Aufsätze - PRuF
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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2011 17. Jhrg.<br />
gebotenen summarischen Prüfung, ob die beabsichtigte<br />
Klage hinreichend Aussicht auf Erfolg<br />
hat, kam das VG Gießen in beiden Verfahren zu<br />
dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist. Die<br />
mit einem Wahlanfechtungsverfahren angestrebte<br />
Wiederholung der Wahl setzt nach § 50 Nr. 2<br />
KWG Hessen voraus, dass im Wahlverfahren<br />
Unregelmäßigkeiten oder strafbare oder gegen<br />
die guten Sitten verstoßende Handlungen vorgekommen<br />
sind, die das Wahlergebnis beeinflussen<br />
und bei denen nach den Umständen des Einzelfalls<br />
eine nach der Lebenserfahrung konkrete<br />
Möglichkeit besteht, dass sie auf das Ergebnis<br />
von entscheidendem Einfluss gewesen sein können.<br />
Dies kann bei einem „lediglich“ überhöhten<br />
Kautionsverlangen nicht angenommen werden.<br />
Zudem wies das VG Gießen darauf hin, dass<br />
Entscheidungen und Maßnahmen, die sich nicht<br />
unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen,<br />
auch im Vorfeld einer Wahl hätten in einem<br />
einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem<br />
Verwaltungsgericht angegriffen werden können.<br />
Es wäre für den unterlegenen NPD-Bürgermeisterkandidaten<br />
sicher hilfreich gewesen, wenn<br />
dieser Hinweis um die Information ergänzt worden<br />
wäre, dass sich diese Möglichkeit selbstverständlich<br />
nur dem in einem solchen Verfahren<br />
Passivlegitimierten, hier also dem NPD-Kreisverband<br />
Wetterau, geboten hätte. Aus diesem<br />
Grunde war auch der zweite Prozesskostenhilfeantrag<br />
des Bürgermeisterkandidaten abzulehnen.<br />
Da er nicht in eigenen Rechten betroffen ist,<br />
hatte die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit<br />
der Kautionsfestsetzung keine Aussicht<br />
auf Erfolg.<br />
Zu den Evergreens gerichtlicher Auseinandersetzungen<br />
scheinen auch die Girokonten-Fälle zu<br />
gehören. Dass die wesentlichen Rechtsfragen des<br />
Anspruchs auf Einrichtung, auf Weiterführung<br />
oder der Kündigung von Girokonten politischer<br />
Parteien sowie die Prozessführungsbefugnis als<br />
geklärt zu betrachten sind, hat nun auch das<br />
BVerwG31 explizit feststellen müssen, als es<br />
eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der<br />
Revision gegen ein Urteil des OVG NRW32 zurückwies.<br />
Nach bereits herrschender höchstge-<br />
31 Beschluss vom 10.08.2010 – 6 B 16/10, online veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
170<br />
richtlicher Rechtsprechung ist die Beteiligungsfähigkeit<br />
niederer Gebietsverbände politischer<br />
Parteien in verwaltungsgerichtlichen Verfahren<br />
(§ 61 Nr. 2 VwGO) als Erweiterung der in § 3<br />
PartG geregelten Parteifähigkeit der Gesamtpartei<br />
und der Gebietsverbände der jeweils höchsten<br />
Stufe zu verstehen und tritt als prozessuale Möglichkeit<br />
hinzu. Weiter ergibt sich bereits aus der<br />
Rechtsprechung des BVerwG, dass „ein Träger<br />
öffentlicher Gewalt dem gegen ihn gerichteten<br />
Gleichbehandlungsanspruch aus § 5 PartG nicht<br />
entgegenhalten kann, die betreffende Partei könne<br />
sich Ersatz für die einer anderen Partei gewährte,<br />
ihr hingegen vorenthaltene öffentliche<br />
Leistung bei einem - privaten - Dritten beschaffen“.<br />
Zudem hat der BGH bereits entschieden,<br />
dass insbesondere eine Parteiuntergliederung<br />
nicht auf die (Mit-)Benutzung eines anderweitig<br />
eingerichteten Kontos einer anderen Parteigliederung<br />
verwiesen werden kann33 . Auch ist der<br />
gegen einen Träger öffentlicher Gewalt „gerichtete<br />
Anspruch auf Gleichbehandlung nicht deshalb<br />
ausgeschlossen [..], weil der Kreisverband<br />
Oberhausen der Klägerin [NPD, Anm. d. Verf.]<br />
in einem früheren Zeitpunkt einen Dritten auf<br />
die Gewährung einer entsprechenden Leistung<br />
hätte in Anspruch nehmen können, dies aber<br />
nicht getan hat.“<br />
Mit gleichlautenden Fragen hatte sich auch das<br />
VG Gießen34 zu befassen und sie in vorgenanntem<br />
Sinne beantwortet. Ebenso hat das OVG<br />
Schleswig35 in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren<br />
einen Anspruch einer politischen<br />
Partei, hier der DVU, auf (vorläufige) Zurverfügungstellung<br />
eines Kontos durch eine Sparkasse,<br />
die als Anstalt des öffentlichen Rechts im<br />
Bereich staatlicher Daseinsvorsorge Teil der<br />
vollziehenden Gewalt ist, zu Recht und im Ein-<br />
32 Urteil vom 14.12.2009 – 16 A 1822/07, nicht veröffentlicht.<br />
33 Unter Hinweis auf BGHZ 154, 146 (152) für ein Treuhandkonto,<br />
und auf BGH, Urteil vom 02.12.2003 – XI<br />
ZR 397/02, in: NJW 2004, 1031 (1032).<br />
34 Urteil vom 14.07.2010 – 8 K 69/09.GI, online veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
35 Beschluss vom 26.01.2010 – 2 MB 28/09, online veröffentlicht<br />
bei juris. S. hierzu auch die Anmerkung von<br />
Eric Neiseke, jurisPR-BKR 10/2010 Anm. 4, online<br />
veröffentlicht bei juris.