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Aufsätze - PRuF

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MIP 2011 17. Jhrg. Alexandra Bäcker – Das Problem der „Listenorientierung“ des Finanzierungsanspruchs politischer Parteien <strong>Aufsätze</strong><br />

weitert, intensiviert und gefördert wird.“ 21 Die<br />

Exklusivitätsregelung erschwert jedoch das Entstehen<br />

neuer Parteien und deren Zutritt zum politischen<br />

Wettbewerb, ohne dass rechtfertigende<br />

Gründe dafür ersichtlich sind. Die Regelung<br />

birgt die Gefahr eines Verlusts der politischen<br />

Vielfalt und damit einer Einschränkung des Parteienwettbewerbs.<br />

IV. Anwendung der Norm im Falle von Landtagswahlen<br />

in Baden-Württemberg<br />

Nach Art. 21 Abs. 3 GG ist ausschließlich der<br />

Bundesgesetzgeber dazu berufen, das die politischen<br />

Parteien betreffende Recht zu setzen. Für<br />

Finanzierungsfragen hat der Bundesgesetzgeber<br />

in §§ 18 ff. PartG eine abschließende Regelung<br />

geschaffen. Bei Erlass dieser Regelung hat sich<br />

der Bundesgesetzgeber an den für Bundestagswahlen<br />

geltenden Bestimmungen, die ähnlich in<br />

den meisten Bundesländern gelten, leiten lassen.<br />

Dabei sind offenbar die Besonderheiten des<br />

Landtagswahlgesetzes Baden-Württemberg nicht<br />

hinreichend berücksichtigt worden. Schwierigkeiten<br />

bei der Anwendung des § 18 Abs. 3 und<br />

Abs. 4 PartG resultieren nämlich daraus, dass<br />

nach dem Landtagswahlgesetz Baden-Württemberg<br />

(LWahlG BaWü) eine Listenwahl nicht<br />

vorgesehen ist.<br />

Es treten bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg<br />

ausschließlich Einzelbewerber<br />

in insgesamt 70 Wahlkreisen an, die von den<br />

Parteien oder von Wahlberechtigten nominiert<br />

wurden. Bei der Wahl hat jeder Wahlberechtigte<br />

nur eine Stimme. Da der Landtag aus mindestens<br />

120 Abgeordneten besteht, werden zunächst<br />

nach den Grundsätzen der relativen Mehrheitswahl<br />

die Direktmandate in den 70 Wahlkreisen<br />

vergeben (§ 2 Abs. 3 S. 1 LWahlG BaWü).<br />

Die restlichen Sitze (sog. „Zweitmandate“) werden<br />

getrennt nach Parteien an deren unterlegene<br />

Wahlkreiskandidaten vergeben – und zwar in der<br />

Reihenfolge ihrer prozentualen Stimmenanteile<br />

21 BVerfGE 111, 382 (404). Grundsätzlich zum Parteienwettbewerb<br />

s. M. Morlok, Parteienrecht als Wettbewerbsrecht,<br />

in: Häberle/Morlok/Skouris (Hrsg.), Festschrift<br />

für D. Th. Tsatsos zum 70. Geburtstag, Baden-<br />

Baden 2003, S. 408 ff.<br />

an den Stimmenzahlen aller Bewerber im Wahlkreis.<br />

Bei der Verteilung der Zweitmandate werden<br />

nur jene Parteien berücksichtigt, deren Bewerber<br />

insgesamt mindestens 5% der gültigen<br />

Stimmen erhalten haben (§ 2 Abs. 1 S. 2 LWahlG<br />

BaWü). Die Berechnung der einer Partei zustehenden<br />

Sitzzahl erfolgt dabei in einem komplizierten<br />

mehrstufigen Verfahren, das auch zu einer<br />

Zuteilung von Überhang- und Ausgleichsmandaten<br />

führen kann (§ 2 Abs. 4 und 5 LWahlG<br />

BaWü).<br />

1. Anwendung des § 18 Abs. 3 und Abs. 4<br />

PartG nach dem Wortlaut<br />

Nun stellt sich die Frage, ob und in welchem<br />

Umfang eine politische Partei, die sich an dieser<br />

„personalisierten Verhältniswahl ohne Listen“ in<br />

Baden-Württemberg beteiligt, bei der Verteilung<br />

der staatlichen Mittel nach § 18 Abs. 4 und 3<br />

PartG zu berücksichtigen ist.<br />

a) Bei unbefangener erster Betrachtung scheint<br />

eine Berücksichtigung nach der Listenregelung<br />

(§ 18 Abs. 4 S. 1 PartG) ausgeschlossen, da die<br />

Partei keine für ihre jeweilige Liste abgegebene<br />

gültige Stimme vorweisen kann – eben mangels<br />

solcher Listen.<br />

b) Deshalb richtet sich der Blick auf die Wahlkreisregelung<br />

(§ 18 Abs. 4 S. 2 i.V.m. Abs. 3<br />

Nr. 2 PartG), die gerade die Finanzierung des<br />

Wählerstimmenanteils bei Fehlen entsprechender<br />

Listen regelt. Von der Teilhabe an der staatlichen<br />

Parteienfinanzierung von vornherein ausgeschlossen<br />

sind damit aber alle Parteien, die<br />

nicht in mindestens einem Wahlkreis 10% der<br />

Stimmen erreicht haben. Durchaus bedeutende<br />

politische Strömungen, sogar Parteien, die etwa<br />

im Landesdurchschnitt 9,9% der Stimmen erhalten,<br />

werden so gegenüber den etablierten<br />

„großen“ politischen Parteien in nicht zu rechtfertigender<br />

Weise benachteiligt.<br />

Hinzu kommt, dass Berechnungsgrundlage für<br />

die Wählerstimmenanteile ausschließlich die<br />

Wahlkreise sind, in denen der Mindeststimmenanteil<br />

von 10% erreicht wurde. Bleiben aber alle<br />

anderen Wahlkreise bei der Verteilung der Mittel<br />

unberücksichtigt, findet damit selbst bei den<br />

im Landesdurchschnitt „größeren“ Parteien eine<br />

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