Aufsätze - PRuF
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MIP 2011 17. Jhrg. Sören Lehmann – Politische Betätigung im Steuerrecht <strong>Aufsätze</strong><br />
IV. Wegfall der Körperschaftsteuerbefreiung<br />
für Berufsverbände bei Zuwendungen an politische<br />
Parteien, § 5 I Nr. 5 S. 2 lit. b), S. 4<br />
KStG<br />
Nach § 5 I Nr. 5 S. 1 KStG sind Berufsverbände<br />
ohne öffentlich-rechtlichen Charakter sowie<br />
kommunale Spitzenverbände auf Bundes- oder<br />
Landesebene einschließlich ihrer Zusammenschlüsse,<br />
deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen<br />
Zweckbetrieb gerichtet ist, von der<br />
Körperschaftsteuer befreit. Seit 1994 sieht § 5 I<br />
Nr .5 S. 2 KStG einen vollständigen Ausschluss<br />
der Steuerbefreiung vor, wenn Berufsverbände<br />
mehr als 10 Prozent ihrer Einnahmen für die unmittelbare<br />
oder mittelbare Unterstützung oder<br />
Förderung politischer Parteien verwenden. Der<br />
Berufsverband verliert damit seinen Status als<br />
begünstigtes Steuersubjekt. Die Unterstützung<br />
oder Förderung politischer Parteien jedweder<br />
Höhe führt nach § 5 I Nr. 5 S. 4 KStG zu einer<br />
pauschalisierten Körperschaftsteuer in Höhe von<br />
50 Prozent der Zuwendungen. Die Norm sollte<br />
ihrem Zweck nach weit verstanden und auch auf<br />
Zuwendungen an kommunale Wählervereinigungen<br />
angewandt werden.<br />
Zwar stehen die Verfolgung allgemeinpolitischer<br />
Ziele sowie die Einnahme wirtschafts- oder sozialpolitischer<br />
Grundeinstellungen, welche allgemeine<br />
Belange des Berufs- oder Wirtschaftszweiges<br />
berühren, der Steuerbefreiung nicht entgegen,<br />
79 jedoch wirken sich Zuwendungen, die<br />
Berufs- oder andere von der Vorschrift erfasste<br />
Verbände an politische Parteien tätigen, direkt<br />
negativ auf deren steuerlichen Status aus. Auslöser<br />
dieser starken Einschränkung der Steuerfreiheit<br />
war das Urteil des BVerfG vom 09.04.1992. 80<br />
Das Gericht erklärte die bis dahin vom BFH<br />
praktizierte Rechtspraxis, 81 die Steuerbefreiung<br />
des Berufsverbands unberührt zu lassen, soweit<br />
dieser durch einmalige oder laufende Zahlungen,<br />
79 BFH BStBl III 1952, 221, 223; BStBl II 1981, 368;<br />
BStBl II 1982, 465; Jäger/Lang, Körperschaftsteuer<br />
17. Aufl. 2005, 541.<br />
80 BVerfGE 85, 264, 318.<br />
81 Vgl. das grundlegende Rechtsgutachten des BFH BSt-<br />
Bl III 1952, 228; kritisch hierzu List, BB 1984, 460; zu<br />
Widersprüchlichkeiten des Gutachtens Groh, NJW<br />
1985, 993, 995.<br />
die keinen erheblichen Teil seiner Einnahmen<br />
ausmachten, Einfluss auf die politische Willensbildung<br />
nahm, für verfassungswidrig. Begründet<br />
wurde die Entscheidung mit der Gefahr einer<br />
mittelbar politischen, steuerlich geförderten Einflussnahme<br />
auch über die Spendenhöchstbeträge<br />
hinaus. Zwar sind derartige mittelbare Einflussnahmen<br />
auf die politische Willensbildung wegen<br />
der unverändert vollen Abzugsfähigkeit der Beiträge<br />
auf Seiten des Verbandsmitglieds auch<br />
heute noch steuerlich begünstigt, die erhöhte<br />
Körperschaftsteuer, die der leistende Berufsverband<br />
auf der anderen Seite auf die Zuwendung<br />
entrichten muss, führt jedoch zu einer Kompensation<br />
des Steuervorteils. 82<br />
Der vollständige Wegfall der Steuerbefreiung<br />
nach § 5 I Nr. 5 S. 2 lit. b) KStG sowie die hohe<br />
Körperschaftsteuer auf Zuwendungen an politische<br />
Parteien sprechen dafür, dass vorliegend<br />
keine Steuerquelle erschlossen, sondern die Verwendung<br />
von Mitteln der Berufsverbände zugunsten<br />
politischer Parteien wirksam verhindert<br />
werden soll. 83 Diese gesetzgeberische Gestaltung<br />
stellt in Kombination mit dem Verbot der Annahme<br />
von Durchlaufspenden nach § 25 II Nr. 4<br />
PartG auf den ersten Blick ein wirksames Mittel<br />
zur Verminderung der politischen Einflussnahme<br />
der Berufsverbände dar, begegnet jedoch angesichts<br />
der nach wie vor hohen Spendenbereitschaft<br />
der Berufsverbände Bedenken. 84 Das Anliegen<br />
der Norm, Steuervorteile auf Seiten des<br />
Verbandsmitglieds zu kompensieren, mag zwar<br />
erfüllt sein; rechtspolitisch ist jedoch zu erwägen,<br />
ob das Recht juristischer Personen, Zuwendungen<br />
in unbegrenzter Höhe an Parteien zu tätigen,<br />
nicht noch einmal grundsätzlich diskutiert<br />
werden müsste. 85<br />
82 BT- Drs. 12/5574, 20.<br />
83 Dies nur hinsichtlich des § 5 I Nr. 5 S. 4 KStG feststellend:<br />
Frotscher in: Frotscher/Maas (Hrsg.), KStG Bd.<br />
1, § 5 Rn. 82 c.<br />
84 Schütz, Wie käuflich ist die Republik?, Stern vom<br />
28.12.2010 im Internet abrufbar unter http://www.stern.de/politik/deutschland/spenden-lobbyismus-kungelei-wie-kaeuflich-ist-die-republik-1638052.html,zuletzt<br />
aufgesucht am 10.02.2011, zählt diverse Zuwendungen<br />
des Jahres 2009 auf.<br />
85 Vgl. aber BVerfGE 85, 264.<br />
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