Aufsätze - PRuF
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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2011 17. Jhrg.<br />
chungsmaßnahmen. Insoweit sein Name in den<br />
Sachakten über die Partei auftauche, sei darin<br />
keine diskriminierende Wirkung zu sehen. Im<br />
Übrigen könne das Parteimitglied die Löschung<br />
seiner Daten mittels einer Verpflichtungsklage,<br />
notfalls in Form einer Stufenklage, verfolgen, so<br />
dass die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit<br />
der Sammlung der Daten subsidiär und<br />
damit unzulässig sei.<br />
Das BVerwG6 entschied über die Frage, ob die<br />
Mitgliedschaft in einer extremistischen, aber<br />
nicht verbotenen Partei zur Unzuverlässigkeit<br />
iSd Waffengesetzes führt. Die Vorinstanz7 hatte<br />
dies verneint und dazu ausgeführt, dass die Regelvermutung<br />
zur Unzuverlässigkeit des § 5<br />
Abs. 2 Nr. 2 b) WaffenG, wonach jemand als<br />
unzuverlässig zum Besitz von Waffen gilt, wenn<br />
er Mitglied in einer Partei war, welche vom Bundesverfassungsgericht<br />
verboten wurde, der Regelung<br />
des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffenG, nach der bereits<br />
allgemein das Streben gegen die verfassungsmäßige<br />
Ordnung zur Unzuverlässigkeit<br />
führt, vorgehe und einen Rückgriff auf diese allgemeine<br />
Regelung verbiete. Dies folge aus dem<br />
Parteienprivileg des Art. 21 Abs. 2 GG, welches<br />
umgangen würde, wenn ein Parteimitglied wegen<br />
seiner Tätigkeit in einer nicht verbotenen<br />
Partei als unzuverlässig iSd WaffenG eingestuft<br />
werde. Mangels Rückgriffmöglichkeit auf die<br />
allgemeinere Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 3<br />
WaffenG und da die Partei noch nicht verboten,<br />
also kein Tatbestand der Unzuverlässigkeitsvermutung<br />
erfüllt war, erachtete die Vorinstanz das<br />
Parteimitglied für zuverlässig im waffenrechtlichen<br />
Sinne. Dieser Auslegung des Verhältnisses<br />
von § 5 Abs. 2 Nr. 2 b) zu Nr. 3 WaffenG erteilte<br />
das BVerwG eine Absage und stellte klar,<br />
dass beide Normen unterschiedliche Tatbestände<br />
regelten und nebeneinander anwendbar seien.<br />
Dies folge unter anderem aus dem Schutzzweck<br />
der Norm des § 5 WaffenG. Die Regelvermutung<br />
für eine Unzuverlässigkeit zum Besitz von<br />
Waffen diene dem Interesse der Öffentlichkeit<br />
6 Urteil vom 30.09.2009 – 6 C 29/08, in: NVwZ-RR<br />
2010, 225 ff.<br />
7 BayVwGH, Urteil vom 26.05.2008 – 21 BV 07.586,<br />
online veröffentlicht bei juris, siehe auch MIP<br />
2008/2009, 15. Jhg., S. 90.<br />
164<br />
daran, den Waffenbesitz nur bei Personen hinzunehmen,<br />
die in jeder Hinsicht ordnungsgemäß<br />
und verantwortungsbewusst mit der Waffe umgehen.<br />
Falls eine Person der Regelvermutung<br />
des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffenG unterfalle, weil es<br />
Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung<br />
verfolge, so ändere es an der Unzuverlässigkeit<br />
dieser Person nichts, wenn sie dies im<br />
Rahmen ihrer Tätigkeit für eine nicht verbotene<br />
Partei mache. Darin liege auch keine Umgehung<br />
des Parteienprivilegs. Vielmehr entstünde andersherum<br />
ein Nachteil für die Allgemeinheit,<br />
wenn sich eine unzuverlässige Person im Schatten<br />
der Partei verstecken könne. Durch diese<br />
Auslegung werde das Parteienprivileg auch nicht<br />
ausgehebelt. Dieses schütze in erster Linie die<br />
Parteiorganisation und durch die Annahme einer<br />
waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit eines Parteimitgliedes<br />
werde die von Art. 21 GG geschützte<br />
Mitwirkung der Parteien an der politischen<br />
Willensbildung nicht in rechtserheblicher<br />
Weise beeinträchtigt.<br />
Das BVerwG8 stellte noch einmal klar, dass § 3<br />
ParteiG den politischen Parteien und ihren Gebietsverbänden<br />
der jeweils höchsten Stufe für<br />
sämtliche Gerichtsverfahren die Parteifähigkeit<br />
einräumt, ohne zugleich die durch andere Vorschriften,<br />
wie bspw. § 61 Nr. 2 VwGO, bereits<br />
gesicherte Beteiligtenfähigkeit niederer Gebietsverbände<br />
auszuschließen.<br />
Das VG Gelsenkirchen9 hatte verschiedene<br />
Auflagen, welche der NPD NRW für einen Aufzug<br />
gemacht wurden, hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit<br />
zu bewerten. In diesem Zusammenhang<br />
stellte es insbesondere fest, dass in Übereinstimmung<br />
mit der strafrechtlichen Rechtsprechung<br />
Aussagen wie „Deutschland den Deutschen“<br />
regelmäßig selbst dann keinen Angriff<br />
auf die Menschenwürde der in der BRD wohnenden<br />
Ausländer darstelle, wenn sie im Kontext<br />
mit der weiteren Aussage “Ausländer raus“<br />
stünden und daher das Verbot dieser Äußerung<br />
rechtswidrig sei. Auch solche Äußerungen könnten<br />
zur politischen Meinungskundgabe gehören,<br />
8 Beschluss vom 10.08.2010 – 6 B 16/10, online veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
9 Urteil vom 18.05.2010 – 14 K 5459/08, online veröffentlicht<br />
bei juris.