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Aufsätze - PRuF

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MIP 2011 17. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />

besondere ermöglicht die Gemeinde generell<br />

eine Nutzung des Wappens durch Dritte, die mit<br />

der Nutzung eine gewisse Ortsverbundenheit<br />

und Identifikation mit der Gemeinde zum Ausdruck<br />

zu bringen möchten. Fünftens rügte der<br />

Kläger, das sein Gegenkandidat sich als „Diplom<br />

Verwaltungs-Betriebswirt (VWA)“ bezeichnet<br />

und durch die eigenmächtige Verwendung des<br />

Zusatzes „Diplom“ einen akademischen Grad<br />

vorgetäuscht habe, der für eine größere Zahl von<br />

Wählern durchaus als Qualifikationsmerkmal eines<br />

Bürgermeisters von Bedeutung sein könne.<br />

Tatsächlich handelte es sich dabei um eine Abschlussbezeichnung<br />

der Sächsischen Verwaltungs-<br />

und Wirtschafts-Akademie, die nach der<br />

im Freistaat Sachsen geltenden Rechtslage Diplome<br />

als staatliche Abschlussbezeichnungen<br />

verleihen dürfen. Insgesamt war der Klage damit<br />

unbegründet. Auch der Antrag auf Zulassung der<br />

Berufung gegen dieses Urteil vor dem OVG<br />

Bautzen43 wurde abgelehnt.<br />

Erfolg war dagegen einer Wahlanfechtungsklage<br />

vor dem VG Dresden44 beschieden. Die Oberbürgermeisterwahl<br />

der Großen Kreisstadt Bischofswerda<br />

wurde für ungültig erklärt. Das VG<br />

hielt an seiner bisherigen Rechtsprechung fest,<br />

wonach die Verwendung des „Logos“ einer<br />

Stadt in einer Wahlwerbung keine gesetzwidrige<br />

Wählerbeeinflussung darstellt, wenn die Verwendung<br />

des „Logos“ Dritten gestattet ist. Das<br />

als „Angebot des Tages“ im Internet und auf<br />

Wahlflyern geäußerte Wahlversprechen, im Falle<br />

einer Wiederwahl für jede erhaltene Stimme 1€<br />

für die Vereine der Stadt zu spenden, verstößt<br />

nach Ansicht des Gerichts allerdings gegen den<br />

Grundsatz der Freiheit der Wahl und stellt eine<br />

gesetzwidrige – wenn auch nicht strafbare –<br />

Wahlbeeinflussung dar.<br />

Die Abgrenzung zulässiger Öffentlichkeitsarbeit<br />

der Regierung von unzulässiger Wahlbeeinflussung<br />

war Gegenstand eines Organstreitverfahrens<br />

vor dem VerfGH Saarland45 . Die Grenz-<br />

43 Beschluss vom 19.04.2010 – 4 A 410/09, online veröffentlicht<br />

bei juris.<br />

44 Urteil vom 09.09.2009 – 4 K 1713/08, in: LKV 2009,<br />

S. 573 ff.<br />

45 Urteil vom 01.07.2010 – Lv 4/09, in: NVwZ-RR 2010,<br />

S. 785 f.<br />

ziehung nahm das Gericht in erster Linie anhand<br />

des Zeitraumes vor, innerhalb dessen die Regierung<br />

des Saarlandes sich ihrer mit Haushaltsmitteln<br />

betriebenen „Öffentlichkeitsarbeit“ durch<br />

Arbeits-, Leistungs- oder Erfolgsberichte widmete.<br />

In der sog. „Vorwahlzeit“ gewinnen solche<br />

Veröffentlichungen in aller Regel den Charakter<br />

parteiischer Werbemittel in der Wahlauseinandersetzung,<br />

in die einzugreifen der Regierung<br />

verfassungsrechtlich versagt ist46 . Anders als es<br />

das BVerfG für den Beginn der „Vorwahlzeit“<br />

bei Bundestagswahlen entschieden hat47 , kann<br />

nach Ansicht des Gerichts allerdings als Orientierungspunkt<br />

nicht die Bekanntmachung des<br />

Wahltermins im Amtsblatt dienen. Dies berge<br />

die Gefahr, dass sehr lange Zeiträume entstehen,<br />

in denen das Gebot der Neutralität des Staates<br />

im Wahlkampf und der Grundsatz der Chancengleichheit<br />

bei Wahlen der – grundsätzlich aber<br />

zulässigen und auch im Interesse der Rückkoppelung<br />

an das Volk notwendigen – Öffentlichkeitsarbeit<br />

der Regierung äußerste Zurückhaltung<br />

abverlangen. Für die Landtagswahl 2009<br />

hätte es sich danach um einen Zeitraum von fast<br />

10 Monaten gehandelt. Zudem darf nach Ansicht<br />

des Gerichts „der Zeitraum der Vorwahlzeit<br />

nicht - wie dies beim Anknüpfen an den Tag der<br />

Bekanntmachung des Wahltermins der Fall ist -<br />

von der Regierung beeinflusst werden können“.<br />

Anknüpfend an den Wahltag wurde ein Zeitraum<br />

von drei Monaten als angemessen erachtet. In<br />

Anwendung dieses Kriteriums hat die Regierung<br />

des Saarlandes durch die Publikation der Broschüre<br />

"Saarland - aber sicher", durch die Veröffentlichung<br />

einer Anzeigenserie "Der Ministerpräsident<br />

informiert" und durch einen Brief des<br />

Ministerpräsidenten des Saarlandes, der den Gehaltsabrechnungen<br />

der Beschäftigten des Landes<br />

beigefügt war, unzulässigerweise werbend in den<br />

Wahlkampf eingegriffen.<br />

Mit amtlichen Äußerungen kann allerdings nicht<br />

nur im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang<br />

mit Wahlen, sondern auch darüber hinaus die<br />

Grenze zu einer zulässigen Öffentlichkeitarbeit<br />

46 VerfGH Saarland, in: NVwZ-RR 2010, S. 785, unter<br />

Hinweis auf BVerfGE 44, 125 (152).<br />

47 S. BVerfGE 44, 125 (153).<br />

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