige Voraussetzung einer Aufwandsspende ist damit ein zivilrechtlich wirksamer Verzicht. Zivilrechtlich wirksam wird eine Verzichtserklärung, wenn sie dem Schatzmeister zugeht69 . Die Spendenbescheinigung ist dem Spender mithin für das Jahr des Zugangs der Verzichtserklärung beim Schatzmeister auszustellen. Geschieht dies nicht, liegt ein wesentlicher Fehler vor, der Grundlage für eine Haftunginanspruchnahme gemäß § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG i.V.m. § 191 Abs. 1 AO sein kann. Voraussetzung für die Haftung ist ferner Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der für die Partei die Spendenbescheinigung ausstellenden Person. Im zu entscheidenden Fall lag zumindestens Fahrlässigkeit vor, da den Verantwortlichen die Bedeutung des Zeitpunktes des Verzichtes durch ein Rundschreiben bekannt sein musste. Die vom FG München vorgenommene Abwägung aller erkennbaren tatsächlichen Gesichtspunkte des Streitfalles ergab, dass aus steuerlicher Sicht nicht von ernsthaften Verzichtserklärungen ausgegangen werden konnte. Das Gericht nimmt eine umfangreiche Aufzählung von Umständen vor, die gegen die ernsthafte, einem Fremdvergleich standhaltende Vereinbarung von Aufwandsersatzansprüchen mit anschließender Verzichtserklärung sprechen70 . 67 FG München – 6 K 3583/07 in: EFG 2009, 1823 ff. unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/888 Seite 13. 68 Siehe auch VG Berlin, Urteil vom 20.05.2008 – 2 A 28.07, Rn. 53. 69 FG München – 6 K 3583/07 in: EFG 2009, 1823 ff. unter Hinweis auf BGH, in: NJW 2000, 276. 70 FG München – 6 K 3583/07 in: EFG 2009, 1823 ff. Rn. 56, 94, 105.
MIP 2011 17. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung Die eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BFH mit Beschluss vom 16. März 2010 als unzulässig verworfen71 . Der EuGH hat mit Urteil vom 6. Oktober 200972 festgestellt, dass Art. 4 I und II der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage – dahingehend auszulegen ist, dass Tätigkeiten der Außenwerbung der Unterorganisation einer politischen Partei eines Mitgliedstaates nicht als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen sei. Organisationen, die wirtschaftliche Tätigkeiten erbringen, sind zum Abzug der dabei anfallenden Mehrwertsteuer berechtigt. Diesen Abzug wollte die Kärntner Landesorganisation der SPÖ für verschiedene Aktivitäten im Bereich der Außenwerbung geltend machen. Durch diese Tätigkeiten entfalte die SPÖ eine nach außen gerichtete Tätigkeit im Rahmen der Verwirklichung ihrer politischen Ziele, die die Verbreitung ihrer Anschauungen als politische Organisation bezwecke. Im Einzelfall bestehe die Tätigkeit der SPÖ darin, u.a. über die Landesorganisation zur politischen Willensbildung beizutragen, um an der Ausübung politischer Macht teilzuhaben. Bei dieser Ausübung nehme die SPÖ nicht an einem Markt teil. Daher könne die fragliche Tätigkeit keine „wirtschaftliche Tätigkeit“ i.S. der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie sein. Dr. Heike Merten 4. Parteien und Parlamentsrecht In einem Beschluss stellte das BVerfG 73 klar, dass die Steuerfreiheit der Pauschale für mandatsbedingte Aufwendungen verfassungsmäßig ist, denn sie beinhaltet keine willkürliche Ungleichbehandlung gegenüber der Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer gem. § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG. 71 BFH Beschluss vom 16. März 2010 – X B 131/09. 72 EuGH, in EuZW 2009, 868 ff. 73 Beschluss vom 26.07.2010 – Az. 2 BvR 2227/08, in: NVwZ 2010, 1429 f. Der BayVerfGH 74 entschied über die Wahrung der Proportionalität bei der Ausschussbesetzung. Gegenstand des Verfahrens war der Antrag der Oppositionsfraktionen in einem Organstreit zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Landtagsbeschlusses zur Besetzung der Landtagsausschüsse. Gemäß dieses Beschlusses auf Grundlage des Saint-Laguë/Schepers-Berechnungsverfahrens (§ 25 II GOLT, LT-Drs. 16/51) hält die CSU genau die Hälfte der Mandate in Ausschüssen mit 16, 20 und 22 Mitgliedern, obwohl sie weniger als die Hälfte der Landtagsmandate stellt. Die Entscheidung läuft auf eine Abwägung der Parlamentsautonomie und des Selbstorganisationsrechts des Parlaments (Art. 20 BV) mit den Grundsätzen der Spiegelbildlichkeit der Ausschussbesetzungen gegenüber dem Landtagsplenum hinaus. Der BayVerfGH erklärt die Anträge der antragstellenden Fraktionen für unbegründet. Das Selbstorganisationsrecht umfasst danach zwar nicht das Recht des Parlaments, Ausschussmandate willkürlich zuzuweisen, aber sehr wohl, unter mehreren anerkannten, die Chancengleichheit der Fraktionen wahrenden Sitzzuteilungsverfahren frei zu entscheiden. Vom Selbstorganisationsrecht weiterhin abgedeckte Entscheidungsgesichtspunkte sind die Arbeitsfähigkeit und somit die Größe der Ausschüsse unter gleichzeitiger Beachtung des Gebots, dass jede Fraktion ein angemessenes Recht zur Mitwirkung haben muss. Es fällt, so das Gericht, in das Selbstorganisationsrecht des Parlaments, die Ausschussgrößen weitgehend frei zu wählen. Auch wenn sich Verzerrungseffekte bei Größen von 16, 20 und 22 Abgeordneten ergäben, wäre dies alleine nicht zu beanstanden. Wenn Pattsituationen bei ungeraden Ausschussgrößen nicht auftreten, obliegt es dem Parlament, dies zu berücksichtigen und die verfassungsnähere Sitzverteilung zu wählen. Das Gericht moniert dies zwar; nach seiner Auffassung kommt es jedoch hier nicht darauf an. Zu berücksichtigen sind auch die Mehrheitsverhältnisse im Landtag (Art. 16a BV). Danach halten CSU und FDP eine Mehrheit von 57,8% der Stimmen im Landtag, die in den Ausschüssen 74 Entscheidung vom 26.11.2009 – Az. Vf. 32-IVa-09, in: NvwZ-RR 2010, 209 ff. 179
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MIP 2011 17. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
Die eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde<br />
wurde vom BFH mit Beschluss vom 16. März<br />
2010 als unzulässig verworfen71 .<br />
Der EuGH hat mit Urteil vom 6. Oktober 200972 festgestellt, dass Art. 4 I und II der Sechsten<br />
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai<br />
1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften<br />
der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern –<br />
Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche<br />
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage – dahingehend<br />
auszulegen ist, dass Tätigkeiten der<br />
Außenwerbung der Unterorganisation einer politischen<br />
Partei eines Mitgliedstaates nicht als<br />
wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen sei.<br />
Organisationen, die wirtschaftliche Tätigkeiten<br />
erbringen, sind zum Abzug der dabei anfallenden<br />
Mehrwertsteuer berechtigt. Diesen Abzug<br />
wollte die Kärntner Landesorganisation der SPÖ<br />
für verschiedene Aktivitäten im Bereich der Außenwerbung<br />
geltend machen. Durch diese Tätigkeiten<br />
entfalte die SPÖ eine nach außen gerichtete<br />
Tätigkeit im Rahmen der Verwirklichung ihrer<br />
politischen Ziele, die die Verbreitung ihrer<br />
Anschauungen als politische Organisation<br />
bezwecke. Im Einzelfall bestehe die Tätigkeit<br />
der SPÖ darin, u.a. über die Landesorganisation<br />
zur politischen Willensbildung beizutragen, um<br />
an der Ausübung politischer Macht teilzuhaben.<br />
Bei dieser Ausübung nehme die SPÖ nicht an einem<br />
Markt teil. Daher könne die fragliche Tätigkeit<br />
keine „wirtschaftliche Tätigkeit“ i.S. der<br />
Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie sein.<br />
Dr. Heike Merten<br />
4. Parteien und Parlamentsrecht<br />
In einem Beschluss stellte das BVerfG 73 klar,<br />
dass die Steuerfreiheit der Pauschale für mandatsbedingte<br />
Aufwendungen verfassungsmäßig<br />
ist, denn sie beinhaltet keine willkürliche Ungleichbehandlung<br />
gegenüber der Werbungskostenpauschale<br />
für Arbeitnehmer gem. § 9a Satz 1<br />
Nr. 1 EStG.<br />
71 BFH Beschluss vom 16. März 2010 – X B 131/09.<br />
72 EuGH, in EuZW 2009, 868 ff.<br />
73 Beschluss vom 26.07.2010 – Az. 2 BvR 2227/08, in:<br />
NVwZ 2010, 1429 f.<br />
Der BayVerfGH 74 entschied über die Wahrung<br />
der Proportionalität bei der Ausschussbesetzung.<br />
Gegenstand des Verfahrens war der Antrag der<br />
Oppositionsfraktionen in einem Organstreit zur<br />
Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines<br />
Landtagsbeschlusses zur Besetzung der Landtagsausschüsse.<br />
Gemäß dieses Beschlusses auf<br />
Grundlage des Saint-Laguë/Schepers-Berechnungsverfahrens<br />
(§ 25 II GOLT, LT-Drs. 16/51)<br />
hält die CSU genau die Hälfte der Mandate in<br />
Ausschüssen mit 16, 20 und 22 Mitgliedern, obwohl<br />
sie weniger als die Hälfte der Landtagsmandate<br />
stellt. Die Entscheidung läuft auf eine<br />
Abwägung der Parlamentsautonomie und des<br />
Selbstorganisationsrechts des Parlaments (Art.<br />
20 BV) mit den Grundsätzen der Spiegelbildlichkeit<br />
der Ausschussbesetzungen gegenüber<br />
dem Landtagsplenum hinaus. Der BayVerfGH<br />
erklärt die Anträge der antragstellenden Fraktionen<br />
für unbegründet. Das Selbstorganisationsrecht<br />
umfasst danach zwar nicht das Recht des<br />
Parlaments, Ausschussmandate willkürlich zuzuweisen,<br />
aber sehr wohl, unter mehreren anerkannten,<br />
die Chancengleichheit der Fraktionen<br />
wahrenden Sitzzuteilungsverfahren frei zu entscheiden.<br />
Vom Selbstorganisationsrecht weiterhin<br />
abgedeckte Entscheidungsgesichtspunkte<br />
sind die Arbeitsfähigkeit und somit die Größe<br />
der Ausschüsse unter gleichzeitiger Beachtung<br />
des Gebots, dass jede Fraktion ein angemessenes<br />
Recht zur Mitwirkung haben muss. Es fällt, so<br />
das Gericht, in das Selbstorganisationsrecht des<br />
Parlaments, die Ausschussgrößen weitgehend<br />
frei zu wählen. Auch wenn sich Verzerrungseffekte<br />
bei Größen von 16, 20 und 22 Abgeordneten<br />
ergäben, wäre dies alleine nicht zu beanstanden.<br />
Wenn Pattsituationen bei ungeraden Ausschussgrößen<br />
nicht auftreten, obliegt es dem Parlament,<br />
dies zu berücksichtigen und die verfassungsnähere<br />
Sitzverteilung zu wählen. Das Gericht<br />
moniert dies zwar; nach seiner Auffassung<br />
kommt es jedoch hier nicht darauf an. Zu berücksichtigen<br />
sind auch die Mehrheitsverhältnisse<br />
im Landtag (Art. 16a BV). Danach halten<br />
CSU und FDP eine Mehrheit von 57,8% der<br />
Stimmen im Landtag, die in den Ausschüssen<br />
74 Entscheidung vom 26.11.2009 – Az. Vf. 32-IVa-09,<br />
in: NvwZ-RR 2010, 209 ff.<br />
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