Aufsätze - PRuF
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MIP 2011 17. Jhrg. Roland Höhne – Parteientransformation in Italien – Die nationale Rechte zwischen Tradition und Anpassung <strong>Aufsätze</strong><br />
Rechte beider hätten den gleichen Stellenwert<br />
und müßten deshalb gleichermaßen respektiert<br />
werden. Schließlich verteidigte er wie in Fiuggi<br />
die nationale Identität. Trotz der europäischen<br />
Integration und der Globalisierung bilde sie weiterhin<br />
die Grundlage der nationalen Existenz und<br />
bleibe neben der europäischen Identität bestehen.<br />
In der Sozialpolitik setzte er die Schwerpunkte<br />
auf die Familienpolitik, die Demographie, das<br />
Rentensystem, die Einwanderung, die Schule<br />
und die Universitäten. In der anschließenden<br />
Diskussion unterstützte die Mehrheit Finis Positionen.<br />
Fini war es damit gelungen, die Partei<br />
stärker in die rechte Mitte zu rücken und so auch<br />
für gemäßigte Rechtswähler attraktiv zu machen.<br />
Unmittelbar vor den Parlamentswahlen vom 13.<br />
Mai 2001 fand in Neapel Ende Februar ein Programmkongreß<br />
statt. Auf ihm wurde ein Wahlprogramm<br />
verabschiedet, das eine freie, eine<br />
starke und eine gerechte Regierung forderte. 101<br />
Die Regierung solle sich an der Freiheit des Einzelnen<br />
orientieren, die Bürokratie verringern und<br />
die Prinzipien des Liberalismus vertreten. 102 Zu<br />
den Prinzipien des Liberalismus zählte das Programm<br />
die Marktwirtschaft, die Subsidiarität<br />
und die Grundsätze des Sozialstaates.<br />
Der durch die Fortschreibung der Programmatik<br />
von Fiuggi erhoffte Wahlerfolg blieb jedoch aus.<br />
Das Mitte-Rechts-Bündnis Casa della Libertà<br />
gewann zwar die Wahlen und bildete unter der<br />
Führung Berlusconis die Regierung, aber die AN<br />
hatte bei der Kammerwahl nach dem Verhältniswahlrecht<br />
nur 12,2 Prozent der Stimmen erhalten,<br />
das waren 2,5 Prozent weniger als 1996. Sie<br />
blieb damit innerhalb des bürgerlichen Wahlbündnisses<br />
zwar die zweitstärkste Kraft nach der<br />
Forza Italia mit 29,4 Prozent, aber sie hatte gegenüber<br />
dieser erheblich an Gewicht verloren.<br />
Sie veranstaltete daher ein Jahr später im April<br />
2002 in Bologna ihren dritten Parteitag, um ihren<br />
Transformationsprozeß abzuschließen.<br />
In dessen Mittelpunkt stand die Überarbeitung<br />
der Programmatik. Zu ihrer Vorbereitung hatte<br />
101 Libero Forte Giusto. Il governo che voliamo. Seconda<br />
conferenza programmatica. Napoli 23-24-25 Febbraio-<br />
Mostra d’Oltremare 2001.<br />
102 Programm di Napoli 2001, S. 2 ff.<br />
die Parteiführung wie bereits für den Parteitag<br />
von Fiuggi einen Programmentwurf publiziert,<br />
der in den Parteigliederungen diskutiert wurde. 103<br />
Er bildet die Grundlage des neuen Programms,<br />
das der Parteitag verabschiedete. 104 Im Gegensatz<br />
zum Parteitag von Fiuggi waren alle Mitglieder<br />
stimmberechtigt und die Parteitagsdelegierten<br />
wurden auf Provinzialkongressen gewählt.<br />
Dadurch wurden die neuen Parteimitglieder<br />
in den innerparteilichen Meinungs- und Willensbildungsprozeß<br />
eingebunden und der Einfluß<br />
der ehemaligen MSI-Mitglieder zurückgedrängt.<br />
Von den Delegierten gehörte etwa die Hälfte der<br />
Destra Protagonista an, der Hausmacht Finis.<br />
Fini betonte in seiner Eröffnungsrede die inhaltliche<br />
Kontinuität der Partei. Die AN habe trotz<br />
ihrer programmatischen Entwicklung seit ihrem<br />
ersten Parteitag an ihren Kernideen festgehalten.<br />
Sie sei eine Partei der Rechten, die als einzige<br />
politische Kraft auf dem rechten Spektrum des<br />
Parteiensystems verankert sei. Sie werde nicht<br />
mehr länger durch die ideologischen Kontroversen<br />
der Vergangenheit behindert, sondern beteilige<br />
sich als Regierungspartei aktiv an der Umgestaltung<br />
des italienischen Staates. 105 Anschließend<br />
stellte er das Regierungsprogramm vor.<br />
Neu in diesem war das stärkere Bekenntnis zur<br />
europäischen Zusammenarbeit, die Betonung der<br />
zentralen Rolle (centralità) des Staates in der Gestaltung<br />
der nationalen Politik, das Abrücken<br />
vom Neoliberalismus zugunsten einer neuen sozialen<br />
Marktwirtschaft, die Bejahung des Föderalismus<br />
bei gleichzeitiger Betonung der nationalen<br />
Einheit.<br />
Die AN befürwortete ein Europa der „Einheit in<br />
der Vielfalt“, eine Union von Nationalstaaten, in<br />
der die nationalen Interessen dazu beitragen, das<br />
Gesamtinteresse zu bestimmen. Die Union solle<br />
sich mit allen Aufgaben befassen, die sie besser<br />
als ihre einzelnen Mitglieder bewältigen könne:<br />
103 Alleanza Nazionale, Vince la Patria. Nasce l’Europa,<br />
2° Congresso Nazionale, Bologna 4/7 aprile 2002. Zitiert<br />
als Programmentwurf von Bologna.<br />
104 Pittaforma politico-programmatica del 2° Congresso<br />
nazionale. Zitiert als politisches Programm.<br />
105 Gianfranco Fini: Vince la Patria, nasce l’Europa. 2°<br />
Congresso Nazionale di Alleanza Nazionale, Bologna<br />
4. aprile 2002, discorso di apertura, S. 3.<br />
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