Aufsätze - PRuF
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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2011 17. Jhrg.<br />
überschritten werden. So hat das VG Gera48 die<br />
Befugnis eines Oberbürgermeisters verneint, in<br />
amtlicher Eigenschaft im Rahmen der "Öffentlichen<br />
Bekanntmachungen" einer Großstadt dazu<br />
aufzurufen, gegen eine angemeldete Demonstration<br />
zu protestieren. Bei der Veranstaltung, gegen<br />
die sich der Aufruf richtete, handelte es sich<br />
um eine auch musikalische Darbietungen umfassende<br />
Veranstaltung des NPD-Kreisverbandes<br />
Gera mit dem Titel „8. Rock für Deutschland“<br />
und unter dem Motto „Deutsches Geld für deutsche<br />
Ausgaben, raus aus dem Euro!“. In seiner<br />
Eigenschaft als Amtsträger hat der Oberbürgermeister<br />
in der Zeitung „Kommunaler Anzeiger<br />
für die Otto-Dix-Stadt Gera“ unter der Rubrik<br />
„Öffentliche Bekanntmachungen der Stadt Gera“<br />
mit seinem Aufruf den Eindruck erweckt, es<br />
handele sich dem Inhalt nach um einen Blockadeaufruf,<br />
der auf eine Erschwerung des Zugangs<br />
zum Veranstaltungsort zielt. Dabei handelt es<br />
sich nach Ansicht des VG Gera um eine amtliche<br />
Äußerung eines Hoheitsträgers mit Eingriffsqualität,<br />
die nur dann gerechtfertigt sein<br />
kann, wenn sich der Hoheitsträger im Rahmen<br />
der ihm zugewiesenen Aufgaben bewegt und in<br />
der Form das Sachlichkeitsgebot wahrt. Dies erfordere<br />
es, „dass mitgeteilte Tatsachen zutreffend<br />
wiedergegeben werden und Werturteile<br />
nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen und<br />
den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten<br />
sowie auf einem im Wesentlichen zutreffenden<br />
und zumindest sachgerecht und vertretbar<br />
gewürdigten Tatsachenkern beruhen“ 49 .<br />
Dies bezweifelte das VG Gera hinsichtlich der in<br />
dem Aufruf geäußerten Ansicht des Oberbürgermeisters,<br />
dass Gera sich „zum Pilgerort von Nazis“<br />
entwickelt, zu einem „Ort, an dem sie sich<br />
ausbreiten und einrichten“. Zudem war der Aufruf<br />
insgesamt nicht geeignet, das Bild einer neutralen<br />
Verwaltung zu zeichnen.<br />
Dr. Alexandra Bäcker<br />
48 Beschluss vom 06.07.2010 – 2 E 465/10 Ge, in:<br />
ThürVBl. 2010, S. 234 ff.<br />
49 VG Gera, in: ThürVBl. 2010, S. 234 (235); zustimmend<br />
Beatrice Lederer, jurisPR-ITR 20/2010 Anm. 6,<br />
online veröffentlicht bei juris, Gliederungspunkt C.<br />
174<br />
3. Parteienfinanzierung<br />
Das OVG Berlin-Brandenburg50 hat die Berufung<br />
gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts<br />
Berlin vom 20. Mai 2008 nicht zugelassen. Im<br />
Ausgangsverfahren hatte das VG Berlin die Klage<br />
gegen einen Rückforderungsbescheid staatlicher<br />
Parteienfinanzierung nach fehlerhaftem Rechenschaftsbericht<br />
abgewiesen. Dabei ging es<br />
substantiell darum, dass nur ein materieller Rechenschaftsbericht<br />
Grundlage für die staatliche<br />
Parteienfinanzierung sein kann, ferner um die<br />
Frage, ob Sach-, Werk- und Dienstleistungen,<br />
die von Parteimitgliedern üblicherweise unentgeltlich<br />
außerhalb des Geschäftsbetriebes zur<br />
Verfügung gestellt werden, als Spende einzuordnen<br />
sind, sowie um die Behandlung von sog.<br />
Aufwandsspenden.<br />
Das OVG hat die Nichtzulassung der Berufung<br />
im Wesentlichen damit begründet, dass die pauschale<br />
Darlegung, „es gehe um parteienrechtliche<br />
Probleme, die höchstrichterlich nicht geklärt<br />
seien und zu denen unterschiedliche Meinungen<br />
im Schrifttum vertreten würden“, keine beachtliche<br />
Grundsatzrüge darstelle. Der Zulassungsgrund<br />
der grundsätzlichen Bedeutung der Sache<br />
(§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) setze deutlich mehr<br />
voraus.<br />
Das VG Berlin51 hatte sich mit der Rückforderung<br />
staatlicher Parteienfinanzierung gegenüber<br />
der FDP wegen rechtswidriger Spenden des damaligen<br />
nordrhein-westfälischen FDP-Landesvorsitzenden<br />
Jürgen W. Möllemann zu beschäftigen.<br />
Die Bundestagsverwaltung erließ im Juli 2009<br />
einen Strafbescheid gegen die FDP in Höhe von<br />
3.463.148,79 Mio. Euro. Im Zeitraum von 1996<br />
bis 2002 hatte der nordrhein-westfälische Landesverband<br />
der FDP von Möllemann herrührende<br />
Bar- und Sachspenden angenommen bzw. es<br />
unterlassen, die Spenden im Rechenschaftsbericht<br />
zu veröffentlichen. Für die streitbefangenen<br />
Sachverhalte findet die Rechtslage des Parteien-<br />
50 OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.06.2010<br />
– 3 N 107.08.<br />
51 VG Berlin, Urteil vom 08.12.2009 – 2 K 126.09.