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Aufsätze - PRuF

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MIP 2011 17. Jhrg. Roland Höhne – Parteientransformation in Italien – Die nationale Rechte zwischen Tradition und Anpassung <strong>Aufsätze</strong><br />

Christdemokraten innerhalb des Parteiensystems<br />

bilden, um so an der Macht beteiligt zu werden.<br />

Im Interesse dieser doppelten Zielsetzung erklärte<br />

er den Gegensatz von Faschismus und Antifaschismus<br />

historisch für überholt und bekannte<br />

sich zur Demokratie, zum Verfassungsstaat und<br />

zum Parteienwettbewerb, attackierte jedoch<br />

gleichzeitig die „Parteienherrschaft“ (partitocrazia),<br />

d. h. die zentrale Rolle der Parteien in Staat<br />

und Gesellschaft, den Klientelismus, die Lottizziatione<br />

und die „Ineffizienz“ des parlamentarischen<br />

Prozesses, das Vordringen von Materialismus<br />

und Utilitarismus, von Marxismus und<br />

Linksextremismus sowie die katholischen Reformbestrebungen.<br />

Mit dieser Doppelstrategie<br />

gelang es ihm, den 1956 abgespaltenen Ordine<br />

Nuovo sowie die Monarchisten einzubinden, die<br />

Liberalen und Christdemokraten lehnten dagegen<br />

weiterhin eine Zusammenarbeit ab. 38<br />

Durch die Fusion mit der monarchistischen PDI-<br />

UM 39 zur Destra Nazionale 40 1972 erhöhte sich<br />

die Mitgliederzahl auf rund 400.000 Personen.<br />

Außerdem gelang dem MSI der Einbruch in das<br />

konservative Bürgertum. Bei den Parlamentswahlen<br />

von 1972 erzielte er mit 8,7 Prozent der<br />

Wählerstimmen sein bis dahin bestes Wahlergebnis.<br />

41 Er verfehlte jedoch sein Wahlziel, die<br />

Bildung eines großen antikommunistischen<br />

Blocks, da sich die DC und die Liberalen weiterhin<br />

verweigerten. Damit war auch der zweite Integrationsversuch<br />

gescheitert.<br />

2.7. Radikalisierung und Erneuerung 1977-<br />

1987<br />

Der Fehlschlag der Integrationsstrategie Almirantes<br />

begünstige eine erneute Radikalisierung<br />

der Partei. Daraufhin kehrten ihr viele Monarchisten<br />

den Rücken und gründeten die Democrazia<br />

Nazionale. 42 Diese entwickelte sich jedoch<br />

nicht zu einer ernsthaften Konkurrenz für den<br />

38 Vgl. ebd., S. 143 ff.<br />

39 Partito Democratico Italiano di Unità Monarchica.<br />

40 1972. Vgl. Marco Revelli, La Destra Nazionale, Mailand<br />

1996.<br />

41 Vgl. Mario Corte (Hrsg.), sessant’anni di elezioni in<br />

Italia, op. cit., S. 51 ff.<br />

42 Vgl. Raffaele Delfino, Prima di Fini. Intervista a cura<br />

di Marco Bertoncini, Foggia 2004.<br />

MSI, sondern wurde bald von der DC aufgesogen.<br />

Der MSI konnte so seine Hegemonie auf der<br />

Rechten behaupten. Bei den Wahlen von 1976<br />

sank sein Stimmenanteil jedoch auf 6,1 Prozent. 43<br />

In den Jahren 1976-1979 bekämpfte er erbittert<br />

die Bestrebungen um einen „historischen Kompromiß“<br />

zwischen Kommunisten und Christdemokraten<br />

zur Stabilisierung des Verfassungssystems44<br />

, verlor bei den Parlamentswahlen von<br />

1979 aber erneut Stimmen. 45 Der Antikommunismus<br />

hatte bereits zu diesem Zeitpunkt erheblich<br />

an Mobilisationskraft verloren und die große<br />

Mehrheit der bürgerlichen Wähler vertraute noch<br />

immer den bürgerlichen Verfassungsparteien,<br />

insbesondere der DC. Der MSI kehrte daher zur<br />

Antisystemopposition zurück.<br />

Infolge politischer, sozialer und kultureller Entwicklungen<br />

veränderten sich in den achtziger<br />

Jahren erneut seine Handlungsbedingungen. Einerseits<br />

verbesserten die Historisierung des Faschismus46<br />

, das Verblassen des Resistenza-Mythos47<br />

, die Erosion der subkulturellen Milieus48 ,<br />

die zunehmende Volatilität des Wählerverhaltens<br />

und der beginnende Niedergang der DC49 erheblich seine Wahlchancen. Andererseits verschlechterten<br />

sich diese durch die Transformation<br />

der PCI in die demokratische Reformpartei<br />

Partito democratico de la Sinistra (PDS). 50<br />

Wenngleich eine radikale Minderheit die Trans-<br />

43 Vgl. Mario Corte (Hrsg.), sessant’anni di elezioni, op.cit.,<br />

S. 59.<br />

44 Vgl. Christian Jansen, Italien seit 1945, Göttingen<br />

2007, S. 167 ff.<br />

45 5,3 Prozent in der Kammer und 5,7 Prozent im Senat.<br />

Vgl. Mario Corte (Hrsg.), Sessant’anni di elezioni, op.<br />

cit., S. 65 ff.<br />

46 Vgl. Renzo De Felice, Intervista sul fascismo, Roma<br />

1975.<br />

47 Vgl. Claudio Pavone, Una guerra civile. Saggio storico<br />

sulla moralità nella Resistenza, Turino 1991.<br />

48 Vgl. Peter Fritsche, Die politische Kultur Italiens,<br />

Frankfurt/M. 1987.<br />

49 Vgl. Rudolf Lill/Stephan Wegener, Die Democrazia<br />

Cristiana Italiens (DC) und die Südtiroler Volkspartei<br />

(SVP); In: Hans-Joachim Veen (Hrsg.), Christlich-demokratische<br />

und konservative Parteien in Westeuropa,<br />

Bd. 3, Paderborn 1991, S. 157-203.<br />

50 Vgl. Giuseppe Chiarante, Da Togliatti a D’Alema. La<br />

tradizione dei comunisti italiani e le origini del PDS,<br />

Roma 1996.<br />

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