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Aufsätze - PRuF

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<strong>Aufsätze</strong> Roland Höhne – Parteientransformation in Italien – Die nationale Rechte zwischen Tradition und Anpassung MIP 2011 17. Jhrg.<br />

Seine Mitglieder kamen überwiegend aus den<br />

Unter- und unteren Mittelschichten (Arbeiter,<br />

Angestellte, Arbeitslose, Rentner, Studenten). 122<br />

Bis Ende der sechziger Jahre lag seine Führung<br />

in den Händen von Parteiführern, die sich auf regionale<br />

Netzwerke stützten. Ab 1969 wuchs der<br />

Einfluß von Parteiaktivisten und Parteifunktionären,<br />

die ihre Position ihrer Militanz oder ihren<br />

Ämtern verdankten. In den Auseinandersetzungen<br />

um die Organisationsstruktur konnten sich<br />

die Verfechter des traditionellen Organisationsmodells<br />

durchsetzen. 123<br />

Die AN übernahm die Organisationsstruktur des<br />

MSI, stärkte jedoch die Position der Parteiführung.<br />

124 Im Gegensatz zu den Nachfolgeparteien<br />

des PCF wuchs ihre Mitgliederzahl seit Beginn<br />

der 90er Jahre ständig. Bis 2004 hatte sich diese<br />

vervierfacht, so daß sie zur mitgliederstärksten<br />

Partei Italiens wurde. 125 Noch weit mehr als der<br />

MSI war sie daher eine Massenpartei mit einem<br />

(für italienische Verhältnisse) effizienten Parteiapparat.<br />

Trotz gewisser Tendenzen zur Wandlung<br />

in eine entideologisierte, professionalisierte<br />

Wählerpartei, die sich vor allem an den Erfordernissen<br />

des Machterwerbs und des Machterhalts<br />

orientiert, bewahrte sie ihren Charakter als<br />

Mitgliederpartei. Die Parteiführung mußte daher<br />

weiterhin erhebliche Rücksicht auf die Parteiaktivisten<br />

nehmen. Dies bremste den ideologischen<br />

und programmatischen Wandel erheblich.<br />

Infolge des starken Zustroms neuer Mitglieder<br />

veränderte sich auch die geographische Verteilung<br />

der Mitgliederschaft. Während im MSI die<br />

meisten Mitglieder im Süden (Kampanien, Apulien,<br />

Basilikata, Kalabrien, Sizilien) lebten, verlagerte<br />

sich in der AN der geographische<br />

Schwerpunkt der Mitgliederschaft in die Mitte<br />

(Toskana, Marken, Umbrien, Latium, Abruzzen,<br />

122 Vg. M. Tarchi, Dal MSI ad AN, op. cit., Schaubild 7.3,<br />

S. 185.<br />

123 Vgl. M Tarchi, Dal MSI ad AN, op.cit., S. 25-157.<br />

124 Petra Reiter-Mayer, Die Etablierung der Alleanza Nazionale<br />

im politischen System Italiens. Eine gesellschaftsfähige<br />

Rechte oder Altbekanntes in neuen Kleidern?<br />

Hamburg 2006, S. 171 ff.<br />

125 Vgl. den Beitrag von M. Morini zum MSI/AN in: Bardi/Ignazi/Massari<br />

(Hgg.), I partiti italiani: iscritti, dirigenti,<br />

eletti, Milano 2007, S. 153 ff.<br />

148<br />

Molise). Im Norden nahm dagegen der relative<br />

Anteil an der Mitgliederschaft infolge der Konkurrenz<br />

der Lega Nord leicht ab. 126<br />

3.5. Wählerschaft<br />

Der MSI erhielt zwischen 1953 und 1992 bei nationalen<br />

Wahlen zwischen 4,4 Prozent und 6,1<br />

Prozent der Stimmen in der Kammer bzw. zwischen<br />

4,8 Prozent (1968) und 6,6 Prozent der<br />

Stimmen im Senat (1976). Lediglich nach dem<br />

Zusammenschluß mit den Monarchisten stieg<br />

sein Wähleranteil 1972 kurzfristig auf 8,7 bzw.<br />

auf 9,1 Prozent. Er belegte damit im Parteiensystem<br />

den fünften bzw. den vierten Platz.<br />

Für ihn stimmten vor allem konservativ-nationalistisch<br />

sowie radikalfaschistisch-antidemokratisch<br />

orientierte Wähler. Seine geographischen<br />

Wählerhochburgen lagen im Süden südlich von<br />

Umbrien sowie in den Grenzregionen des Nordostens<br />

(Friaul, Triest). 127 Wahlsoziologisch war<br />

der MSI so vor allem eine süditalienische Milieu-<br />

und Protestpartei, obwohl er stets einen gesamtitalienischen<br />

Anspruch erhob.<br />

Nach dem Zusammenbruch des alten Parteiensystems<br />

1993 bemühte sich der MSI vor allem<br />

um die ehemaligen Wähler der Mitte, insbesondere<br />

der DC. Damit geriet er in direkte Konkurrenz<br />

mit den christlich-demokratischen Nachfolgeparteien<br />

und der Forza Italia. Bei den Parlamentswahlen<br />

von 1994 erhielt er 13,5 Prozent.<br />

Bei den folgenden Parlamentswahlen von 1996<br />

stieg der Anteil der nun in der AN vereinten<br />

Rechten auf 15,7 Prozent, fiel dann aber 2001<br />

auf 12,2 Prozent und stieg 2006 nur ganz leicht<br />

auf 12,34 Prozent. 128 Der AN war es im Gegensatz<br />

zur FI nicht gelungen, die Mehrheit der ehemaligen<br />

Wähler der Mitte, insbesondere der DC,<br />

an sich zu binden. 129 Gewählt wurde die AN vor<br />

allem von Unternehmern und Freiberuflern,<br />

Händlern, Handwerkern und anderen Selbständi-<br />

126 Von 24,6 im Jahre 1987 auf 21,4 Prozent im Jahre<br />

1995. Vgl. M. Tarchi, Da MSI ad AN, op. cit., S. 181;<br />

P. Reiter-Mayer, Alleanza Nazionale, op. cit., S. 182.<br />

127 Vgl. P. Ignazi. Il polo escluso, op.cit., S. 365 f.<br />

128 Vgl. ebda., 118, 133, 207.<br />

129 Vgl. P. Reiter-Mayer, Alleanza Nazionale, op. cit., S.<br />

207, Tabelle 21.

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