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Aufsätze - PRuF

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<strong>Aufsätze</strong> Sören Lehmann – Politische Betätigung im Steuerrecht MIP 2011 17. Jhrg.<br />

sätzlich auch das andere Grundrecht in nicht gerechtfertigter<br />

Weise beeinträchtigt.<br />

Der Staat darf die politische Meinung der Bezieher<br />

von Großeinkommen nicht in verstärktem<br />

Maße gegenüber der Meinung von Beziehern<br />

kleinerer Einkommen steuerlich prämieren. 52<br />

Wenn die Berücksichtigung der Zuwendungen<br />

auf Ebene der Bemessungsgrundlagenermittlung<br />

stattfindet, liegt eine volle Progressionswirksamkeit<br />

der Aufwendungen vor. Insbesondere die<br />

Anknüpfung an einen bestimmten Prozentsatz<br />

der Einkünfte, des Umsatzes oder an eine zu<br />

hohe Obergrenze zur Bemessung der maximal<br />

absetzbaren Zuwendungshöhe stellt einen nicht<br />

gerechtfertigten Eingriff dar. 53 Durch das Zusammentreffen<br />

sehr hoher oder flexibler Obergrenzen<br />

für den Spendenabzug mit einem progressionswirksamen<br />

Zuwendungsabzug werden nämlich<br />

die Bezieher hoher Einkommen in doppelter<br />

Art und Weise bevorzugt. Zum einen sind nur<br />

sie in der Lage, hohe Obergrenzen wirklich auszuschöpfen,<br />

zum anderen erhalten sie durch die<br />

einkommensteuerliche Progression einen verhältnismäßig<br />

höheren Steuervorteil. Dies bewirkt<br />

eine Anreizdiskrepanz zuungunsten der Bezieher<br />

kleinerer Einkommen. 54 Von einer solch strukturellen<br />

Bevorzug von Großverdienern profitieren<br />

tendenziell politische Organisationen, die<br />

Schwerpunkte in der Wirtschafts- und Kapitalmarktpolitik<br />

setzen. 55 Die steuerliche Begünstigung<br />

politischer Zuwendungen muss also so ausgestaltet<br />

sein, dass einer Mehrzahl der Steuerpflichtigen<br />

die Möglichkeit eröffnet bleibt, in<br />

vergleichbarer Weise an der Steuervergünstigung<br />

teilzuhaben. 56 Die Gewährung steuerlicher<br />

des sog. Chancenausgleichs nach § 22a PartG (vgl.<br />

hierzu BT-Drs. 10/697, 4). Hätte diese Regelung die<br />

ihr zugedachte Funktion erfüllt – da sie dies nicht tat,<br />

wurde sie durch BVerfGE 85, 264 für verfassungswidrig<br />

erklärt –, wäre zwar die Chancengleichheit politischer<br />

Parteien gewahrt, ein Eingriff in das Recht zur<br />

gleichen Teilnahme an der politischen Willensbildung<br />

der Steuerpflichtigen jedoch immer noch denkbar gewesen.<br />

52 BVerGE 8, 51, 69; 24, 300, 358 f.<br />

53 BVerfGE 52, 63, 91.<br />

54 BVerfGE 8, 51, 69; 73, 40, 72 f.; 85, 264, 316.<br />

55 BVerfGE 8, 51, 67.<br />

56 BVerfGE 52, 63, 91.<br />

118<br />

Vorteile für Zuwendungen natürlicher Personen<br />

an politische Parteien und Wählervereinigungen<br />

ist demzufolge verfassungsrechtlich nur insoweit<br />

unbedenklich, als sich die Förderung auf Zuwendungen<br />

in einer auch für den durchschnittlichen<br />

Einkommensempfänger erreichbaren Größenordnung<br />

beschränkt. 57 Der Staat darf durch die steuerliche<br />

Begünstigung von Spenden keine – wenn<br />

auch durch Art. 21 I S. 4 GG offenzulegende –<br />

Gefahr der bestimmenden politischen Einflussnahme<br />

Einzelner fördern. 58 Politische Spenden<br />

von Körperschaften dürfen steuerlich nicht begünstigt<br />

werden, da ansonsten diejenigen Personen,<br />

welche hinter Körperschaften stehen, eine<br />

zusätzliche Möglichkeit staatlich geförderter<br />

Einflussnahme auf die politische Willensbildung<br />

erhalten, welche den übrigen Bürgern vorenthalten<br />

bleibt. Die körperschaftsteuerliche Begünstigung<br />

von Parteispenden verstößt deshalb gegen<br />

das Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe an der<br />

politischen Willensbildung. 59<br />

Der Gesetzgeber muss die Unterschiede zwischen<br />

kommunalen Wählervereinigungen und<br />

politischen Parteien nicht außer Betracht lassen.<br />

Politische Parteien zeichnen sich durch eine vorwiegend<br />

am Staatsganzen orientierte Politik mit<br />

einer dementsprechend starken Differenzierung<br />

von Aufgaben und Organisation aus. Diesen kostenträchtigen<br />

Faktoren steht auf Seiten der kommunalen<br />

Wählervereinigungen eine vorwiegend<br />

auf die Kommune zugeschnittene Organisation<br />

57 BVerfGE 85, 264, 316.<br />

58 BVerfGE 73, 40, 83 f.<br />

59 Vgl. das Sondervotum BVerfGE 73, 40, 103 f. und<br />

später dann 85, 264, 315. Das Gericht stellte nicht fest,<br />

ob die steuerliche Begünstigung politischer Spenden<br />

von Körperschaften darüber hinaus eine Verletzung<br />

des Rechts auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb<br />

nach sich zieht. Da in Deutschland die GmbH<br />

mit Abstand die häufigste körperschaftsteuerpflichtige<br />

Rechtsform ist (in 2004 etwa 93 % aller Körperschaftsteuerpflichtigen,<br />

vgl. Bundesamt für Statistik, im Internet<br />

abrufbar unter http://offenedaten.de/package/destatis-statistik-73211,<br />

zuletzt besucht am 15.02.2011)<br />

und deren Gründung mit hohen Kosten verbunden ist<br />

(vgl. § 5 I GmbHG), erscheint es – trotz der Möglichkeit,<br />

eine GmbH mit beliebig vielen Gesellschaftern zu<br />

gründen – naheliegend, dass hinter den meisten Körperschaften<br />

eher gutverdienende Personengruppen stehen,<br />

welche diejenigen politischen Organisationen fördern,<br />

die ihren Interessen am ehesten gerecht werden.

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