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Aufsätze - PRuF

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<strong>Aufsätze</strong> Sören Lehmann – Politische Betätigung im Steuerrecht MIP 2011 17. Jhrg.<br />

weise eine Steuerbefreiung bei der gegen einheitliche<br />

Kostenerstattung durchgeführten zweiwöchigen<br />

Gestellung von Personal durch die<br />

Parteizentrale an einen Landesverband – eine<br />

Woche zwecks Mithilfe bei der Vorbereitung<br />

und Durchführung eines Parteitages, eine zweite<br />

Woche zur Begleitung älterer Parteimitglieder<br />

auf einer Freizeitreise – nur hinsichtlich der ersten<br />

Woche möglich. Trotz der einheitlichen Kostenerstattung<br />

liegen hier zwei voneinander getrennt<br />

zu beurteilende Leistungen vor. Anders<br />

wäre der Fall, wenn sich Leistungen dem Wesen<br />

des Umsatzes nach nicht so eindeutig voneinander<br />

trennen ließen. Entfällt eine einheitliche<br />

Leistung teilweise auf satzungsfremde Zwecke,<br />

ist der Umsatz nicht steuerbefreit, wenn die satzungsfremden<br />

Zwecke der Leistung ihr wirtschaftliches<br />

Gepräge geben. Die Einbeziehung<br />

des Begriffs „Kostenerstattung“ erscheint ebenfalls<br />

aus Gründen der möglichst einheitlichen<br />

Behandlung einer Leistung nicht sinnvoll. Wenn<br />

das Entgelt die reine Erstattung von Kosten<br />

überschreitet, mithin ein Gewinn aus der Leistungserbringung<br />

erzielt wird, ist also der gesamte<br />

Umsatz steuerpflichtig. Der Wortlaut „soweit“<br />

ist dementsprechend sowohl im Hinblick auf die<br />

Satzungsmäßigkeit der Aufgabe, als auch in Bezug<br />

auf die Kostenerstattung für einen jeweils<br />

einheitlichen Umsatz grundsätzlich als „wenn“<br />

zu verstehen, so dass eine Leistung nur ganz<br />

oder gar nicht umsatzsteuerbefreit ist. 12<br />

Auf die Steuerbefreiung kann mangels Nennung<br />

in § 9 I UStG nicht verzichtet werden. Da diese<br />

Option ausgeschlossen ist, kann der Leistende<br />

nach § 15 II UStG keinen Vorsteuerabzug für<br />

Eingangsleistungen geltend machen.<br />

3. Gemeinschaftsrechtliche Aspekte<br />

Ein grundlegendes Problem ist die fehlende<br />

Richtliniengrundlage für eine derartige Steuerbefreiung<br />

im deutschen Recht. 13 Da Umsatzsteuer-<br />

12 Kulmsee in: Reiß/Krausel/Langer (Hrsg.), UStG Bd. 1,<br />

§ 4 Nr. 18a Rn. 24 kommt unter Rückgriff auf die Gesetzesbegründung<br />

BT-Drs. 12/1506, 178 zu demselben<br />

Ergebnis. Diese trifft hierzu jedoch keinerlei Aussage.<br />

13 Vgl. Kulmsee in: Reiß/Krausel/Langer (Hrsg.), UStG<br />

Bd. 1, § 4 Nr. 18a Rn. 5 ff., der sich ausführlich mit<br />

den in Betracht kommenden Grundlagen auseinander-<br />

112<br />

befreiungen durch die Mitgliedsstaaten grundsätzlich<br />

nicht über den in der MwStSystRL 14 geregelten<br />

Umfang hinaus eingeführt werden dürfen,<br />

15 ist die Steuerbefreiung m.E. gemeinschaftsrechtswidrig.<br />

16<br />

Fragen hinsichtlich eines überhaupt noch bestehenden<br />

Anwendungsbereiches der Befreiungsvorschrift<br />

wirft schließlich das EuGH-Urteil<br />

vom 06.10.2009 auf. 17 Im zugrundeliegenden<br />

Fall hatte die Landesorganisation Kärnten der<br />

Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ)<br />

geltend gemacht Unternehmerin zu sein, um<br />

Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für die<br />

von ihr an untergeordnete Bezirks- und Ortsorganisationen<br />

erbrachten Leistungen im Bereich<br />

der Öffentlichkeitsarbeit, der Werbung und der<br />

Informationstätigkeit abziehen zu können. Das<br />

Gericht verneinte die Unternehmereigenschaft<br />

der Landesorganisation für die in Frage stehenden<br />

Leistungen mit der Begründung, diese Tätigkeiten<br />

nehme sie hauptsächlich zur Verwirklichung<br />

ihrer politischen Ziele wahr, nicht aber,<br />

um an einem Markt teilzunehmen. Wegen der<br />

unregelmäßigen, die entstehenden Kosten nicht<br />

annähernd deckenden Zahlung von Kostenerstattungen<br />

durch die Leistungsempfänger, welche<br />

im Übrigen nicht auf einer rechtlichen Verpflichtung<br />

beruhten, sei kein einen Leistungsaustausch<br />

begründendes Rechtsverhältnis gegeben. Vielmehr<br />

stammten die nachhaltigen, die Tätigkeit<br />

der SPÖ erst ermöglichenden Einnahmen haupt-<br />

setzt, letztlich jedoch keine Rechtsgrundlage in der<br />

MwStSystRL findet.<br />

14 Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame<br />

Mehrwertsteuersystem v. 28.11.2006, Abl. EU<br />

2006, Nr. L 347, 1, ber. ABl EU 2007, Nr. L 335, 60.<br />

15 EuGH EuGHE 1989, 1737; EuGHE 2002, I-5811;<br />

EuGHE 2003, I-4101; EuGH UR 2004, 82, Rn. 36;<br />

UR 2005, 24, Rn. 17. Kritisch zu der Direktive des<br />

EuGH Stadie, Umsatzsteuerrecht, 2005, S. 305 f.<br />

16 Ebenso Kulmsee in: Reiß/Krausel/Langer (Hrsg.),<br />

UStG Bd. 1, § 4 Nr. 18a Rn. 11; Oelmaier in: Sölch/<br />

Ringelb (Hrsg.), UStG, § 4 Nr. 18a Rn. 3. Hünnekens<br />

in: Peter/Burhoff/Stöcker (Hrsg.), UStG Bd. 2, § 4<br />

Nr. 18a Rn. 4 will eine Grundlage in Art. 132 I lit. l)<br />

MwStSystRL sehen, was jedoch wegen der fehlenden<br />

Mitgliedereigenschaft selbständiger Parteigliederungen<br />

m.E. abzulehnen ist.<br />

17 Vgl. EuGH v. 06.10.2009, C-267/08, SPÖ Landesorganisation<br />

Kärnten.

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