Aufsätze - PRuF
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MIP 2011 17. Jhrg. Roland Höhne – Parteientransformation in Italien – Die nationale Rechte zwischen Tradition und Anpassung <strong>Aufsätze</strong><br />
innerparteilichen Auseinandersetzungen. Der Direktor<br />
des parteieigenen „Candido“, Giorgio Pisanò,<br />
iniierte eine heftige Kampagne gegen Fini,<br />
Giuseppe Tatarella, ein Verfechter der Veränderung,<br />
gründete die Destra in movimento zu dessen<br />
Unterstützung. 58 Ihren Höhepunkt erreichten<br />
die Auseinandersetzungen auf dem XV. Parteitag<br />
in Sorrent im Dezember 1987. Bei den<br />
Wahlen zum Parteivorsitz konnte sich Fini mit<br />
53,6 Prozent nur knapp gegenüber Rauti mit<br />
44,8 Prozent durchsetzen. 59 Damit übernahm<br />
erstmals ein Repräsentant der Nachkriegsgeneration<br />
die Parteiführung.<br />
2.8 Die Übergangsphase 1987-1991<br />
Fini wollte die Partei einen und sie zu einer entscheidenden<br />
Kraft des politischen Lebens machen.<br />
Er bekannte sich zum faschistischen Erbe,<br />
bemühte sich jedoch um eine programmatische<br />
Anpassung an die veränderten Handlungsbedingungen.<br />
Da der Antikommunismus erheblich an<br />
Mobilisationskraft verloren hatte, machte er die<br />
Themen Immigration, Sicherheit, Arbeitslosigkeit<br />
und nationale Identität zum Schwerpunkt<br />
seiner Agitation. Er erhoffte sich davon ähnliche<br />
Wahlerfolge wie die des französischen Front national,<br />
mit dem er eine enge Zusammenarbeit<br />
anstrebte. 60 Sein einwanderungsfeindlicher Kurs<br />
stieß jedoch auf heftigen innerparteilichen Widerstand.<br />
61 Viele Konservative befürchteten eine<br />
erneute Isolation in der Öffentlichkeit, viele Radikale<br />
einen Prestigeverlust unter den Linkswählern<br />
und in der Dritten Welt. 62 Fini kehrte daher<br />
58 Vgl. E. Pigni, Gianfranco Fini – Biografia in breve,<br />
op.cit., S. 4.<br />
59 Vgl. P. Ignazi, Il polo escluso, op.cit.,S. 244 f., ferner<br />
Alessandro Caprettini, La Nuova Destra, Palermo<br />
1995, S. 80 ff.<br />
60 Vgl. E. Pigni, Gianfranco Fini – Biografia in breve,<br />
op.cit., S. 5.<br />
61 Vgl. Roberto Chiarini, La tentazione della protesta anti-immigrati,<br />
in: Chiarini, Roberto/Maraffi, Marco<br />
(Hrsg.): La destra allo specchio: la cultura politica di<br />
Alleanza nazionale, Marsilio Editori, Venedig 2001, S.<br />
182.<br />
62 Rauti argumentierte, der Grund der Immigration liege<br />
in der Ausbeutung der Dritten Welt durch den Kapitalismus.<br />
Diese zwinge deren Einwohner zur Auswanderung.<br />
Um sie zu stoppen, müsse deshalb der Kampf gegen<br />
das internationale Großkapital, insbesondere das<br />
bald wieder zu den neofaschistischen Grundpositionen<br />
zurück. 63 So erklärte er auf dem XVI. Parteitag<br />
im Dezember 1990, eigentliche Gegner des<br />
MSI seien nicht der Kommunismus und Marxismus,<br />
sondern die Prinzipien von 1789. Die Partei<br />
verlöre daher durch den Niedergang des Kommunismus<br />
nicht ihren historischen Auftrag. Sie müsse<br />
vielmehr mehr denn je die Prinzipien von 1789<br />
und ihre Folgen bekämpfen. 64<br />
Der Rückgriff auf die faschistischen Ideen zahlte<br />
sich jedoch nicht aus. Bei den Europawahlen sowie<br />
den Kommunalwahlen von 1989 verlor der<br />
MSI zahlreiche Wähler. 65 Dafür wurde Fini verantwortlich<br />
gemacht. Auf dem XVI. Parteitag<br />
vom 11. bis 14. Januar 1990 unterlag er bei der<br />
Wahl des Generalsekretärs seinem alten Rivalen<br />
Pino Rauti. 66 Dieser propagierte eine antikapitalistische<br />
Alternative zum bestehenden System,<br />
um so desorientierte Linkswähler zu gewinnen.<br />
Bei Kommunal- und Regionalwahlen erlitt der<br />
MSI jedoch abermals erhebliche Stimmenverluste.<br />
Rauti mußte daher im Juni 1991 zurücktreten<br />
und Fini erneut die Führung überlassen. 67 Während<br />
der Legitimationskrise des Parteiensystems<br />
1992/93 wurde somit der MSI von einem Repräsentanten<br />
der Modernisierungskräfte geführt.<br />
2.9. Die Krise des italienischen Parteiensystems<br />
und der Positionswandel des MSI<br />
Ausgelöst wurde der Krise des Parteiensystems<br />
durch die Ermittlungen der Mailänder Staatsanwaltschaft<br />
gegen Politiker wegen des Verdachts<br />
illegale Parteienfinanzierung (mani pulite) ab<br />
Februar 1992. Ihre Ursachen bildeten jedoch<br />
anglo-amerikanische, verstärkt werden. Dieser erfordere<br />
ein Bündnis mit den ausgebeuteten Ländern der<br />
Dritten Welt gegen den kapitalistischen Westen. Mit<br />
seinem antikapitalitischen Dritte-Welt-Diskurs, der an<br />
die antiplutokratische Rhetorik Mussolinis erinnerte,<br />
konnte Rauti die Parteimehrheit für sich gewinnen.<br />
63 Vgl. Corrado De Cesare: Il Fascista del duemila. Le radici<br />
del camerata Gianfranco Fini, Mailand 1995.<br />
64 Vgl. K. Peter Fritzsche: Vom Postkommunismus zum<br />
Postfaschismus? – Das Beispiel des Movimento Sociale<br />
Italiano, in: Backes, U./Jesse; E. (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus<br />
und Demokratie, Bd. 3, Bonn 1991, S. 64.<br />
65 Vgl. Piero Ignazi: Postfascisti? op.cit., S. 60 ff.<br />
66 Vgl. Piero Ignazi, Postfascisti? op.cit., S. 74f.<br />
67 Vgl. Piero Ignazi, Postfascisti? op.cit., S. 76.<br />
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