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MIP 2011 17. Jhrg. Roland Höhne – Parteientransformation in Italien – Die nationale Rechte zwischen Tradition und Anpassung <strong>Aufsätze</strong><br />

Parteientransformation in Italien –<br />

Die nationale Rechte zwischen Tradition<br />

und Anpassung<br />

Prof. Dr. Roland Höhne 1<br />

1. Einleitung<br />

Die nationale Rechte sammelte sich nach dem II.<br />

Weltkrieg vor allem in der 1948 gegründeten<br />

neofaschistische Sozialbewegung Movimento<br />

Sociale Italiano (MSI). Diese fusionierte 2009<br />

mit der wirtschaftsliberalen Forza Italia (FI)<br />

zum Popolo della Libertà (PdL). Von diesem<br />

spaltete sich im März 2011 die Futuro e Libertà<br />

per l‘ Italia (PLI) als liberal-konservative Alternative<br />

ab. Ihr schlossen sich jedoch bisher nur<br />

eine Minderheit der ehemaligen MSI- bzw. AN-<br />

Mitglieder an. Ihre Erfolgsaussichten scheinen<br />

daher begrenzt. Damit stellt sich die Frage nach<br />

der Reichweite sowie den treibenden und hemmenden<br />

Kräften des Parteienwandels im rechten<br />

Spektrum des italienischen Parteiensystems.<br />

Die Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung<br />

stützt sich methodologisch auf die Annahme der<br />

neo-institutionalistischen Schule, wonach Parteien<br />

die Fähigkeit zur Anpassung an sich verändernde<br />

Handlungsbedingungen besitzen. Diese<br />

Annahme beruht auf der Prämisse, daß es einen<br />

eigenen Raum des Politischen gibt, der nicht von<br />

historischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen<br />

Bedingungen determiniert wird.<br />

Entscheidend für den Positionswandel von Parteien<br />

ist nach dieser Sichtweise die Anpassungsleistung<br />

politischer Kräfte. Sie stehen daher im<br />

Mittelpunkt dieses Beitrages.<br />

1 Der Verfasser war bis 2001 Professor für Geschichte<br />

und Politik Westeuropas an der Universität Kassel. Zu<br />

seinen Forschungsschwerpunkten zählen die politischen<br />

Systeme Westeuropas, insbesondere Parteien,<br />

soziale Bewegungen und Wahlen in Frankreich und<br />

Italien.<br />

2. Der MSI – eine neofaschistische Antisystempartei<br />

2.1. Entstehung<br />

Der MSI wurde 1946 von Veteranen der Repubblica<br />

Sociale Italiana (RSI) 2 sowie von ehemaligen<br />

Aktivisten des faschistischen Regimes<br />

gegründet. Diese hatten sich schon in den Jahren<br />

1943/45 auf die Fortsetzung ihrer politischen Tätigkeit<br />

in der Nachkriegszeit vorbereitet und in<br />

verschiedenen Geheimbünden organisiert. 3 Der<br />

MSI konnte sich daher bei seiner Gründung auf<br />

eine landesweite Infrastruktur stützen. Er orientierte<br />

sich an den radikalfaschistischen Prinzipien<br />

der RSI und bekämpfte die antifaschistische,<br />

demokratische Nachkriegsordnung. In ihm dominierten<br />

zunächst die Radikalfaschisten, mit<br />

der Zeit gewannen jedoch konservative Regimefaschisten<br />

die Führung. Die ideologisch-programmatischen<br />

sowie strategischen und bündnispolitischen<br />

Gegensätze beider Richtungen prägten<br />

die innerparteilichen Auseinandersetzungen<br />

und Machtkämpfe der Partei bis zu ihrer Transformation<br />

1993/1995. 4 Sie wurden demokratisch<br />

ausgetragen und förderten so die innerparteiliche<br />

Demokratie. Durch diese unterschied sich der<br />

MSI grundlegend von der jeweiligen Staatspartei<br />

der beiden faschistischen Regime. 5<br />

2 Die Repubblica Sociale Italiana wurde nach dem Allianzwechsel<br />

des Königreichs Italien im September<br />

1943 von Mussolini und seinen Anhängern unter dem<br />

Schutz der deutschen Streitkräfte mit Regierungssitz in<br />

Salò gegründet. Sie orientierte sich am republikanischen<br />

Bewegungsfaschismus der Jahre 1919-1922 und<br />

versuchte vergeblich, durch die Wiederbelebung von<br />

dessen nationalsyndikalistischer und sozialrevolutionärer<br />

Programmatik die Arbeiterschaft zu gewinnen.<br />

Als die deutschen Streitkräfte Ende April in Norditalien<br />

kapitulierten, brach sie zusammen. Vgl. Lutz Klinkhammer,<br />

Zwischen Bündnis und Besatzung. Das nationalsozialistische<br />

Deutschland und die Republik von<br />

Salò 1943-1945, Tübingen 1993.<br />

3 Vgl. Giuseppe Parlato, Fascisti senza Mussolini. Le<br />

origini del neofascismo in Italia, 1943-1948, il Mulino,<br />

Bologna 2006.<br />

4 Vgl. Piero Ignazi, Il polo escluso. Profilo storico del<br />

Movimento Sociale Italiano, 2. Aufl., Bologna 1998.<br />

Marco Tarchi, Dal MSI ad AN, Bologna 1997.<br />

5 Partito Nazionale Fascista (PNF) 1921-1943, Partito<br />

fascista repubblicano (PFR) 1943/1945.<br />

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