Aufsätze - PRuF
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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2011 17. Jhrg.<br />
deshalb, weil der Bundesverband nicht alle Organisationen<br />
zusammenfasse, die sich die Bezeichnung<br />
„Freie Wähler“ auf die Fahnen geschrieben<br />
hätten, die Bezeichnung mithin nicht<br />
alleine ihm als Namensträger zuzuordnen sei.<br />
Aus gleichem Grund sei auch eine für den Unterlassungsanspruch<br />
notwendige Verwechselungsgefahr<br />
bzw. Zuordnungsverwirrung ausgeschlossen.<br />
Durch den Namensbestandteil „Freie Wähler“<br />
in „Freie Wähler Nordverband“ könne nicht<br />
auf eine fälschliche Zugehörigkeit des Nordverbandes<br />
zum Bundesverband geschlossen werden.<br />
Weiter stelle der Beklagte durch die Bezeichnung<br />
„Nordverband“ ausreichend klar, dass es<br />
sich bei ihm nicht um den Bundesverband handele.<br />
Das VG Gelsenkirchen14 setzte sich mit der<br />
Frage auseinander, ob die mehrjährige Beurlaubungszeit<br />
einer Studienrätin zum Zwecke der<br />
Ausübung des Amtes der Landesvorsitzenden einer<br />
Partei ruhegehaltsfähig iSd § 6 BeamtenVG<br />
ist. Es verneinte dies, da die Beurlaubung weder<br />
dienstlichen Interessen noch öffentlichen Belangen<br />
diene. Wann ein Urlaub öffentlichen Belangen<br />
diene, entscheide sich bei einer beruflichen<br />
Tätigkeit für eine privatrechtlich verfasste Organisation<br />
maßgeblich danach, ob sich die Übertragung<br />
der Verantwortung des privaten Arbeitgebers<br />
für die Versorgung seiner Angestellten auf<br />
die öffentliche Hand rechtfertige. Dies sei nur<br />
der Fall, wenn bei der Tätigkeit die Zwecke des<br />
Allgemeinwohls die daneben verfolgten privaten<br />
Zielsetzungen überwiegen. Hinsichtlich des Amtes<br />
einer Parteivorsitzenden lägen diese Voraussetzungen<br />
nicht vor. Die Stellung der Parteien<br />
als tragender Teil der Demokratie bedeute nicht,<br />
dass auch die Tätigkeit des Vorstandes als überwiegend<br />
am Allgemeinwohl orientiert anzusehen<br />
sei. Vielmehr stehe die Durchsetzung eigener<br />
politischer Ziele und Interessen im Vordergrund.<br />
Das Bundesparteigericht der CDU15 gab der<br />
Anfechtung einer Vorstandswahl in einem Ortsverband<br />
statt. Der Wahl lag eine in dem betroffenen<br />
Ortsverband und anderen wohl gängige Pra-<br />
14 Urteil vom 07.10.2010 – 3 K 1496/07, online veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
15 Beschluss vom 23.11.2010 – CDU-BPG 3/2010, unveröffentlicht.<br />
166<br />
xis der Parteimitglieder zugrunde, vor den jeweiligen<br />
Vorstandswahlen den Ortsverband gezielt<br />
zu wechseln, um so an möglichst vielen Vorstandswahlen<br />
mitzuwirken (sog. „fliegende Ortsvereine“).<br />
Die so entstandenen – kurzfristigen –<br />
Mitgliedschaften in dem Ortsverband verstießen<br />
überwiegend gegen (für alle Parteien typische)<br />
Bestimmungen der Satzung, wie beispielsweise,<br />
dass das Mitglied in dem Gebiet des Ortsverbandes,<br />
in welchem es Mitglied ist, ortsansässig sein<br />
muss. Die derart satzungswidrig zugewiesenen<br />
Mitglieder hatten in einem für das Abstimmungsergebnis<br />
relevanten Umfang an der angefochtenen<br />
Wahl teilgenommen, so dass das Gericht<br />
die Wahl für unwirksam erklärte. Es stellte<br />
in diesem Zusammenhang klar, dass die satzungsrechtlich<br />
geregelte Mitgliedschaft des Parteimitglieds<br />
in den verschiedenen Organisationsstufen<br />
und örtlichen Verbänden eine wesentliche<br />
Voraussetzung für die manipulationsfreie Willensbildung<br />
in der Partei sei. Sehe eine Satzung<br />
eine Abweichungsmöglichkeit für das Ortsprinzip<br />
vor, sei dies zwar nicht zu beanstanden, unterliege<br />
aber der sorgfältigen inhaltlichen Prüfung<br />
durch den Vorstand. Dies war im vorliegenden<br />
Fall nicht geschehen. Das Gericht betonte,<br />
dass der Wunsch von Parteimitgliedern, den<br />
Ortsverband zu wechseln, um dort an Wahlen<br />
teilzunehmen, ernsthaft kein Grund sein könne,<br />
einem solchen Antrag stattzugeben.<br />
Antje Sadowski<br />
2. Chancengleichheit<br />
Grundsätzlich kann die Rechtslage bei der Vergabe<br />
öffentlicher Räume an politische Parteien<br />
angesichts der umfangreichen Rechtsprechung<br />
zu diesem Thema als in vielen Punkten geklärt<br />
betrachtet werden, weshalb seit geraumer Zeit<br />
Gegenstand von Rechtstreitigkeiten vor allem<br />
Tatsachenfragen, namentlich die Vergabepraxis<br />
oder – von den Trägern öffentlicher Einrichtungen<br />
vorgetragene und von den Antragstellern bestrittene<br />
– Kapazitätsprobleme sind. Letztere<br />
werden rechtlich stets im Sinne des Prioritätsprinzips<br />
– wer zuerst kommt, mahlt zuerst – gelöst.<br />
In tatsächlicher Hinsicht wirft die Frage<br />
nach dem Ersten mitunter allerdings Beweis-