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Aufsätze - PRuF

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MIP 2011 17. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />

Auch die „Bürgerbewegung Pro Deutschland“<br />

konnte vor dem VG Berlin23 und in zweiter Instanz<br />

vor dem OVG Berlin-Brandenburg24 einen Anspruch auf Überlassung eines Sitzungssaales<br />

im Rathaus Berlin-Schöneberg zur Durchführung<br />

ihres Bundesparteitages durchsetzen. Es<br />

entsprach bisheriger Verwaltungspraxis, die<br />

Räumlichkeiten auch politischen Parteien zur<br />

Verfügung zu stellen. Auch in diesem Fall konnte<br />

die erst nach Eingang des Antrags „mit sofortiger<br />

Wirkung“ beschlossene Änderung der Nutzungs-<br />

und Entgeltordnung dem Anspruch der<br />

Partei auf Bescheidung ihres Antrags nach der<br />

„alten“ Rechtslage nicht entgegengehalten werden.<br />

„Mit sofortiger Wirkung“ dürfen dann eben<br />

nur die ab dem Zeitpunkt des Erlasses eingehenden<br />

Anträge nach der neuen Vergabepraxis behandelt<br />

werden.<br />

Die Frage der „Ortsansässigkeit“ einer politischen<br />

Partei spielt bei der Vergabe öffentlicher<br />

Einrichtungen immer häufiger eine Rolle25 . So<br />

auch in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren<br />

vor dem VG Halle (Saale) 26 und in zweiter<br />

Instanz vor dem OVG Sachsen-Anhalt27 . Offenbar<br />

avanciert der Hinweis auf das Fehlen eines<br />

ortsansässigen Gebietsverbands der politischen<br />

Partei zu einem gern genutzten Argument der<br />

Träger gemeindlicher Einrichtungen zur Begründung<br />

der Antragsablehnung. Weil die Vergabepraxis<br />

gegenüber politischen Parteien allein auf<br />

Veranstaltungen mit regionalem Charakter beschränkt<br />

sei, wurde seitens der Träger der öffentlichen<br />

Einrichtungen ein Anspruch auf Überlassung<br />

einer gemeindlichen Einrichtung verneint.<br />

Ob § 5 PartG, wonach alle politischen Parteien<br />

gleich zu behandeln sind, einer solchen Vergabepraxis<br />

rechtlich entgegensteht, blieb in der<br />

Rechtsprechung des OVG Saarlouis zuletzt noch<br />

23 Beschluss vom 01.06.2010 – 2 L 72.10, nicht veröffentlicht.<br />

24 Beschluss vom 28.06.2010 – 3 S 40/40, in: NVwZ-RR<br />

2010, 765 ff.<br />

25 S. dazu bereits A. Bäcker, Spiegel der Rechtsprechung<br />

– Chancengleichheit, in MIP 2010, S. 118 f.<br />

26 Beschluss vom 26.10.2010 – 6 B 207/10, nicht veröffentlicht.<br />

27 Beschluss vom 05.11.2010 – 4 M 221/10, online veröffentlicht<br />

bei juris.<br />

offen, da jedenfalls nach der – letztlich relevanten<br />

– tatsächlichen Vergabepraxis die fraglichen<br />

Räumlichkeiten auch für „überregionale“ Veranstaltungen<br />

zur Verfügung gestellt wurden28 . So<br />

verhielt es sich zwar auch in dem vor dem VG<br />

Halle (Saale) und dem OVG Sachsen-Anhalt geführten<br />

Rechtsstreit. Nichtsdestotrotz enthielten<br />

sich die entscheidenden Gerichte hier nicht einer<br />

rechtlichen Beurteilung einer solchen Vergabepraxis:<br />

Es sah in dem Kriterium der „Ortsansässigkeit“<br />

keinen sachlichen Grund für eine Differenzierung<br />

zwischen den Parteien und damit<br />

einen Verstoß gegen den in § 5 PartG einfachrechtlich<br />

ausgestalteten Grundsatz der Chancengleichheit<br />

politischer Parteien.<br />

Eine geplante und letztlich nicht durchgeführte<br />

Wahlkampfveranstaltung des NPD-Kreisverbandes<br />

Wetterau anlässlich der bevorstehenden Bürgermeisterwahl<br />

in Büdingen beschäftigte das<br />

VG Gießen zweimal. Der unterlegene Bürgermeisterkandidat<br />

der NPD versuchte in zwei isolierten<br />

Prozesskostenhilfeverfahren vergeblich,<br />

die Übernahme der Gerichtskosten und die Beiordnung<br />

eines Rechtsanwaltes für eine Wahlanfechtungsklage29<br />

und im Anschluss daran für<br />

eine Fortsetzungsfeststellungklage30 zu erreichen.<br />

Dorn im Auge des unterlegenen Bürgermeisterkandidaten<br />

war, dass die Stadt für die<br />

Überlassung der Willi-Zinnkann-Halle in Büdingen<br />

von dem antragstellenden NPD-Kreisverband<br />

Wetterau eine Kaution in Höhe von<br />

10.000€ verlangt hatte, obwohl nach dem geltenden<br />

Satzungsrecht lediglich die Möglichkeit bestand,<br />

eine Kaution bis zu einer Höhe von 800€<br />

festzusetzen. Allerdings wehrte sich nicht der<br />

betroffene NPD-Kreisverband Wetterau dagegen,<br />

sondern der unterlegene Bürgermeisterkandidat<br />

und dies auch nicht vor der Wahl, sondern<br />

danach, weshalb letztlich beiden isolierten Prozesskostenhilfeanträgen<br />

kein Erfolg beschieden<br />

war. In der in einem Prozesskostenhilfeverfahren<br />

28 So etwa OVG Saarlouis, in: NVwZ-RR 2009, S. 533 ff.<br />

29 VG Gießen, Beschluss vom 21.04.2010 – 8 K<br />

267/10.GI, in: HGZ 2010, S. 192-193 (Leitsatz und<br />

Gründe), in: DÖV 2010, 616 (Leitsatz).<br />

30 S. Pressemitteilung des VG Gießen vom 11.08.2010,<br />

online veröffentlicht im Pressearchiv 2010 des VG<br />

Gießen, http://www.vg-giessen.justiz.hessen.de, zuletzt<br />

aufgerufen am 25.02.2011.<br />

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