Aufsätze - PRuF
Aufsätze - PRuF
Aufsätze - PRuF
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Aufsätze</strong> Alexandra Bäcker – Das Problem der „Listenorientierung“ des Finanzierungsanspruchs politischer Parteien MIP 2011 17. Jhrg.<br />
über erhalten politische Parteien nach § 18<br />
Abs. 3 Nr. 2 PartG 0,85 € für die ersten 4 Mio.<br />
Wählerstimmen und 0,70 € für jede Stimme darüber<br />
hinaus. Allerdings werden diese Mittel an<br />
die politischen Parteien jährlich ausgezahlt, summieren<br />
sich also im Laufe der Legislaturperiode,<br />
während die Einzelbewerber „nur“ eine Einmalzahlung<br />
erhalten.<br />
Selbst sofern politische Parteien hinsichtlich der<br />
Höhe des Erstattungsbetrages je Stimme demnach<br />
zunächst „bevorteilt“ erscheinen, schwindet<br />
dieser Vorteil angesichts der weiteren Bestimmungen<br />
des Parteiengesetzes schnell dahin:<br />
Denn zum einen unterliegen parteilose Einzelbewerber<br />
nicht der relativen Obergrenze, die sicherstellt,<br />
dass die staatlichen Zuwendungen auf<br />
die Höhe der selbst erwirtschafteten Einnahmen<br />
beschränkt bleiben (§ 18 Abs. 5 S. 1 PartG). Anders<br />
als die politischen Parteien muss sich der<br />
parteilose Einzelbewerber daher nicht immer<br />
mindestens hälftig selbst finanzieren. Zum anderen<br />
führt bei politischen Parteien das regelmäßige<br />
Überschreiten der absoluten Obergrenze zu<br />
einer anteiligen Anspruchskürzung nach § 19a<br />
Abs. 5 PartG. Letztlich – und dies dürfte in der<br />
Praxis der folgenreichste Nachteil sein – sind an<br />
den Parteienfinanzierungsanspruch äußerst umfangreiche<br />
Rechenschaftspflichten geknüpft, die<br />
den parteilosen Einzelbewerber nicht treffen.<br />
Für eine Schlechterstellung der Parteien, die sich<br />
mit Wahlkreisbewerbern an Wahlen beteiligen,<br />
sowohl gegenüber Parteien mit eigenen Listen<br />
als auch gegenüber den parteilosen Einzelbewerbern<br />
sind rechtfertigende Gründe nicht ersichtlich.<br />
Sowohl die Nichtgewährung des Zuwendungsanteils<br />
als auch die alleinige Bezugnahme auf den<br />
Wahlkreis als Zuteilungsmaßstab für die staatlichen<br />
Mittel stoßen daher auf erhebliche verfassungsrechtliche<br />
Bedenken.<br />
bb) Die Exklusivitätsregelung<br />
Weitere verfassungsrechtliche Bedenken ergeben<br />
sich daraus, dass nach § 18 Abs. 4 PartG politische<br />
Parteien entweder nach dessen S. 1 oder<br />
nach dessen S. 2 staatliche Mittel erhalten, und<br />
zwar exklusiv. Sofern politische Parteien mit<br />
12<br />
Listen zur Wahl antreten, sind sie auf einen Finanzierungsanspruch<br />
nach § 18 Abs. 4 S. 1 festgelegt.<br />
Wenn für eine Partei eine Liste nicht zugelassen<br />
war (§ 18 Abs. 3 Nr. 2 PartG), haben<br />
sie Anspruch auf staatliche Mittel ausschließlich<br />
nach § 18 Abs. 4 S. 2 PartG. Der Wortlaut ist<br />
hinsichtlich der Exklusivität der Ansprüche eindeutig.<br />
Dieser Exklusivität haften auch durchaus gleichheitswidrige<br />
Folgen an: Bleibt eine Partei mit eigener<br />
Liste unter der 1%-Marke, kann ihr auch<br />
der singuläre Wahlerfolg in einem Wahlkreis mit<br />
über 10% der Stimmen nicht zu einem Anspruch<br />
auf staatliche Mittel verhelfen. Zum anderen entsteht<br />
aber auch für die Parteien, für die eine Liste<br />
nicht zugelassen war, bei Nichterreichen des<br />
Stimmenanteils von 10% in mindestens einem<br />
Wahlkreis kein Finanzierungsanspruch selbst in<br />
dem Fall, dass sie durchschnittlich 9,9% der<br />
Stimmen erhalten.<br />
Die politischen Parteien – vor allem die kleinen<br />
– sind demnach zu einer Wahlerfolgsprognose<br />
genötigt, wollen sie an der staatlichen Parteienfinanzierung<br />
teilhaben. Eine Fehleinschätzung<br />
der regionalen Verteilung des eigenen<br />
Rückhaltes in der Bevölkerung geht ausschließlich<br />
zu Lasten der kleinen politischen Parteien.<br />
Darin liegt eine Beeinträchtigung der grundsätzlichen<br />
Offenheit des politischen Wettbewerbs für<br />
Konkurrenz und politische Alternativen. Die Exklusivitätsregelung<br />
verfestigt die Wettbewerbssituation<br />
zugunsten der etablierten Parteien, die<br />
sich mit der Notwendigkeit einer solchen Wahlerfolgsprognose<br />
erst gar nicht konfrontiert sehen,<br />
geschweige denn jemals die Folgen einer Fehleinschätzung<br />
zu tragen hätten.<br />
Der in der Verfassung angelegte politische Wettbewerb,<br />
der auf politische Parteien und effektiven<br />
Wettbewerb zwischen ihnen setzt, braucht<br />
die Mitwirkung neuer Konkurrenten, aber auch<br />
der bestehenden kleinen Parteien. „Der Wettbewerb<br />
zwischen den Parteien kann auf Dauer nur<br />
wirken, wenn er nicht auf die Konkurrenz zwischen<br />
den bereits existierenden und erfolgreichen<br />
beschränkt bleibt, sondern durch das Hinzutreten<br />
neuer Wettbewerber und die anhaltende<br />
Herausforderung durch die kleinen Parteien er-