Aufsätze - PRuF
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MIP 2011 17. Jhrg. Sören Lehmann – Politische Betätigung im Steuerrecht <strong>Aufsätze</strong><br />
Auch der Normzweck, die Staatsautorität vor der<br />
Repräsentation durch ungeeignete Personen zu<br />
schützen, spricht hierfür. Anordnung und Dauer<br />
des Rechtsstellungsverlustes stehen – anders als<br />
die von Gesetzes wegen eintretenden Rechtsfolgen<br />
des § 45 I StGB – im Ermessen des Strafrichters.<br />
Öffentliche Wahlen im Sinne des § 375 AO sind<br />
alle Wahlen in öffentlichen Angelegenheiten,<br />
also Wahlen zu Volksvertretungen ebenso wie<br />
Wahlen zu Organen öffentlich-rechtlich funktionaler<br />
Selbstverwaltungskörperschaften. Die<br />
Wählbarkeit in privatrechtlichen und kirchlichen<br />
Verhältnissen wird jedoch nicht von § 375 I AO<br />
berührt. Dies hat gleichwohl nicht zur Folge,<br />
dass derjenige, der von seinem öffentlich-rechtlichen<br />
Passivwahlrecht ausgeschlossen ist, seine<br />
politische Einflussnahme – und hiermit letztlich<br />
auch eine zumindest mittelbar öffentlich-rechtliche<br />
Repräsentationsmöglichkeit – durch die<br />
Wahl zu einem Organ einer politischen Partei<br />
behalten kann. Denn nach § 10 I S. 4 PartG kann<br />
Mitglied einer Partei nicht sein, wer infolge eines<br />
Richterspruches kein aktives oder passives<br />
Wahlrecht besitzt. 99 Nicht auszuschließen wäre<br />
eine derartige Konstellation jedoch für kommunale<br />
Wählergemeinschaften, die mangels Parteistatus<br />
bisher nicht unter § 10 I S. 4 PartG fallen.<br />
Obwohl viele kommunale Wählergemeinschaften<br />
für derartige Fälle Regelungen in ihren Satzungen<br />
treffen, 100 erscheint eine gesetzgeberische<br />
Lösung des Problems zwecks einheitlicher<br />
Rechtsanwendung sinnvoll.<br />
F. Zusammenfassung<br />
Politische Betätigung wird durch das Steuerrecht<br />
in vier verschiedenen Bereichen geregelt. Den<br />
2009, § 375 Rn. 11; Kutzner in: Kohlmann (Hrsg.),<br />
Steuerstrafrecht Bd. 1, § 375 Rn. 24 mwN.<br />
99 Siehe hierzu den Beitrag von J. Oelbermann „Automatischer<br />
Verlust der Parteimitgliedschaft für verurteilte<br />
Kriminelle – Sinn und Unsinn einer solchen Regelung“<br />
in diesem Heft.<br />
100 Vgl. z.B. die Satzungen der Freien Wähler Burgenland<br />
(§ 11) oder des Bürgerbundes Bad Doberan (§ 22), unter<br />
http://www.freie-waehler-burgenlandkreis.de/ueber.php<br />
und http://www.buergerbund.com/html/satzung.html online<br />
abrufbar, zuletzt besucht am 11.02.2011.<br />
ersten Komplex stellt die Besteuerung politischer<br />
Organisationen dar. Politische Parteien<br />
und Wählergemeinschaften sind nach § 5 I Nr. 7<br />
KStG sachlich von der Körperschaftsteuer befreit.<br />
Diese Befreiung deckt alle Aktivitäten ab,<br />
soweit kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten<br />
wird. Umsatzsteuerlich unterscheiden<br />
sich politische Organisationen im Außenbereich<br />
nicht von sonstigen Unternehmern, sie können<br />
steuerbare und steuerpflichtige Umsätze tätigen.<br />
Zwischen den Unterorganisationen einer politischen<br />
Partei getätigte steuerbare Umsätze sind<br />
regelmäßig nach § 4 Nr. 18a UStG steuerbefreit.<br />
Die Vorschrift ist aus Gründen politischer<br />
Gleichbehandlung auf kommunale Wählervereinigungen<br />
und ihre Dachverbände entsprechend<br />
anzuwenden. Angesichts der aktuellen EuGH-<br />
Rechtsprechung ist jedoch zweifelhaft, ob überhaupt<br />
noch ein Anwendungsbereich besteht.<br />
Der zweite Bereich steuerlich geregelter politischer<br />
Betätigung umfasst die Besteuerung politischer<br />
Akteure. Diese ist auf Kommunalebene anders<br />
ausgestaltet, als auf Landes-, Bundes- oder<br />
Europaebene. Kommunale Wahlbeamte erzielen<br />
regelmäßig Einkünfte aus selbständiger Arbeit,<br />
Abgeordnete auf höheren Ebenen beziehen sonstige<br />
Einkünfte. Beide Gruppen erhalten steuerfreie<br />
Einnahmen nach § 3 Nr. 12 EStG. Die steuerfreie<br />
Aufwandspauschale nach § 3 Nr. 12 S. 1<br />
EStG wird trotz ihrer Verfassungswidrigkeit<br />
nach wie vor gewährt, ist aber aus diesem Grunde<br />
im engest möglichen Sinne zu verstehen. Für<br />
Aufwendungen sind die Abzugsverbote nach<br />
§§ 3c I, 22 Nr. 4 S. 2 EStG zu beachten. Anders<br />
als auf kommunaler Ebene unterliegen Wahlkampfkosten<br />
von Landes-, Bundes- und Europaabgeordneten<br />
dem Abzugsverbot nach § 22 Nr. 4<br />
S. 3 EStG.<br />
Die steuerliche Regelung von Zuwendungen an<br />
politische Organisationen stellt den dritten Bereich<br />
dar. Das aus Art. 3 I GG abgeleitete Recht<br />
der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen<br />
Willensbildung und das Recht der politischen<br />
Akteure auf Chancengleichheit im politischen<br />
Wettbewerb (Artt. 3 I, 21 GG für politische<br />
Parteien bzw. Artt. 3 I, 9, 28 I S. 2 GG für<br />
Wählervereinigungen) erzeugen ein Spannungsverhältnis,<br />
dem auch die steuerliche Behandlung<br />
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